Die Geschichte, die sich schlussendlich doch noch zum Guten gewendet hat, endet mit folgenden Sätzen: \"Er fing, da sein Gefühl ihm sagte, dass ihm von allen Seiten, um der gebrechlichen Einrichtung der Welt willen, verziehen sei, seine Bewerbung um die Gräfin, seine Gemahlin, von neuem an, erhielt, nach Verlauf eines Jahres, ein zweites Jawort von ihr, und auch eine zweite Hochzeit ward gefeiert, froher, als die erste, nach deren Abschluss die ganze Familie nach V... hinauszog. Eine ganze Reihe von jungen Russen folgte jetzt noch dem ersten; und da der Graf, in einer glücklichen Stunde, seine Frau einst fragte, warum sie, an jenem fürchterlichen Dritten, da sie auf jeden Lasterhaften gefasst schien, vor ihm, gleich einem Teufel, geflohen wäre, antwortete sie, indem sie ihm um den Hals fiel: er würde ihr damals nicht wie ein Teufel erschienen sein, wenn er ihr nicht, bei seiner ersten Erscheinung, wie ein Engel vorgekommen wäre.\"(S.49,50).
Zum Schluss ist dem Grafen nun doch noch von allen Seiten verziehen worden, sowohl von der Familie als auch von der Marquise. In V..., wo die ganze Familie hingezogen ist, folgen dem unehelich gezeugten Kind nun noch weitere, der anfängliche Missbrauch ist mit dem letzten Satz nun endgültig vom Tisch.
Eben dieser Satz mutet sehr geheimnisvoll an, er beinhaltet religiöse Motive, sprich Engel und Teufel. Der Vergleich mit dem Engel ist wohl eher naheliegend und einfacher zu verstehen. Inmitten der wütenden und mordenden Soldaten, die versuchen, die Marquise brutal zu vergewaltigen, erscheint als Retter in der Not der Graf F. Obwohl er nicht minder brutal gegen seine verbündeten Soldaten vorgeht, um sie von ihrem Vorhaben abzuhalten, missachtet er gegenüber der Marquise niemals die Umgangsformen. Doch in dem Augenblick, als der Graf in das Zimmer der Marquise hereintritt, bricht für diese eine Welt zusammen. Das engelhafte, übermenschliche Bild des Grafen fällt von einer Sekunde auf die andere in ein durch und durch unmenschliches, eben teuflisches Bild. So sind im Grafen gleichzeitig zwei Wesensmerkmale sehr stark vertreten: er ist der edle Retter, kann charmant, kultiviert und feinfühlig sein. Gleichzeitig aber hat er die Marquise geschändet, ist brutal, unbeherrscht und wird geleitet von Triebhaftigkeit. Diese Vorstellung, das sowohl das Gute wie auch das Böse in einem Menschen verbunden sein können, dass die sexuelle Begierde den Verstand einfach ausschalten kann, verändert das Weltbild der Marquise völlig. Die zuvor heile Welt, in der die Marquise, beschützt durch ihr familiäres Dasein, gelebt hat, entpuppt sich nun als sehr instabiles, gebrechliches Gebilde. Ihre sentimentale, träumerische Einstellung zu einer durchaus übernatürlichen Welt verwandelt sich plötzlich in eine sehr nüchterne und realistische Betrachtungsweise.
Zum Schluss jedoch, als die Marquise dem Grafen um den Hals fällt, hat sie die Welt so wie sie ist akzeptiert. Sie versteht, dass der Graf für einen kleinen Moment das Gleichgewicht bei der Gratwanderung zwischen Vernunft und Triebhaftigkeit verloren hat und es zu diesem folgenschweren Ausrutscher kommen konnte. Die teuflische Tat wird ihm verziehen, da er schliesslich beweisen konnte - zum einen durch seine Geduld, zum andern aber auch durch die Schenkung an das Kind und durch sein Testament - dass das Engelhafte in ihm klar überwiegt.
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