Vorweg eine kleine Zeichnung die, die einzelnen Einstellungsgrößen verdeutlichen soll.:
In "Pakt der Wölfe" wie in jedem Film, gibt es verschiedene Einstellungsgrößen. Die verschiedenen Größen haben auch verschiedene Wirkungen auf den Betrachter.
Eine Großaufnahme (G), zwingt den Zuschauer zu einer genauen Beobachtung des Bildes und bindet ihn mehr an den Bildinhalt. Hingegen eine Totale (T), hält den Zuschauer auf Distanz und verschafft Überblick über die Umgebung. In der zweiten Szene ist auch das ganze Spektrum an Einstellungsmöglichkeiten vorhanden. Exemplarisch werde ich nun für jede Einstellung drei Beispiele aus dieser Szene geben und die Bedeutung der Größeneinstellung erläutern. Die Totale (T) kommt in den Einheiten Sechs, Sieben und Acht vor. In diesen Einheiten, die ja relativ nah am Anfang der Szene liegen, wird dem Zuschauer die Möglichkeit gegeben sich einen Überblick über die Landschaft zu verschaffen und sich dort zu Orientieren. Dadurch das diese Einstellung direkt drei mal hintereinander kommt, kann sich der Zuschauer auch an das schlechte Wetter gewöhnen. Weiterhin wird ihm dadurch die nötige Zeit gegeben die er braucht um mit der Umgebung vertraut zu werden und dabei nicht den Handlungsinhalt zu vernachlässigen. Eine Einstellungsgröße näher ist die Halbtotale (HT), welche die Figuren in ihrer gesamten Körperlänge und in ihrer unmittelbaren Umgebung zeigt. Wie zum Beispiel in Einheit 72, dort wurde diese Einstellung gewählt, damit sich Zuschauer der Situation, in der sich ein Reiter befindet, bewusst wird.
Hier kommen nämlich Angreifer von zwei Seiten auf den Reiter zu und damit der Zuschauer beide Angreifer sehen kann wurde die HT gewählt. Man hätte auch die Totale nehmen können aber bei der HT ist der Bezug des Zuschauers zur handelnden Person größer und bindet ihn mehr in die Szene ein. Das Selbe gilt für die meisten Kampfsequenzen wie in den Einheiten 84 und 87, wo sich der Reiter mitten im Kampf mit mehreren Personen befindet. Dort ist diese Einstellung auch sehr wichtig weil man etwas Überblick über die Situation behält aber den Bezug nicht verliert.
Die Halbnahe (HN) kommt in der Einheit 15 vor. Hier zeigt sie Vater und Tochter bei der Flucht und die Einstellung lässt den Betrachter die Mimik der Personen erfassen, dass er Anteil an den Gefühlen der Handelnden haben kann ohne die Gesamtsituation (die Flucht) aus den Augen zu verlieren. Weiterhin kommt sie in Einheit 44 vor wo ein Verfolger gezeigt wird, der den Reitern eine Frage stellt. Hierbei wird wie so oft diese Einstellung in einer kommunikativen Situation verwendet. Dies tut man, weil so beide Parteien und deren Gesichtsausdrücke gut sichtbar sind und der Hintergrund nicht außer acht gelassen wird. Auch kommt diese Einstellung in Einheit 86 vor. Auch hier sind wieder die selben Intentionen zur Verwendung dieser Einstellung vorhanden wie in den beiden anderen Einheiten. Würde man diese Einheit in einer Totalen drehen, ginge der Bezug zu den Personen und deren Gefühlen verloren. Und würde man ihn in einer Großaufnahme drehen, was sowieso sehr schwer wäre,
kämen zwar Gefühle der Personen rüber aber die Geschwindigkeit der Handlung ginge verloren weil man ja immer nur einen kleinen Teil der Person sehen würde und auch der Hintergrund vor dem die Bewegung stattfindet wäre nicht mehr richtig sichtbar. Somit ist in dieser Einheit die Halbnahe die optimale Lösung um alle Bewegungen zu zeigen, die Geschwindigkeit aufrecht zu erhalten und die Gefühle nicht zu vernachlässigen.
