Eine Ratte erklärt sich wahrscheinlich das Verhalten des Versuchsleiters so: "Ich habe diesen Mann so trainiert, daß er mir jedesmal Futter gibt, wenn ich diesen Hebel drücke."
Damit beweist die Ratte, daß sie in derselben REIZ - REAKTIONSFOLGE eine andere Gesetzmäßigkeit sieht als der Versuchsleiter.
Für ihn ist der Hebeldruck der Ratt eine von ihr erlernte RAKTION auf einen von ihm unmittelbar vorher gegebenen Reiz. Die Ratte sieht aber die Wirklichkeit anders:
Ihr Hebeldruck ist ein Reiz, den sie dem Versuchsleiter erteilt, worauf er mit dem Geben von Futter als erlernte Reaktion antwortet.
Obwohl beide also dieselben Tatsachen sehen, schreiben sie ihnen zwei sehr verschiedene Bedeutungen zu und erleben sie daher als zwei verschiedene Wirklichkeiten.
Interpunktieren heißt hier, der Wirklichkeit eine bestimmte Ordnung zuzuweisen und ohne diese Ordnung würde uns unsere Welt chaotisch, völlig unvorhersehbar und daher äußerst bedrohlich erscheinen.
Man sieht also, daß das verschiedene Ordnen (INTERPUNKTIEREN) von Ereignisabläufen im eigentlichen Sinne des Wortes VERSCHIEDENE WIRKLICHKEITEN erzeugt.
BEISPIEL: Eine Mutter mag sich als einzige Brücke zwischen ihrem Mann und ihren Kindern sehen. Ohne ihre dauernde Anstrengung, zwischen ihnen zu vermitteln, bestünde zwischen ihm und den Kindern überhaupt keine Bindung.
Für den Mann ist die Mutter ein dauerndes HINDERNIS zwischen ihm und den Kindern - wenn sie sich nicht dauernd einmischen würde, könnte er zu ihnen eine viel engere und herzlichere Beziehung haben.
Genau wie die Ratte und der Versuchsleiter sehen auch sie nicht die einzelnen EREIGNISSE ALS SOLCHE anders, sondern die BEDEUTUNG, die innere Ordnung ihres Ablaufs - und dies führt dann zu widersprüchlichen Perspektiven wie "Brücke" oder "Hindernis".
Partner in einem Beziehungskonflikt begehen meist den Fehler, daß sie übersehen, daß sie ihre zwischenpersönliche Wirklichkeit widersprüchlich geordnet haben und nun blind annemen, daß es nur eine Wirklichkeit und daher auch nur eine richtige Wirklichkeitsauffassung (nämlich die eigene) gibt. Daraus folgt zwangsläufig, daß der Partner verrückt oder böswillig sein muß, wenn er die Dinge ganz anders sieht.
BEISPIEL:
In den letzten Phasen des Weltkriegs haben sich viele amerikanische Soldaten vorübergehend in Großbritannien aufgehalten.
Vergleich des Paarungsverhaltens in den beiden Kulturen:
Es ergab sich, daß sowohl die amerikanischen Soldaten als auch die englischen Mädchen sich gegenseitig des Mangels an sexuellem Taktgefühl und Zurückhaltung bezichtigten.
Es kam ein TYPISCHES INTERPUNKTIONSPROBLEM ans Licht.
Das kulturspezifische Paarungsverhalten, vom ursprünglichen Kennenlernen bis zum Geschlechtsverkehr durchläuft sowohl in England als auch in den USA ungefähr dieselben 30 Verhaltensstufen; die REIHENFOLGE dieser Verhaltensweisen ist aber in den beiden Kulturen verschieden. Während in den USA Küssen zum Beispiel relativ früh kommt und recht harmlos ist, gilt es in England für sehr erotisch und nimmt daher einen viel späteren Platz im Verhaltensablauf ein.
Wenn also der Amerikaner annahm, es sei Zaeit für einen unschuldigen Kuß, war dieser Kuß für die Engländerin durchaus kein unschuldiges, sondern ein sehr unverschämtes Benehmen, das für sie keineswegs in dieses Frühstadium der Beziehung paßte. Sie fühlte sich irendwie um einen Teil des richtigen Paarungsverhaltens betrogen und sie mußte sich auch entscheiden, ob sie diese Beziehung an diesem Punkt abbrechen oder sich ihrem Freund sexuell hingeben sollte.
Nun fand der amerikanische Soldat das Verhalten seiner Freundin auf Grund seiner außerbewußten Verhaltensregeln als nicht in das Frühstadium der Beziehung passend und daher schamlos.
== Es handelt sich hier um Konflikte die nicht auf einen der Partner reduziert werden können und dürfen, sondern die ausschließlich im Wesen der BEZIEHUNG liegen.
Es ist typisch für solche Probleme, daß die Partner sie meist nicht von sich aus lösen können, da ihnen die zwischenpersönliche Natur des Konflikts verborgen bleibt und sie daher in einem Zustand der DESINFORMATION leben.
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