1. Materniade:
Matern muss nach englischer Gefangenschaft Fragebogen beantworten. Bald läuft ihm ein schwarzer Hund zu. Er nennt ihn Pluto, weil dieser Name gerade auf einem Wegweiser steht. Was Matern in Deutschland will, wiederholt er immer wieder als Motiv:"Ich komme, zu richten mit schwarzem Hund und einer Liste Namen ."
2. Materniade:
Auf der Männertoilette des Hauptbahnhofes Köln findet er Namen und Adressen von früheren Bekannten, die ihm Unrecht getan haben. Zunächst besucht er Jochen Sawatzki in einem Dorf bei Köln. Zusammen mit ihm und anderen hat er Eddi die Zähne ausgeschlagen. Mit seiner Frau Inge stellt er Sirup aus Zuckerrüben her. Das Wiedersehen wird mit Kartoffelschnaps begossen, Ingemaus gehört trinkt Eierlikör. Im Ehebett, bei Sawatzkis Eheburg genannt, schlafen sie nun zu dritt, Ingemaus gehört die Mitte. Matern betastet sie, da trifft er auf des Freundes Ehemannsfinger. Sie halten auch hier wie einst zusammen und lösen sich ab, und ihr macht es Spaß, soviel Auswahl und Abwechslung. Kurz vor Weihnachten verlässt Matern mit dem Hund das Zuckerrübenmilieu.
3. bis 84. Materniade:
Nächste Adresse in der Männertoilette: Hauptmann Erich Hufnagel, Altena. Er hat ihn einst wegen eines Spottgedichts zum Rapport gebracht. Genau zu Heiligabend trifft er ein. Am folgenden Tag schleicht er mit einem Füllfederhalter zu Tochter Elke und schläft bei ihr. Verlässt sie aber bald wieder, nimmt auch den Füllfederhalter wieder nach Köln mit.
Nächster: Unteroffizier Leiblich, Bielefeld. Er liegt mit einem Gipsarm im bett, kann sich nicht rühren. Matern tötet seinen Kanarienvogel.
Bei dem Gerichtsassessor Wilhelm Dimke wirft er Bücher und exotische Kolonialmarken in den Ofen. Eine Bekannte von ihm Steckt Matern mit dem Tripper an.
In der Lüneburger Heide pisst Matern und erhält einen starken, heilsamen Stromschlag. Nun ist der Tripper in Deutschland wieder im Abnehmen.
85. und gebeichtete 86. Materniade:
In Freiburg im Breigau sucht Matern seinen ehemaligen Philosophieprofessor, "die Zipfelmütze", findet ihn aber nicht.
Inge hat inzwischen ein Kind geboren, Walli. Sie ist sich sicher, dass Matern der Vater ist. Er beginnt mit Jochen einen streit und wird mit Inge von diesem hinausgeworfen. Daraufhin übernachten sie in der Kirche, wo sie im Beichtstuhl Geschlechtsverkehr haben. Am nächsten Tag beschimpft er dem Priester als ehemaligen Nazi.
87. wurmstichige Materniade:
Matern will seinen Vater aufsuchen. Der Müller Anton Matern hört nun aus den Mehlwürmern die Zukunft. Daraufhin kommen alle und fragen nach seinem Rat, damit macht er sich viel Geld.
Im März 1949 kommt sein Sohn, Walter Matern. Er verlangt nach Geld, muss es sich aber als Hausmeister verdienen. Sie machen einen Arbeitsvertrag, auch für den Hund. Nach krummen Geschäften und Polizeiverhören zieht Walter im Jahre 1953 wieder weiter. Arbeitslos knirscht er durch die Lande.
88. sterile Materniade:
In Düsseldorf besucht Matern mit dem Ehepaar Sawatzki das Lokal "Leichenhalle". Ein Animierdoktor behandelt Materns Nierensteine. Er muss den Saft zweier Zitronen trinken. Zur Wirksamkeit gehöre aber leider Alkoholabstinenz. Andere Kellner-Chirurgen sezieren Kalbshaxenreste vom Operationstisch. Matern erbricht sich. Aber die Toilettenfrau versorgt ihn mit starken Kaffee und einem Schnäpschen. Die Rechnung wird als Totenschein serviert.
89.sportliche und 90. biersaure Materniade:
Matern sitzt bequem zu Hause. Inge sagt, er müsse Sport betreiben. Er geht zum Fußballverein. Die können ihn nicht brauchen so beschließt der Verein ohne Gegenstimme, dass sie ihm Feuern.
