Judith stammt aus einem wohlhabenden behüteten Bürgerhaus Hamburgs. Als Jüdin ist sie mit ihrer Mutter den politischen Verhältnissen ausgeliefert. So weiß ihre gelähmte Mutter keinen anderen Ausweg, als Selbstmord zu begehen, um dadurch ihrer Tochter die Freiheit des Handelns zu geben.
Freiheit kann für Judith nur Flucht bedeuten. Und so empfindet sie den Rat der Mutter in Rerik die Flucht zu versuchen, als ein Testament, das sie vollstrecken muss.
Mit dem Tod ihrer Mutter ist die Realität in Judiths Leben eingebrochen. Die Gefahr erkannt zu werden droht ihr, wenn sie den Pass mit dem roten J-Stempel vorzeigen muss. So versucht sie einer Passkontrolle zu entgehen. Aber selbst die Rolle des "leichten Mädchens", das sie dem Wirt und dem schwedischen Steuermann gegenüber spielt, erscheint ihr noch irgendwie romantisch:
"Judith war sehr jung, aber sie begriff plötzlich, für welchen Preis sie es vergessen durfte, dem Wirt ihren Pass zu geben"(S.36
"Vielleicht war es auf Fluchten immer so, dass das flüchtende Mädchen sich einem Scheusal hingeben musste..."
Auf dem Punkt größter Hilflosigkeit und Mutlosigkeit begegnet sie Gregor und gewinnt Vertrauen und Zuneigung zu ihm. Durch die Begegnung mit Gregor kommt sie der Wirklichkeit näher. Das "Gesicht der Hilfe" sieht anders aus als die Gesichter ihrer Bekannten auf dem Tennisplatz. Sie spürt auch den Unterschied zur Welt ihres Vaters, der Goethe gelesen hatte und in dieser Lage undenkbar war.
In ihrer Wirklichkeitsfremdheit kann sie durch eines überleben: durch ihre gute Erziehung.
Judith ist ein Opfer, an dem sich ein Wunder der Rettung auf merkwürdige Weise vollzieht; sie bleibt passiv.
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