Herder wird in 1744 in Ostpreußen als Sohn eines armen Lehrers geboren und wächst in kleinen Verhältnissen auf. Als Schreiber des Predigers seines Heimatortes kann er zwar viel lesen und seinen Wissensdrang befriedigen, aber erst als er nach Königsberg kommt, um Theologie zu studieren, kann er sich voll entfalten. Hier kommt es auch zu der Begegnung mit Hamann, der ihn in die Werke von Shakespeare und die Ideen von Rousseau einführt. Seine eigene schriftstellerische Tätigkeit beginnt erst in Riga, wo er 1764 Prediger ist, und von wo er 1769 eine Reise mit dem Schiff ins Unbekannte unternimmt, die ein einschneidendes Erlebnis werden soll. \"Den 3. Juni (Anmerkung: 1769) reiste ich aus Riga ab, und den 5. 6. ging ich in See, um, ich weiß nicht wohin? zu gehen. Ein großer Teil unserer Lebensgegebenheiten hängt wirklich vom Wurf von Zufällen ab. So kam ich nach Riga, so in mein geistliches Amt, und so ward ich desselben los; so ging ich auf Reisen. Ich gefiel mir nicht als Gesellschafter, weder in dem Kreise, da ich war; noch in der Ausschließung, die ich mir gegeben hatte. Ich gefiel mir nicht als Schullehrer, die Sphäre war für mich zu enge, zu fremde, zu unpassend, und ich für meine Sphäre zu weit, zu fremde, zu beschäftigt. Ich gefiel mir nicht als Bürger, da meine häusliche Lebensart Einschränkungen, wenig wesentliche Nutzbarkeiten und eine faule, oft ekle Ruhe hatte. Am wenigsten endlich als Autor, [...] Alles also war mir zuwider [...] Ich mußte also reisen: und da ich an der Möglichkeit hiezu verzweifelte, so schleunig, übertäubend und fast abenteuerlich reisen, als ich konnte.\" (aus dem \"Reisejournal\"; entnommen aus dem Buch Deutsche Literaturgeschichte Seite 145).
Er landet an der französischen Küste und trifft sich in Paris mit vielen Schriftstellern der Aufklärung, die ihm allerlei Anregungen geben. Auf seiner Rückreise trifft er Gotthold Ephraim Lessing. Im Sommer 1770 macht er seine zweite Reise, diesmal nach Italien. Noch auf der Reise, in Darmstadt, lernt er Karoline Flachsland kennen, die einmal seine Frau werden soll, und schon in Straßburg gibt er die Reise auf und trifft auf den jungen Goethe. Sie pflegen einen regen Gedankenaustausch, in dem Goethe zu sich selbst findet.
Goethe ist es auch, der ihn später eine Anstellung als Generalsuperintendent in Weimar verschafft, die Herder anfangs gerne annimmt, ihn über die Jahre hinweg aber immer mißmutiger werden läßt. So gibt er die Stellung, aber auch sein Verhältnis zu Goethe auf, reist umher, unruhig, getrieben von Unzufriedenheit mit der Literatur, die er ja selbst mitgeschaffen hat. Er stirbt 1803 nach Jahren der Vereinsamung und ist, nach Goethes Worten \"verzweifelt in die Grube gefahren\".
Seine bedeutendsten Werke sind \"Fragmente über die neuere deutsche Literatur\" (1767/68), in dem er gegen die Nachahmung fremder Muster, für das Recht auf Einzelpersönlichkeit und Kultur für jedermann kämpft, und \"Kritische Wälder\" (1769), wo er die Korrektheit anprangert und die Freiheit der Kunst und Sprache feiert.
\"Die Kunst kommt und löscht die Natur aus.\" (angeblicher Ausspruch Herders; entnommen aus dem Buch Deutsche Literaturgeschichte (2) Seite 146). Herder ist von der sogenannten Naturpoesie begeistert, die eine starke Aussage hat, aber keinen Wert auf stilistische Korrektheit legt. Seiner Meinung nach wird alles in ein unnatürliches Regelwerk gepreßt, welches die eigentlichen Gefühle unterdrückt und dann so perfektioniert werden muß, damit dies nicht mehr auffällt. Mehr oder minder reine Naturpoesie sei noch bei Homer, in der Bibel (Altes Testament), aber auch bei Shakespeare und in Volksliedern zu finden. 1772 veröffentlicht er seine Schrift \"Vom Ursprung der Sprache\", die 1772 von der Berliner Akademie ausgezeichnet wird und auf die ein halbes Jahrhundert später die vergleichende Sprachwissenschaft aufbaut.
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