91. halbwegs einsichtige Materniade:
Zu dumm, Matern kann aus der Rache noch immer kein halbwegs lohnendes Geschäft machen.
Die Firma Brauxel & Co verkauft sogenannte "Wunderbrillen", in das Glas wird eine geheim zu haltende Dosis Glimmer beigemengt. Die Jungendlichen könnten damit ihre Eltern entlarven. Daraufhin werden 700.000 Brillen gekauft. Wegen Selbstmordversuchen wird die Auslieferung der Brille gestoppt.
Matern hat auf den Weihnachtsmarkt seiner Tochter Walli so eine Brille gekauft. Als Walli die Wunderbrille aufsetzt bekommt sie einen Schreianfall und wird ins Spital gebracht.
Matern möchte mit einem großen Radiergummi alle Abgezinkten und Nichtabgezinkten Namen auf seiner Liste ausradieren. Aber bei einigen funktioniert es überhaupt nicht, sowie bei Dr. Rolf Zander, der beim Rundfunk arbeitet. Matern sucht in auf, da er Arbeit und Rache gleichzeitig ausführen möchte. Rolf nimmt ihn freundlich auf und engagiert ihn wegen seiner besonderen Stimme zum Kinderfunk.
Die 100. öffentlich diskutierte Materniade:
Matern bewohnt wieder eine saubere Wohnung in Köln. Übers Wochenende besucht ihn alleine oder mit Walli die unveräußerliche Ingefrau. Harry Liebenau ist Leiter der Kinderabteilung und Materns Landsmann. Er veranlasst eine öffentliche Diskussion im Radio, in der sich Matern mit seiner besonderen Vergangenheit stellen soll.
Eine öffentliche Diskussion: Matern sitzt mit seinem Hund auf der Bühne, Assistentin Wall S., hat Wunderbrille bei sich, 32 Jugendliche der Nachkriegsgeneration dürfen Fragen stellen. Walli erzählt zunächst die Geschichte mit der Wunderbrille, dann wird Matern nach seiner Glückszahl und Unglückszahl befragt: jeweils 32. Sie stellen Matern noch weitere Fragen. Die Jugendlichen finden heraus, dass der Hund Pluto kein anderer ist, als der davongelaufene Prinz des Führers. Er wedelt nämlich bei Wagner-Musik. Weiters erzählt er prägende Kindheitserlebnisse und von seinem Freund Amsel. Auch dass er ihn beschützen wollte, aber wiederum kommt heraus, dass er ihm die Zähne ausgeschlafen und ihn als "Iitzich" beschimpft habe.
Die Fluchtbewegte 101. Materniade:
Die widerliche, dynamische Diskussion lockt Matern in die Friedensliebende DDR. Er gibt Pluto bei der evangelischen Bahnhofsmission ab und fährt mit dem Zug nach Berlin. In Westberlin will er noch Socken kaufen und steigt aus. Er trifft Goldmäulchen. (Amsel)
Die 102. feuerfeste Materniade:
Sie besuchen verschiedene Bars. Goldmäulchen gibt ihm sein Taschenmesser - aus den Kindertagen. Das Lokal der Anna Helene Barfuß gehört Jenny, aber es beginnt zu brennen. Goldmäulchen freut sich, wider das Knirschen der Zähne seines alten Freundes zu hören.
Die 103. und tiefunterste Materniade:
Matern fliegt mit Brauxel nach Hannover, wo dieser ihm das Bergwerk zeigt. Der Pförtner ist Matern Vater. Es wird im Bergwerk keine Kaliförderung mehr betrieben, sondern Fertigprodukte hergestellt.
In 32 Abteilungen, den sogenannten Firstenkammern, werden in symbolisch-düsterer Form die Scheuchenhölle und die Produktion der Scheuchen erklärt. Zuerst werden verschiedene Stoffe eingeschmolzen oder zerstört. In der 15. Firstenkammer waltet der entfesselte Eros, er erlaubt keiner heißgelaufenen Scheuche, die andauernde Erektion und den Dauerorgasmus abklingen zu lassen. In der 18. Firstenkammer geht es um die Philosophen, Transzendenz rieselt aus Zipfelmützen: Gescheucht- sein heißt: Hineingehalten - sein in das Nichts. Dann kommt eine Theorie der sozialen Schichtung, Wertnihilismus. 21: Geschichte in Scheuchen dargestellt. 23: Innere Emigration, da ist es warm, da kenn man sich aus, dort ist man für kommen der Hautemotionen, die jeder Vogelscheuche die Mechanik ölen Schließlich werden sie in Kisten verpackt, beschriftet und verschickt.
