Das Passionsspiel ist eine Form des geistlichen Spiels im Theater des Mittelalters. Es entstand etwa 700 Jahre nach dem Niedergang des antiken Theaters im 10. Jahrhundert, als die ersten Formen des geistlichen Spiels entstanden. Die Kirche und die christliche Lehre standen im Mittelpunkt des gesellschaftlichen und privaten Lebens. Durch die geistlichen Spiele sollte die Frömmigkeit gefördert und der Glaube und damit die Macht der Kirche gestärkt werden. Das Passionsspiel selber zeichnet den Leidensweg Christi nach. Hier einmal der typische Ablauf eines Passionsspiels:
1. Einzug in Jerusalem: Jesus reitet auf einem Esel nach Jerusalem ein; Menschen breiten Kleider vor ihm aus und begrüßen ihn mit Palmzweigen (Symbole für Passion und ewiges Leben). Seit der frühchristlichen Kunst als Triumphzug Christi gedeutet - Einzug des neuen Königs.
2. Abendmahl: erste Darstellung um 500. Jesus bricht das Brot und verteilt es an seine Jünger; Kennzeichnung des Verräters Judas durch einen Beutel Silberlinge an dessen Gürtel, bzw. dadurch, dass er zur gleichen Zeit in die Schüssel greift wie Jesus.
3. Fußwaschung: Während des Abendmahls wäscht Jesus seinen Jüngern die Füße (meist Petrus dargestellt).
4. Ölbergszene: besonders im byzantinischen Kunstkreis gebräuchlich, in der deutschen Kunst seit 13. Jahrhundert häufige Darstellung des Gebets Jesu und die schlafenden Jünger.
5. Judaskuss: Judas kennzeichnet Jesus für die römischen Schergen. In dem Zusammenhang auch Darstellung von Petrus, wie dieser Malachus das Ohr abhaut.
6. Christus wird vor den Hohepriester Hannas geführt: Seltene Darstellung
7. Christus vor Keiphas: Jesus wird durch den Vorsitzenden des hohen Rates verhört; ebenfalls seltene Darstellung.
8. Verspottung Christi: Christus mit verbundenen Augen wird von Soldaten gedemütigt; altes Motiv.
9. Christus vor Pontius Pilatus (Statthalter von Jerusalem): rechtskräftige Verurteilung Jesu.
9. Christus vor Herodes.
10. Dornenkrönung: Verspottung als \"König der Juden\" (Pilatus), gekleidet mit Purpurmantel und Rohrzepter wird Jesu von Soldaten eine Dornenkrone aufs Haupt gepresst. Üblich seit dem 14. Jahrhundert. Christus als stiller Dulder.
11. Ecce home: Zurschaustellung Christi vor der Menge, die seinen Tod fordern; Pilatus versucht damit an das Mitleid des Volkes zu appellieren. Häufig auch als Einzeldarstellung.
12. Handwaschung des Pilatus: Zeichen der Unschuld.
13. Kreuztragung: Sturz Jesu, auch Verbindung mit Veronika, die Jesus das Schweißtuch reich.
14. Kreuznaglung: Jesus wird ans Kreuz geschlagen.
15. Kreuzigung: Seit 5. Jahrhunderten dargestellt; auch in Funktion eines Andachtsbilds.
16. Kreuzabnahme (nicht in Evangelien).
17. Beweinung Christi (nicht in Evangelien).
18. Grablegung
19. Auferstehung
20. Christus erscheint Maria (nicht in der Bibel): früheste Darstellung im 14. Jahrhundert.
21. Noli me tangere: Christus erscheint vor Maria Magdalena; \"noli me tangere\" (berühre mich nicht, denn ich bin noch nicht aufgefahren)
22. Gastmahl in Emmaus: Christus gibt sich seinen Jüngern zu erkennen.
23. Der ungläubige Thomas: Christus lässt Thomas seine Wunde berühren, da dieser seinen Augen nicht glauben will.
24. Christus in der Vorhölle: Christus steigt nach seiner Auferstehung in die Vorhölle, um dort die Patriarchen des alten Testaments zu erlösen.
25. Himmelfahrt: seit 4. Jahrhundert dargestellt.
26. Pfingstwunder (Apostelgeschichte): Ausgießung des heiligen Geistes über die Apostel und seit dem 6. Jahrhundert auch Maria.
27. Das jüngste Gericht (Offenbarung des Johannes)
Gespielt wurde auf mehreren Bühnen gleichzeitig oder nacheinander. Die Schauspieler waren zunächst Kleriker bis sie dann von Laiendarstellern abgelöst wurden. Oft war aber die ganze Gemeinde mit in das Spiel einbezogen. Der Vortrag der Texte änderte sich ebenfalls mit der Zeit. Es floss immer mehr die "weltliche" Sprache mit ein wie z.B. die Vagantendichtung oder Trinklieder etc. Heute gibt es das Passionsspiel alle 10 Jahre im Oberammergau. Seit 1643 zieht es immer wieder große Publikumsmengen an.
Das Mysterienspiel existiert seit dem 14. Jahrhundert wobei es sich hier auch wieder um szenische Aufführungen geistlicher Art handelt. Bis heute ist die sprachliche Form erhalten geblieben. Hymenartiger Rhythmus aus Jamben, symbolische Darstellungen Sprache und Dramaturgie. Begleitet werden die Spiele von einem Konzert, das die einzelnen Szenen einstimmt, ausklingen lässt oder zu interpretieren sucht.
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