Dieses erste der drei Johanna-Stücke Brechts zeigt den notwendigen Widerstand gegen Ausbeutung und Unterdrückung, aber noch deutlicher ist es eine umfassende Darstellung der Praxis des Klassenkampfes, weil die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise, den Hintergrund dieses Stückes abgeben. In diesem Politisch kompromißlosen Stück steht nicht die Religion und auch nicht die Existenz Gottes zur Diskussion, sonder das Verhalten des religiösen Menschen. Es zeigt Brechts Konzeption vom Theater als Vermittler politischer Einsichten und als antreibende Kraft zur Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse. \"Die heilige Johanna der Schlachthöfe\" hat das Ziel, \"eine tiefgreifende und zum Handeln ausreichende Erkenntnis der großen gesellschaftlichen Prozesse unserer Zeit zu vermitteln\". Damit wollte Brecht den Zuschauer dazu bringen die neuen revolutionären Erkenntnisse anzuwenden, jedoch nicht durch Identifikation mit dem Stück. Der Zuschauer sollte die Erkenntnis aus der paradigmatischen (beispielgebenden) Handlung selbst herausfinden.
Diese Absicht konnte Brecht jedoch nicht verwirklichen, da bereits 1931 kein Theater der Weimarer Republik bereit war, dieses an Zündstoff reiche Stück, das Herbert Jhering noch Ende 1932 mutig als das bedeutsamste Drama des Jahrzehnts bezeichnete, aufzuführen.
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