Die nächst kleinere Einstellung ist die Nahe (N). Bei der nahen Einstellung tritt neben der Gestik besonders die Mimik in den Vordergrund, wie man in den Einheiten 39 und 43 oder in Einheit 65 deutlich sehen kann. Dort ist jeweils immer nur eine Person zu sehen. Der Zuschauer bekommt mehr Nähe zu der Situation vermittelt und kann sich in die Gedankengänge der Personen hineinversetzen und sie so besser Verstehen. Die Mimik der Personen, die durch die Einstellungsgröße sehr gut zu sehen ist, gibt auch Aufschluss über die Gefühle der Personen.
In Einheit 39 kann man aus der Mimik des Verfolgers seine Skepsis und seine Unentschlossenheit ablesen. Oder bei der Frau aus Einheit 43 sieht man deutlich wie ihr die Angst, sprichwörtlich ins Gesicht geschrieben ist. Verstärkt kann so ein Eindruck auch durch den Ton werden, wie auch in der Einheit 43 gut bemerkbar ist. Hier hört man das schnelle und angestrengte Atmen der Frau sehr deutlich.
Nach der Nahaufnahme kommt die Großaufnahme (G), welche zur Darstellung von Gefühlen verwendet wird. Diese Nähe vom Zuschauer zur Figur erzeugt eine große Identifikation und der Zuschauer weiß genau, was die Figur denkt und fühlt. Dies kann man gut in den Einheiten 136 und 137 sehen, wo sich Reiter und Frau nacheinander ansehen und die Zuneigung und das Interesse füreinander sehr deutlich wird.
Aber diese Einstellung kann man auch verwenden um bestimmte Teile des Körpers oder spezifische Bewegungen zu verdeutlichen. Wie zum Beispiel die Landung der Füße in der Pfütze aus Einheit 46. Diese Einstellung dient zum Spannungsaufbau, weiterhin verdeutlicht es das Absteigen des Reiters ungemein und macht es zu etwas Außergewöhnlichem oder Bedrohlichem. Last but not least gibt es die Detailaufnahme (D), welche dem Zuschauer eine extreme Nähe zum Film oder der Person suggeriert. Diese Einstellung kommt in der zweiten Szene nur einmal vor und zwar in der Einheit 57, wo das Augenmerk auf die Hände eines Verfolgers gerichtet ist. Diese Einstellung dient zur Spannungssteigerung in dieser Kampfsequenz. Aber außer verschiedenen Einstellungsgrößen hat die zweite Szene noch mehr zu bieten. Zum Beispiel verschiedene Perspektiven aus der die Kamera filmt.
Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Perspektiven aus der die Kamera filmen kann.
In der zweiten Szene kommen auch alle Drei vor aber deutlich dominieren tut die Normalsicht. Neben dieser gibt es noch die Aufsicht ( Vogelperspektive ) und die Untersicht ( Froschperspektive ). Bei allen Perspektiven kann man noch zwischen der Intensität unterscheiden. Bei der Normalsicht, welche die Kamera einfach geradeaus schauen lässt, gibt es noch die "eye-level-angle", welche genau auf Augenhöhe Filmt. Bei der Aufsicht, welche die Person oder das Objekt dem Zuschauer untergeordnet und in einer schwächeren Position zeigt, unterscheidet man noch zwischen high -angle, high -shot und top -shot welche die unterschiedlichen stärken der Kameraneigung nach unten bezeichnen.
Bei der Untersicht hingegen, werden die gezeigten Personen oder Gegenstände als überlegen und mächtig dargestellt. Somit fühlt sich der Zuschauer klein und unterlegen. Auch hierbei unterscheidet man zwischen der Intensität.
Hier gibt es low-angle, low-shot und extreme low camera.
