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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Jugendjahre


1. Drama
2. Liebe

"Krieger / stießen den Speer in den Mond."

"[...] es war eine Gegend, in der Menschen und Bücher lebten." (GWIII, 185) - so wird Paul Celan 1958 vor einem deutschen Publikum die Bukowina, seine Heimat, beschreiben. Als Paul Antschel, Sohn deutschsprachiger Juden, wird er achtunddreißig Jahre zuvor, am 23. November 1920, in Czernowitz am Pruth (damals Rumänien) geboren.
Er leidet in der Kindheit an der Strenge seines Vaters und hält sich stets mehr an die mildere Mutter, die bereits frühzeitig eine Liebe zur Lektüre entwickelt hat und mit der er später im Zitieren deutscher Klassiker wetteifert. Auf ihr Verlangen hin wird im Haus nur Schriftdeutsch gesprochen, während Celan in der Schule Rumänisch und bei einem Hauslehrer (auf Verlangen des Vaters) Hebräisch lernt.
Celans Jugendjahre sind geprägt von ersten Erfahrungen mit judenfeindlichen Positionen; so klagt er bereits im Alter von dreizehn Jahren in einem Brief an seine Tante in Palästina: "[...] was den Antisemitismus in unserer Schule betrifft, da könnte ich ein 300 Seiten starkes Buch darüber schreiben." 1934 wechselt er aus diesem Grund in ein Staatsgymnasium mit einer Mehrheit jüdischer Schüler. Zu dieser Zeit kennt er bereits Berichte über die nach der Machtübernahme Hitlers beginnenden Judenverfolgungen im Deutschen Reich. Nun beginnt Celan, sich mit den Schriften von Marx und Engels auseinanderzusetzen, entwickelt eine linksgerichtete Weltanschauung und beteiligt sich 1935 an einem illegalen Treffen der Antifaschistischen Jugend.
Mit etwa sechzehn Jahren beginnt er, Lyrik zu schreiben, die er bei regelmäßigen Treffen eines Lesezirkels vorträgt. Beeinflußt werden diese ersten Gedichte sowohl von Versen seines jüdischen Klassenkameraden Immanuel Weißglas , als auch von Celans damaliger Lektüre (Goethe und Schiller, aber auch Heine, Trakl, Hölderlin, Nietzsche, Verlaine, Rimbaud und später Hofmannsthal und Kafka).
Wenige Monate nach der Matura bricht Paul Celan im November 1938 nach Frankreich auf, um in Tours Vorbereitungskurse für ein Medizinstudium zu absolvieren. Seine Ankunft in Berlin fällt genau auf den Tag nach der "Reichskristallnacht". In Frankreich studiert er die Avantgarde nicht weniger aufmerksam als die Medizin und beginnt, nach seiner Rückkehr in die Heimat, in Czernowitz das Studium der Romanischen Philologie, da die Reise nach Frankreich durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 unmöglich geworden war.
Nach dem Nichtangriffspakt zwischen Hitler und Stalin und dem Ausbruch des Krieges wird Rumänien gezwungen, die nördliche Bukowina an die UdSSR abzutreten. Im Juni 1940 besetzen russische Truppen Czernowitz. Dadurch verschlechtert sich die Situation der Juden gravierend: Viele werden arbeitslos, viele verschleppt und zu Zwangsarbeit gezwungen. Paul Celan kann sich jedoch durch die Tätigkeit seines Vaters als Bauzeichner und durch das in der Sowjetunion übliche Gehalt der Universitätshörer noch sein Romanistik-Studium leisten.
Völlig unmöglich wird das erst durch den Überfall von Hitlers Armeen auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941. Sofort nach dem Einmarsch in Czernowitz setzen systematische Liquidierungen durch die SS ein. Die Juden werden der Bürgerrechte für verlustig erklärt, zum Tragen des gelben Judensterns verpflichtet und müssen unbezahlte Zwangsarbeit leisten. Es folgen die Umsiedelung der Juden in ein Ghetto und Wellen von Deportationen nach Transnistrien (in der Ukraine). Im Juni 1942 verliert Paul Celan auf diese Weise seine Eltern. Dieses Erlebnis bleibt dem Dichter ein lebenslanges Trauma; er wirft sich vor, seine Eltern im Stich gelassen zu haben. Der in der Ghettozeit zuvor apathische und energielose Celan wird jetzt zunehmend schwermütiger, leidet an tiefen Schuldgefühlen. Als er im folgenden Herbst vom Tod seines Vaters und im Frühjahr 1943 von der Ermordung seiner Mutter erfährt, verfinstert sich sein Leben völlig.
Um wenigstens selbst der weiteren Gefahr der Deportation zu entrinnen, meldet sich Celan für den Arbeitsdienst. In den folgenden neunzehn Monaten seiner Zwangsarbeit muß er vor allem bei Straßenarbeiten helfen, die mit primitivsten Mitteln (nur Spaten und Schaufel als Arbeitsgerät) ausgeführt werden. Er klagt niemals über die Arbeit, doch selbst spätere Gedichte zeugen noch davon, daß sie ihm in seiner Erinnerung lebendig geblieben ist. Wenn man ihn auf seinen kurzen Heimaturlauben in Czernowitz fragt, was er im Lager mache, antwortet er stets lakonisch: "Schaufeln!"

 
 

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