1. Hermann Hesse:
1.1. Biografie:
Hermann Hesse wurde am 2. Juli 1877 als zweites Kind des Johannes Hesse und seiner Frau Marie, geb. Gundert, in Calw/Schwarzwald geboren. Die väterliche Familie war baltendeutscher, die mütterliche schwäbisch-schweizerischer Herkunft. Kurz vor seinem 13. Geburtstag fasste er den Entschluss, "entweder ein Dichter oder gar nichts"[1] zu werden. Hesse besuchte zunächst die Calwer Lateinschule und war ab 1891 Seminarist im evangelisch-theologischen Seminar im Kloster Maulbronn, aus dem er nach wenigen Monaten floh. Nach einer Mechanikerlehre bei der Calwer Turmuhrenfabrik Perrot erlernte er den Beruf des Buchhändlers in Tübingen und Basel und veröffentlichte erste eigene Schriften (Gedichte und Prosa). Von Basel aus unternahm er zwei Reisen nach Italien. 1904, nach seinem ersten großen Erfolg (Peter Camenzind), heiratete er Maria Bernoulli und zog an den Bodensee nach Gaienhofen. In der ländlichen Abgeschiedenheit wurden auch seine drei Söhne geboren. 1911 unternahm er eine Reise nach Ostasien. Ab 1912 wohnte Hesse in Bern. 1919 erschien sein berühmter Roman Demian. Ohne die Familie übersiedelte er im selben Jahr nach Montagnola (Tessin). Die erste Ehe wurde geschieden, und Hesse heiratete 1923 Ruth Wenger. Sein wohl berühmtestes Werk Der Steppenwolf erschien 1927 zum 50. Geburtstag. Eine dritte Ehe schloss Hesse 1931 mit Ninon Dolbin geb. Ausländer. Noch während des Zweiten Weltkrieges - Hesse war seit 1924 Schweizer Staatsbürger - erschien sein programmatisches Werk: Das Glasperlenspiel (1943). 1946 wurde Hermann Hesse mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Er starb am 9. August 1962 in Montagnola.[2]
1.2. Die wichtigsten und erfolgreichsten Werke
Romane: 1904 - Peter Camenzind
1905 - Der Lateinschüler
1906 - Unterm Rad
1910 - Gertrud
1914 - Roßhalde
1919 - Demian
1922 - Siddhartha
1927 - Der Steppenwolf
1943 - Das Glasperlenspiel
Erzählungen: 1915 - Knulp
1920 - Klingsors letzter Sommer
1930 - Narziß und Goldmund
Gedichte: 1947 - Die Gedichte
1960 - Letzte Gedichte
1.3. Preise:
Wiener Bauernfeld-Preis (1904), Gottfried-Keller-Preis (1936), Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main (1946), Nobelpreis für Literatur (1946), Willhelm Raabe-Preis (1950), Orden pour la morite (1954), Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (1955)
1.4. Epoche:
Hesse wirkte hauptsächlich in der Zeit der Weimarer Republik bis zum Ende des 3. Reiches
(1919-1945).
Historische und politische Hintergründe dieser Zeit waren unter anderem:
· In knapp einer Generation werden schwerwiegende Erschütterungen der politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, sowie der Weltanschauung erlebt: zwei Weltkriege und der Zusammenbruch mehrerer Systeme, des Kaiserreichs 1918, der "ungeliebten" Weimarer Republik 1933 und der totalitären nationalsozialistischen Diktatur 1945.
· Inflation und Weltwirtschaftskrise bereiten im Kleinbürgertum, das die Proletarisierung fürchtet, den Boden für den Führerstaat.
· Der Kampf zwischen linken (Rotfrontkämpferbund) und rechten (SA) Extremen führt zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen und einer Verachtung des \"versagenden\" Parteienstaates.
· Propaganda für eine Revision des "Schandvertrags" von Versailles findet Resonanz.
· Nach 1933 äußere oder innere Emigration, angesichts antihumaner Politik und rassischer Verfolgung.
· Bücherverbrennung am 10.05.1933: Werke von Bertold Brecht, Heinrich und Thomas Mann, Arthur Schnitzler, Erich Maria Remarque, Arnold und Stefan Zweig, Carl Zuckmayer und anderen systemkritischen Schriftstellern werden vernichtet.
· persönliches Leid, Verfolgungen in der "inneren" Not und Fremdheit in der äußeren Emigration
· Die Schuld am Zweiten Weltkrieg, die Mitverantwortung des Mitwissenden für das Unrecht, das Versagen einer idealistischen Kultur angesichts von Brutalität und Perfektion des Verbrechens werden zentrale Themen der Literatur; ihre Aufarbeitung ist ein Versuch, nach Krieg und Zusammenbruch geistig zu überleben.
Geistesgeschichtliche Hintergründe:
Fragen nach dem Sinn des Seins: Existenzphilosophie von Martin Heidegger (1889-1976), Karl Jaspers (1883-1969)
Der Mensch ist sich selbst und dem Sein entfremdet, ins Nichts gestoßen, bindungslos.
Daher sucht er nach neuer Orientierung in gesellschaftlichen Ideologien und Utopien und religiöser Besinnung.
Einfluss der "Angstphilosophie" Soren Kierkegaards (1813-1855)
Wichtige Vertreter dieser Zeit sind: Heinrich Mann (1871-1950), Thomas Mann (1875-1955), Hermann Hesse (1877-1962), Carl Zuckmayer (1896-1977)und Bertolt Brecht (1898-1956).[3]
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