Die Normalsicht kommt in der zweiten Szene zum Beispiel in Einheit 93 vor. Dort kämpfen Reiter und Verfolger miteinander. Dadurch das der Zuschauer auf gleicher Höhe mit beiden kämpfenden Parteien ist fühlt er sich keiner untergeordnet und durch die Perspektive wird auch keine Partei als stärker gezeigt. Hingegen in Einheit 61 wird mit Untersicht gearbeitet.
Die Kamera blickt zu einem Reiter auf und suggeriert ihn für den Zuschauer als stärker.
Als Beispiel für die Aufsicht eignet sich die Einheit 13 sehr gut. Hier sind die Reiter von oben zu sehen wie sie unter einem Kreuz durchreiten. Somit bekommt der Zuschauer, wahrscheinlich eher unbewusst als bewusst, den Eindruck vermittelt, dass die Reiter dem Kreuz bzw. Jesus untergeordnet sind. Aber in den Einheiten der zweiten Szene ist noch mehr zu beachten als die Einstellungsgröße oder die Perspektive. Dort gibt es dann noch Effekte wie den Zoom, die Zeitlupe oder den Zeitraffer. Auch zu beachten ist die Kamerabewegung welche großen Einfluss auf die Intentionen des Zuschauers haben kann.
Beim Zoom wird eine Kamerafahrt vorgetäuscht, entweder vom Objekt weg, so das der Zuschauer Distanz bekommt oder an das Objekt ran. Dadurch wird dem Zuschauer Nähe suggeriert und zwingt ihn zur näheren Betrachtung des Objektes. Zum Beispiel in Einheit 4, dort wird auf das Kreuz gezoomt und somit wird der Zuschauer angeregt sich darüber Gedanken zu machen welche Rolle das Kreuz spielt. Als Gegenbeispiel ist hier Einheit 2, wo vom Kreuz weggezoomt wird und der Zuschauer auf Distanz gehen kann.
Bei der Zeitlupe wird die Handlung verlangsamt und der Zuschauer hat die Gelegenheit die sonst so schnelle Bewegung sich genau zu betrachten, wie zum Beispiel der Tritt vor die Brust in Einheit 78 der in einer leichten Zeitlupe gedreht ist.
Der Zeitraffer kommt in der Szene nicht vor, aber hier bei wird eine Szene beschleunigt.
Dies könnte zum Spannungsaufbau dienen oder die sonst so träge Handlung verkürzen.
Bei der Kamerabewegung unterscheidet man zwischen der Kamerafahrt (travelling) und dem Schwenk (panning). Bei der Kamerafahrt bewegt sich die Kamera durch den Raum, dabei simuliert sie den Blick eines sich im Raum bewegenden Menschen. In Einheit 19 bewegt sich die Kamera mit nach links und der Zuschauer hat das Gefühl, als wenn er sich mit bewegt und ein Teil der Handlung ist. Beim Kameraschwenk behält die Kamera ihren Standpunkt bei aber bewegt sich um eine Achse. Diese Achse kann vertikal, horizontal oder diagonal im Raum sein. Dies wurde in Einheit 14 der zweiten Szene angewandt. Dort schwenkt die Kamera mit den fliehenden Leuten mit und simuliert so eine Kopfbewegung / Kopfdrehung eines am Rande stehenden Zuschauers. In Einheit 79 schwenkt die Kamera mit einem zu Boden fallendem Verfolger nach unten und durch die nahe Einstellungsgröße, hat der Zuschauer das Gefühl als stände er mitten im Geschehen und der Verfolger würde ihm direkt vor die Füße fallen. Abschließend kann man sagen, dass der Regisseur sehr viele verschiedene Mittel der Filminszenierung in diese eine Szene gepackt hat. Dadurch merkt man, das Können des Autors, trotz so vieler unterschiedlicher Dinge, diese Szene "Flüssig" und Ansprechend zu machen die auch noch eine gute Portion Geschwindigkeit und Action beinhaltet.
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