Leutnant Burda, "in Anbetracht seiner Charge nicht mehr allzu jung, er mochte sich bereits den Dreißigern nähern" (5,3 ff.) wird als "tüchtiger, verwendbarer Offizier" (5,11) beschrieben, der sich "durch allerlei Lektüre eine Art höherer Bildung erworben" (5,12 f.) hatte, "die er sehr vorteilhaft mit feinen, weltmännischen Manieren zu verbinden" (5,13 f.) wisse.
Er ist kein Duckmäuser, aber kameradschaftlich, hilfsbereit, zurückhaltend und als Vorgesetzter streng, aber gerecht. Zudem ist er duellerfahren. Herausstechend ist vor Allem sein beinahe pathologisches Ehrgefühl. Burdas größten Schwächen sind wohl seine Eitelkeit und seine kalkuliert wirkende Eleganz. In der Tat kann seine Erscheinung "eine höchst einnehmende" (6,15) genannt werden. Burda ist "von hoher und schlanker Gestalt, [hat] ein wohlgebildetes Antlitz [...] und auffallend schöne graue Augen, die von langen Wimpern eigentümlich beschattet [werden]" (6,16 ff.). Seine Offizierskameraden jedenfalls zollen ihm eine Art "sehnsüchtiger Bewunderung" (10,23 f.)
Es gibt jedoch bei Burda einen Punkt, an dem sein "Hang zum Höheren" speziell wird. "Wie nämlich für einen mehr berüchtigten als berühmten Feldherrn der Mensch erst beim Baron anfing, so [beginnt] für Burda das weibliche Geschlecht erst bei der Baronesse" (8,16 ff.). Nur: Burda ist kein Feldherr, sondern ein Leutnant kleinbürgerlicher, "sehr bescheidener Herkunft" (9,6 f.) mit "dürftiger Erziehung" (9,8). Dennoch setzt er eine klare soziologische Schwelle, eine Grenzlinie, vor der er in Wirklichkeit lebt, hinter die er in einem Zurechtdenken der Wirklichkeit aber gelangen möchte.
Dieser Illusionismus, dem gerade aus kleinbürgerlichem Milieu entstammende Unteroffiziere wie Burda erlagen, resultierte aus der Diskrepanz zwischen ihrem Selbstbild - Mitglieder der bewunderten und vornehmen Armee zu sein - und ihrer ökonomisch marginalen Existenz als schlechtbezahlte Heeresangehörige. Mitglieder dieses "Standes zwischen den Ständen" , die am Hofball teilnehmen, beinahe unentgeltlich die Hofbühnen besuchen konnten und nach langer Dienstzeit Anspruch auf Nobilitierung hatten, mussten sich dem Adel einfach nahe fühlen und imitierten Leitbilder, die ökonomisch wie ihrem gesellschaftlichen Rang nach jenseits der Erreichbarkeit lagen.
So kommt es zu Beginn der Erzählung zu einem markanten Zwischenfall. Burda unterschreibt ein Schriftstück mit "Gf. Burda", erklärt aber, dass diese Abkürzung keineswegs das Wort "Graf" bedeuten solle, sondern die Abkürzung seines zweiten Namens Gottfried wäre. (11,20 ff.) Sein Wunsch nach gesellschaftlicher Geltung wird aber spätestens im dritten Abschnitt deutlich, als er die Vermutung äußert, aus einem alten adeligen Geschlecht zu stammen (32,11 ff.). Jegliche Bemühungen, dies zu belegen, sind aber zum Scheitern verurteilt; der mit den Nachforschungen betraute Historiker kann keinerlei Unterlagen, die einen definitiven Schluss zulassen, auffinden. (76,1 ff.)
Trotzdem verliebt sich Burda in die Prinzessin L., von der er annimmt, dass sie ihn auch liebt. Das Gedicht, welches er ihr sendet, versiegelt er mit feinem, blassgelbem Lack, den er in ihrem gelben Kleid im Burgtheater wenige Tage später wiedererkennen zu vermeint. (27,18 ff.) Auch ein Inserat aus der Zeitung, das er auf sich bezieht, versteht er als Antwort der Prinzessin. (47,5 ff.) In beiden Fällen wählt Burda aus einer Fülle an Deutungsmöglichkeiten eine bestimmte aus, nämlich die, die das bestätigt, was er sich wünscht.
Der vierte Abschnitt bringt nun den Wendepunkt, die Reaktion der Welt, an die Burda sich wendet. Sie kommt in Form eines Majors, der auf dem Hofball den Freund Burdas, den Ich-Erzähler anspricht und ihn ersucht, Burda auf das "Unstatthafte seines Benehmens" (42,3) aufmerksam zu machen. Er blicke nämlich "im Theater ständig nach der fürstlichen Loge" (41,5 f.), schreite "vor dem Palast auf und nieder" (41,9) und sei "beim Ein- und Aussteigen stets in der Nähe [der Prinzessin, Anm.]" (41,13 f.). "Bereits zum zweiten Mal [sind] mit der Post anonyme Verse eingetroffen" (41,22 ff.). Burda will die "feinen Unterschiede" nicht wahrhaben, die die Vertreter des ererbten Adels schon voneinander schied, gar nicht zu reden von jenen, die sich traditionslos mit ihm zu assimilieren wünschten.
Burda verfällt nun zunehmend seinem Wahn und deutet sich seine eigene Wirklichkeit zurecht. Auch der Erzähler, sein Freund, kann oder will Burda nicht eines Besseren belehren. Veilchen, die nach einem Theaterbesuch irrtümlich in seine Manteltasche geraten waren, können nur von der Prinzessin stammen (54,16 ff.) und dass er die Prinzessin in Böhmen, wohin seine Kompanie verlegt worden war, im Zug sieht, kann nur heißen, dass sie ihm nachgereist ist (63,8 ff.).
Auch negative Ereignisse wollen genau in Burdas Schema passen. Der abschlägige Bescheid auf seine Bewerbung zum Korpskommandanten ist natürlich eine Intrige (74,5 ff.) und der Historiker, der Burdas Adelstitel nicht bestätigen kann, wurde in Burdas Augen bestochen (76,1 ff.).
Diese Annahme leitet dann schließlich den letzten Teil der Erzählung ein. Burda will sich für diese Intrige an Leutnant Schorff, dem Neffen des Kommandierenden schadhaft halten und ihn zum Duell auffordern (77,2 ff.). Die Sticheleien der wohlhabenden Kavalleristen im vornehmen Restaurant "Englischer Hof" waren ihm ohnehin schon lange ein Dorn im Auge (78,9 ff.). Nach einem offenen Konflikt am Kavalleristentisch kommt es schließlich zur Ankündigung des Duells (83,1 ff.), das zwei Tage später stattfindet und bei dem Burda durch einen Kopfhieb Schorrffs ums Leben kommt (88,24 ff.).
In der Stunde seines Todes scheint Burda seine Täuschung zu erkennen, doch schließlich beteuert er, "diese Veilchen sind von ihr" (93,24) und stirbt in diesem Glauben.
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