So gegensätzlich wie die wissenschaftlichen Meinungen zu Ingeborg Bachmanns literarischem Schaffen, sind die Rezensionen direkt nach der Ursendung des Hörspiels "Der gute Gott von Manhattan". Das wird deutlich an den zwei ersten ablehnenden Reaktionen der Zeitungskritiker der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und der "Zeit". Die "Zeit" empfindet die "Liebesgeschichte" und die "weibliche Tragik" in einer Rahmenhandlung aufgefangen, "die nicht stimmt und nicht trägt. Auch die "FAZ" empfindet den Rahmen als "unleidlich, erklärend". Bei "Gelegenheit zu dichterischen Ausbrüchen zu zornigem oder schwermütigem Gesang in der Prosa war die Bachmann großartig. Immer wo sie zu bauen und zu gestalten versuchte, wurde sie unglaubwürdig und bizarr". Außerdem wurde ihr grundsätzlich die Verlegung eines "echt romantischen Themas" in die Kulisse von Manhattan übel genommen.
Doch einige Zeit später änderte sich die Kritik beider Zeitungen völlig. Für Günter Blöcker von der "Zeit" war "Der gute Gott von Manhattan" "mehr als ein Hörspiel - es ist Funkdichtung und damit Dichtung überhaupt." Klaus Wagner schätzt in der "FAZ" das Hörspiel als "Funkdichtung, die an den Schlaf der Welt rührt" ein.
Der Südwestfunk Baden-Baden kritisierte das Hörspiel mit den neutralen Beschreibungen wie "unbequem", "nicht populär", "höchst verschlüsselt und eigentümlich", "ohne intendierte Breitenwirkung" oder "schwer zugänglich" laut. Außerdem sei das Werk "grandios-pessimistisch", die scheiternden Liebenden nähmen "im Grunde den gemeinsamen Kampf gar nicht erst auf." Die konträren Bewertungen resultieren nicht zuletzt aus den vielfältigen Deutungsmöglichkeiten besonders dieses Hörspiels.
Es liegen eine Reihe von Studien zum "Guten Gott" vor. Reich-Ranicki erkennt die Liebesdialoge als den Höhenpunkten der Lyrik ebenbürtig an, bemängelt indessen einzelne Züge der Rahmenhandlung. Er nennt die süßlich-peinliche Eichhörnchen-Symbolik. Das mag zutreffen und weitere Peinlichkeiten anzuführen fiele nicht schwer. Auch die Prosa ist nicht frei davon, wie von der Kritik bemerkt wurde. Noch etwas weiter geht Hädecke, in dem er nicht nur die Trivialität der Eichhörnchen- Metaphorik anprangert, sondern die Verwendung des Motivs als willkürlich und ohne Zusammenhang mit dem inneren Geschehen hinstellt.
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