12. Die Rättin:
Der Roman \\\"Die Rättin\\\" ist ein aus vielen Erzählsträngen zusammengesetztes Buch, die Dialoge zwischen dem namenlosen Ich-Erzähler und einer weiblichen Ratte, die er als Rättin bezeichnet, ziehen sich wie ein roter Faden durch das ganze Werk.
Die gesamte Menschheit ist ausgelöscht, der Erzähler, der in einer Raumkapsel die verwüstete Erde umkreist, durchlebt den Untergang der Menschheit noch einmal anhand der Schicksale verschiedener Menschen.
Einer davon ist der Maler Malskat, der unter anderem als Fälscher gotischer Fresken beschrieben wird. Er dreht zusammen mit dem inzwischen sechzigjährigen Oskar Matzerath, der nicht mehr durch seine Blechtrommel auf gesellschaftliche und politische Mißstände aufmerksam macht, sondern diese durch die zeitgemäßere Videoproduktion ersetzt hat, einen Film. Zudem kehrt Oskar an die Orte seiner Kindheit zurück, nach Danzig-das inzwischen in Gdansk umbenannt wurde- und in die Kaschubei, um dort den Geburtstag seiner uralten Großmutter zu feiern.
Zur gleichen Zeit ist eine fünfköpfige Frauencrew auf der Ostsee unterwegs, angeblich, um die Quallendichte, die einen Indikator für ein gestörtes ökologisches Gleichgewicht darstellt, zu messen. In Wahrheit sind sie unterwegs zur sagenhaften Stadt Vineta, einem im Meer versunkenen, matriarchalischen Utopia. Im Laufe der Handlung wird klar, daß es sich bei allen fünf Frauen um ehemalige Freundinnen des Erzählers handelt, ein Anzeichen dafür, daß zumindest Teile der Geschichte höchstwahrscheinlich dessen Phantasie entsprungen sind.
Die verschiedenen Erzählebenen werden immer verwirrender, es wird zunehmend schwieriger, zwischen Fiktion und Realität zu unterscheiden. Klar ist nur, daß alle Personen unaufhaltsam auf den \\\"großen Knall\\\"-einer Umschreibung für den Weltuntergang- zusteuern. Diese Tatsache findet auf besonders berührende Weise in dem stets wiederkehrenden Motiv des \\\"Abschiednehmens\\\" Ausdruck.
Die Ratten versuchen die Menschen vor dem drohenden Unheil zu warnen und kommen aus ihren Löchern. Sie werden jedoch mißverstanden. Die Menschen setzen alle Mittel ein, um der vermeintlichen Rattenplage Herr zu werden. Die allgemeine Hysterie gipfelt schließlich in der Zündung einer Atombombe, die die gesamte Menschheit, abgesehen von der noch einige Zeit überlebenden Großmutter Oskars und dem Erzähler in der Raumkapsel, auslöscht.
Nun beginnt das Zeitalter der Ratten. Der Erzähler will diese Tatsache jedoch nicht wahrhaben und klammert sich verzweifelt an seine Träume, in denen das Leben der Menschen weitergeht. Ab diesem Zeitpunkt beginnt sich die Realität endgültig aufzulösen.
Die Ratten haben die einmalige Gelegenheit, noch einmal \\\"bei Null anzufangen\\\", also von keiner verbrecherischen Vergangenheit belastet zu werden. Obwohl die Rättin dem Erzähler gegenüber lautstark das Gegenteil behauptet, scheinen sie die gesamte Geschichte der Menschheit erneut zu durchleben und ihre Chance somit zu verspielen. Zu allem Überfluß legen auch noch gentechnisch veränderte Rattenmenschen an der Küste an, die, als sie noch schwach sind, von den Ratten aus einer gewissen Sehnsucht nach der ausgestorbenen Menschheit geduldet werden. Aber schon bald versklaven die Rattenmenschen die Ratten, werden jedoch nach einiger Zeit besiegt.
In einem abschließenden Gespräch zwischen Rättin und Erzähler wird definitiv alles Vorhergehende in Frage gestellt. Die beiden können sich nämlich nicht einigen, ob nun die Rättin nur ein Traum des Erzählers ist, oder ob dieser-zusammen mit der restlichen Menschheit- lediglich eine Ausgeburt der Phantasie der auf der Erde verbliebenen Ratten darstellt. Am Schluß stehen zaghaftes Hoffen und entschiedener Zukunftspessimismus des Erzählers in einem unentscheidbaren Schwebezustand.
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