SCHULD
Lexikon:
Schuld [ahd. Schuld (a), zu sculan ´schuldig sein`, ´sollen`, ´müssen`], 1) Philosophie und Religion: etwas, das man tun soll, eine Schuldigkeit, im Alltagsverständnis Verpflichtung zu einer (Geld-) Leistung (Zahlungsschuld; lat. debitum); Schuld haben: ´Urheber von etwas Verderblichem sein`, Verantwortung für die Verletzung eines rechtlichen, sittlichen oder religiösen Gesetzes oder Gebotes (Schuldigwerden; lat. culpa); auch die unrechte Tat.
- Beim Schuldbegriff im Sinne des Schuldigwerdens handelt es sich um eine Kategorie der Selbst- oder Fremdbewertung menschlichen Handelns, wobei das Verschulden - im Sinne einer fahrlässigen oder vorsätzlichen Unterlassung, Tat oder eines Vorsatzes dazu und deren Folgen- immer ein benachteiligendes oder schädigendes Verhalten gegen Menschen bezeichnet. Beurteilungsinstanzen der Schuld sind das eigene Gewissen, vor dem das Individuum sich als schuldig erfährt (Schulderfahrung, Schuldbewusstsein, Schuldgefühl),
Gott, die anderen Menschen, Beurteilungskriterien auch die in einer Gruppe oder Gesellschaft geltenden moralischen Normen, im juristischen Sinne das geltende Recht. Mit der Anerkenntnis einer Schuld ist der Gedanke einer möglichen Tilgung der Schuld durch Wiedergutmachung, Sühnung (Strafe), Reue, auch ein Verzeihen vonseiten des Betroffenen verbunden.
Hannahs Schuld:
Hannah muss große Schuld tragen. Sie war in der Beziehung zwischen Michael und ihr immer die dominante Persönlichkeit. Nicht nur, dass sie Michael oft demütigte ("Fängst du schon wieder an?" Seite 50), sie belog ihn auch ( "Wie kannst du einfach so fortgehen?"
-"Aber ich sah keinen Zettel" Seite 54 ff). Sie bezog ihn auch nie richtig in ihr Leben (""" Ich habe schon gesagt, was du machst ist deine Sache, nicht meine." Seite 45 ff).
Auch auf den Nationalsozialismus bezogen war sie schuldig . Sie war freiwilliges Mitglied der SS (" Sind sie freiwillig zur SS gegangen?" - "Ja... änderte am negativen Eindruck nichts" Seite 91 f).
Hier unterließ sie es auch, vielen Menschen bei einem großen Brand zu helfen
( "Die Angeklagten hätte die Tür aufschließen können, aber sie tat es nicht und in der Kirche eingeschlossene Frauen verbrannten!" Seite 103).
Sie zeigt keinerlei Bewusstsein für Schuldmöglichkeiten ( " Hannah verstand nicht, was der Vorsitzende damit fragen wollte, .... weil sie sich die Frage noch nicht gestellt hatte und zweifelte, ob es die richtige Frage und was wohl die Antwort war." Seite 107 f).
Michaels Schuld
Aber auch Michael trägt Schuld.
Er stand schon zu Anfang ihrer Beziehung nicht zu Hannah (" und dann habe ich begonnen sie zu verraten... " Seite 72 ff).
Während Hannah inhaftiert war, vernachlässigte er sie völlig, obwohl ihm klar war, wie viel sie ihm bedeutete (" Aber mir gefiel nicht, was auf mich zukam... Wie sollten wir uns von Angesicht zu Angesicht begegnen, ohne, dass alles hochkam, was zwischen uns geschehen war?" Seite 182 f, " Aber ich spürte, wie wenig meine Bewunderung, dem angemessen waren, was Hannah das Lesen- und Schreibenlernen gekostet haben musste... ich empörte mich gegen das schlechte Gewissen, das ich bei dem Gedanken bekam, sie auf eine Nische reduziert zu haben." Seite 187).
Außerdem gibt er sich immer eine ungeprüfte Schuldzuweisung (" Wie kam ich dazu, ihn zu Scham zu verurteilen? Aber ich tat es!" Seite 88).
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