Sason
Sason ist der Attentäter, der mit seinen Mitgeschworenen einen Putsch gegen den Diktator versuchte. Daher wollte der Diktator durch Folterung erreichen, dass er die Namen seiner Freunde und verbündeten preisgibt. Da er aber mit Folterung keinen Erfolg hatte, überlässt er ihn den neun Schuldlosen, die dasselbige herausfinden oder andernfalls ihn töten sollen, falls sie wieder frei sein wollten. Sason selbst sagt, er habe das Attentat im Namen eines besseren Lebens und im Namen des Gewissens getan. Aber auch die logische Mehrheit der neun Schuldlosen gegen ihn veranlässt ihn nicht seine Freunde zu verraten. Denn so meint er, sei im Namen der Logik noch nie Blut geflossen und darum rechtfertigt sie nichts. Ausserdem hält er ihnen vor, dass sie sich immer nur auf das Zahlenverhältnis stützen, er aber nicht gewillt ist die Millionen Menschen, die unter der Diktatur leiden, zu enttäuschen. Er werde nicht seine Freunde verraten und er wird sich nie dem Diktator beugen oder für ihn arbeiten. Diese feste Überzeugung führt auch zu seinem Tod, dessen er sich voll bewusst ist.
Die anderen Schuldlosen
Sie haben alle keinen Namen, sondern sind nach ihren Berufen benannt. Womit ganz beliebige Menschen gemeint sein könnten. Ganz im Gegensatz zum Attentäter Sason. Ich will aber nur bei einigen ihre Charaktere und Verhaltensweisen in dieser Extremsituation andeuten. Zum Beispiel der Lastwagenfahrer, der in seiner primitiven Art versucht, mit Gewalt aus Sason die Namen herauszuprügeln, aber ohne Erfolg. Beim Arzt muss ich erwähnen, dass er Sason anfangs gepflegt und geschützt hat, dann aber nachdem er ihm erklärt hat, dass er unbedingt nach Hause müsse um seine Forschung weiterzubetreiben und so vielleicht Menschenleben retten könne, erklärte Sason dem Arzt, dass man nicht das Leben des Einen durch den Tod eines anderen rechtfertigen könne. Darauf hin gibt auch der Arzt die Hoffnung auf, dass diese Situation ohne Tod gelöst werden kann. Zu allen Schuldlosen muss man aber auch sagen, dass sie vor dieser Situation und gleich nachdem sie wieder frei waren (indirekt) dem Diktator ihre Dienste erwiesen haben. Ausgenommen der Bauer, der Student und der Konsul.
Der Diktator
Er steht in Vertretung für die Politik und für Lenz erscheint die Angst als die wichtigste (literarische) Erscheinungsform der Politik. Denn an der Ratlosigkeit und Verzweiflung der Individuen durch die Angst soll deutlich werden, in welch starkem Maße das politische Geschehen den Handlungsspielraum bzw. die Freiheit des Einzelnen einengt. Der Konsul und der Student erkennen als einige, dass wenn man gegen den Diktator protestiert, ihm nur einen Gefallen macht. Dadurch fühlen sie sich auf das Beste bestätigt.
Der Student
Er ist einer, der immer auf der Seite des Attentäters ist. Denn er erkennt, dass nicht Sason der Schuldige ist, sondern der Diktator. Mit dem Unterschied, dass Sason dies schon vorher bemerkte und sich gegen dieses diktatorische System wehrte. Der Student erkennt auch, so wie der Konsul, dass Schuld gleich Schuld ist. Diese lässt sich weder ausrechnen noch wegargumentieren. Die Abwägung des Verhältnis 9:1 überzeuge nicht, denn es gibt keine Maßeinheit für Schicksale und Schuld lässt sich nicht im Prozenten ausdrücken. Der Student ist einer der ersten, der erkennt, dass man den Attentäter schützen muss und richtet mit dem Konsul eine Wache ein, denn der Student verspürt, dass sich ein Mord gegen Sason anbahnt, was dann ja auch eintrifft. Nach seiner Freilassung schließt sich der Student, den Verbündeten von Sason an. Nach dem Sturz des Diktators ist der Student Richter geworden und weist die ehemaligen Unschuldigen darauf hin, dass damals alle ein geistiges Verbrechen begangen hatten, aber nur einer von ihnen dieses vollzog. Wer es versäumt zu handeln, ist keinesfalls frei von Schuld. Niemand erhält seine Reinheit durch Teilnahmslosigkeit. Es muss sich jeder einzelne entscheiden, ob er weg schaut und trotzdem schuldig bleibt oder ob er protestiert und sich opfert.
Der Bauer und der Konsul
Der Konsul ist jene Person, die allen anderen geistig überlegen ist, alles richtig erkennt und die anderen Charaktere an die Wand stellt. Er versucht vergeblich, seine Mithäftlinge von ihrer Schuld zu überzeugen. Der Bauer und der Konsul sind zwei Personen, welche ausserhalb der bürgerlichen Gesellschaft stehen und ein eigenes Gewissen haben. Der Bauer bietet sich als Opfer an, weil er sich mitschuldig fühlt und stellt sich als der Mörder Sasons zur Verfügung. Der Konsul aber, welcher Zweifler und Intellektueller ist kann dieses Opfer des Bauers nicht verstehen und begeht Selbstmord. Wer die Schuld auf sich nimmt muss aber nicht unmittelbar der Täter sein. Der Konsul und der Bauer machen die bestehende Schuld zu ihrer eigenen und berufen sich auf ihre letzte Instanz, ihr Gewissen.
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