Zinnober kann als Repräsentant für die Günstlingswirtschaft gesehen werden, wie sie in der Politik des aufgeklärten Absolutismus den Ton angibt. Die Parallelen zu den politischen Verhältnissen zu Hoffmanns Zeiten in Preussen sind klar.
Vincenzo Sbiocca ist nicht für den Kampf gegen den Zinnober zu gewinnen, er flüchtet vor diesem. Bemerkenswert ist, dass er mit der Musik sich eine Tätigkeit gesucht hat, die es ihm leicht machen könnte, in die ,höheren Sphären' aufzusteigen und ihm einen ähnlichen mysthischen Zugang zur Welt geben könnte, wie Balthasar ihn im Wald findet und wie auch Pulcher ihn (mit der Musik! vgl. weiter unten) entdeckt hat. Dass er ihn gefunden hat, dafür spricht, dass Balthasar Sbioccas vortreffliches, ausdrucksvolles Spiel (vgl. S.46) mag. Aber seine Wut über die nicht erhaltene, aber verdiente Anerkennung lässt ihn vergessen, dass es-in romantischer Sicht-Wichtigeres gibt als die oftmals falsche Anerkennung der eigenen Leistung durch andere (Sbiocca ist besonders für seine Virtuosität berühmt und selbst auch stolz darauf). Sie hat Sbiocca auch schon gefährlich in die Nähe jener Unbescheidenheit geführt, die die oben behandelten Personen zeigen (vgl. S.47 "Kein Violinspieler auf der ganzen weiten Erde, Viotti selbst hätte mir nicht nachgespielt"). In dieser Haltung der Selbstbewunderung verlässt er Kerepes, um einen Ort zu finden, wo die Bewunderung wieder ihm zufällt. Er weicht dem Übel aus, und was nicht mehr ihn selbst betrifft, das kümmert ihn nicht mehr.
Es ist wohl berechtigt, in diesem Zusammenhang eine Parallele zu Hoffmann in Preussen zu machen und zu fragen, inwiefern er sich die selbe Haltung als Künstler gegenüber den Missständen in der Politik angeeignet hat. Soll man sich aktiv wehren? Oder ist nur noch die Flucht möglich in einer Situation wie jener, in der Sbiocca ist? Das Dilemma besteht ja darin, dass- aus Sbioccas Sicht- der einzelne machtlos ist gegen ein verzaubertes Publikum und praktisch die ganze Stadt Kerepes. Emmigration wird hier als eine mögliche Reaktion dargestellt, jedoch gibt der Schluss des Märchens jenen Recht, die sich gegen das Übel stellen.
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