I. Real-, Sachbezug:
Dieses Drama handelt nicht vom Kampf um Gut und Böse, sondern es geht um die Konfrontation verschiedener Charaktere. Götz und Weislingen sind zwei gänzlich unterschiedliche Persönlichkeiten. Götz liebt die Freiheit , er ist ehrlich und natürlich. Weislingens Leid ist die Unfreiheit und Beeinflußbarkeit und seine Unfähigkeit zur Treue. Doch er ist eigentlich nicht böse, erst seine Verbindung mit Adelheid von Walldorf macht ihn zum Gegner seines alten Freundes.
Das Stück spielt am Anfang des 16. Jahrhunderts, in einer Zeit des Umbruchs, neuer politischer und wirtschaftlicher Entwicklungen, am Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Der Kaiser verliert an Macht, die Reichsfürsten bauen ihre Gebiete zu zentralverwalteten, absolutistischen Teilstaaten aus. Der Ritterstand verarmt, viele werden zu Raubrittern. Große Teile des Reiches werden durch blutige Bauernkriege erschüttert.
Mit Götz stirbt symbolisch ein ganzes Zeitalter. Der fürstliche Absolutismus und dessen bürokratische Herrschaft ist nicht mehr aufzuhalten. Die Zeit der freien Ritter, die nach dem Faustrecht leben, geht unter. Es stehen sich zwei Rechtssysteme gegenüber. Das Lehensrecht der alten Zeit, das auf wechselseitiger Treueverpflichtung aufgebaut ist, wird von Götz repräsentiert. Das neue römische Recht, ein Untertanenrecht, das auf Befehl und Gehorsam aufgebaut ist, ist das Rechtssystem der Territorialfürsten.
Die Wirkung des Dramas war sensationell, es machte den jungen Autor mit einem Schlag berühmt. Kritik und Zustimmung waren gleich heftig. Die alte Generation, die Generation der Aufklärer empörte sich über Goethes Schauspiel und dessen Formlosigkeit. Friedrich II bezeichnete das Stück als eine "abscheuliche Nachahmung jener schlechten englischen Stücke", womit er Shakespeares Werke meinte. Die junge Dichtergeneration war begeistert und das Werk wurde zum Ausgangspunkt des Sturm und Drang. Deutschland wurde von einer Flut historischer Dramen überschwemmt.
II Sprachbezug:
Das revolutionäre an dieser Tragödie ist die freie Form. Die Gesetze des klassischen französischen Dramas werden von Goethe ignoriert. Auf die Einheit von Zeit, Ort und Handlung verzichtet er. Der Text ist in mehr als 50 Einzelszenen gegliedert, die Schauplätze liegen hunderte von Kilometern auseinander. Die Zeitdauer ist völlig unbestimmt. Goethe bezieht alle Stände und Schichten, den Kaiser ebenso wie Hofleute, Bischöfe, Ratsherren, Offiziere, Bauern, Zigeuner mit ein in die Handlung und beschränkt sich nicht auf eine Gesellschaftsschicht.
Das jeweilige Sprachverhalten wurde auf den Stand und Charakter der Personen zugeschnitten. Götz' Redeweise und die des Personenkreises um ihn ist volkstümlich, unkompliziert und mundartlich. Martin Luthers Einfluß auf den jungen Goethe ist unverkennbar. Immer wieder kommen biblische Wendungen und altertümliche Formen vor. Weislingen, Adelheid und der Bischof hingegen sprechen reines Hochdeutsch.
III. Autorbezug:
Den Plan, die 1731 gedruckt Lebensbeschreibung Herrn Goezens von Berlichingen zu einem Drama zu verarbeiten, fasste Goethe schon früh. Der Stoff sagte seiner von der Verehrung Shakespeares entfachten Begeisterung für große Charaktere und seinem von Herder geförderten Interesse an der älteren deutschen Geschichte zu. Goethes Quelle bildet die Autobiographie Lebensbeschreibung des Herrn Goezens von Berlichingen, zugenannt mit der eisernen Hand (geboren in Jagsthausen 1480, gestorben 1562). Dieser Ritter führte ein wildbewegtes Raubritterleben und beteiligte sich an den Bauernkriegen. Seine Geschichte wurde von Goethe mit großer dichterischer Freiheit dramatisiert. Der historische Götz hat mit Goethes Götz nur wenig Ähnlichkeiten. Den frühesten Text, den sogenannten "Urgötz" schrieb er 1771 in sechs Wochen nieder. Herders Kritik und seine eigene Unzufriedenheit veranlassten ihn, das Werk neu zu fassen.
IV. Leserbezug:
Für mich war es sehr interessant dieses Werk über die frühe Neuzeit in Deutschland zu lesen. Es zeigt wie leicht Fürsten und sogar ein Kaiser mit Weiblichkeit und Intrigen zu beeinflussen sind und dass es einfach ist, unangenehme Personen aus dem Weg zu räumen. Dieses Problematik ist heute genauso aktuell wie damals.
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