Faust - Mephistopheles - Wagner - Schüler - Allerlei Volk beim Osterspaziergang - Frosch, Brander, Sybel, Altmayer (lustige Gesellen in »Auerbachs Keller«) - Hexen, Meerkatzen und Meerkater - Margarethe - Valentin, ihr Bruder - Marthe Schwerdtlein u.a.
Ort und Zeit
In Fausts Studierstube, vor dem Tore der Stadt, Auerbachs Keller in Leipzig, verschiedene Schauplätze in einer deutschen Kleinstadt, am Brocken und anderwärts, 16. Jahrhundert.
Vorspiel auf dem Theater
Direktor, Theaterdichter und Lustige Person diskutieren über den Sinn des Theaterspielens. Während der Direktor nur auf volle Häuser sieht und alles nach dem Erfolg bei der Menge berechnet, bekennt sich der Dichter zu der hohen, göttlichen Poesie, die sich von der Menge eher abgestoßen fühlt. Die Lustige Person gibt praktische Ratschläge, wie man das Publikum am besten unterhalten kann. Goethe nahm die Anregung zu diesem Vorspiel u.a. aus dem indischen Theater, das ihm 1791 durch Forsters Übersetzung der Sakuntala des Kalidasa bekannt geworden war.
Inhalt
Prolog im Himmel: Die drei Erzengel Raphael, Gabriel und Michael rühmen »die unbegreiflich hohen Werke« der Schöpfung Gottes. Mephistopheles, der sich zum Gesinde des Herrn rechnet, ist anderer Meinung. Er sieht nur, »wie sich die Menschen plagen«. Der Herr lenkt das Gespräch auf den Dr. Faust, den er als seinen »Knecht« bezeichnet. Mephistopheles verhöhnt die Leidenschaft, mit der dieser Tor ihm diene und bietet dem Herrn eine Wette an: es würde ihm gelingen, Faust von ihm abzuwenden. Der Herr geht darauf ein, doch nur, solange Faust auf Erden lebe. Mephisto werde am Ende beschämt erkennen müssen: »Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange ist sich des rechten Weges wohl bewußt.« Die Wette wird geschlossen. Der Herr überläßt das Weitere getrost dem »Schalk«, den er in Mephistopheles erblickt. Er hat seinesgleichen nie gehaßt, sondern in seinen Weltplan eingebaut, da der Mensch in seinem Tätigkeitsdrang allzu leicht erschlaffe und des Antreibers bedarf. Der »Prolog im Himmel« hat wesentliche Anregungen durch das 2. Kapitel des Buches Hiob empfangen.
Faust grübelt in seiner Studierstube bei Nacht über den Sinn des Daseins. Die herkömmlichen Wissenschaften (Philosophie, Juristerei, Medizin und auch die Theologie) vermögen ihm nichts mehr zu geben. Nur noch in der Magie sieht er einen Weg, in das Geheimnis der Welt einzudringen. Er schlägt das Zauberbuch des Nostradamus auf und berauscht sich beim Anblick des Zeichens des Makrokosmos an der Harmonie, die das All durchdringt. Doch hofft er sich noch mehr Befriedigung vom Zeichen des Erdgeistes, den er mit geheimnisvollen Formeln beschwört. Der Geist erscheint, jedoch nur, um Faust seine Zwergenhaftigkeit als Mensch gegenüber der Natur und ihren ewig schaffenden Gewalten fühlen zu lassen. Nach einer kurzen Unterbrechung durch seinen Famulus Wagner, »den trocknen Schleicher«, meditiert Faust verzweifelt weiter und nähert sich dem Gedanken einer Erlösung durch den Tod. Doch kaum hat er die kristallene Schale mit Gift an den Mund gesetzt, als Glockenklang und Chorgesang ihm des »Osterfestes erste Feierstunde« künden. Überwältigt von Jugenderinnerungen und dem Auferstehungswunder des Osterfestes, fühlt er sich der Erde neu zurückgegeben. Mit Wagner tritt Faust nun am Ostermorgen einen Spaziergang an vor das Tor der Stadt. Ehrfurchtsvoll begrüßt ihn das Volk, dem er einst in jungen Jahren bei Bekämpfung einer Pestseuche hilfreich zur Seite stand. Der Anblick der untergehenden Sonne ruft in ihm aber aufs neue die metaphysische Sehnsucht wach, und er kommt zu der Selbsterkenntnis: »Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust, die eine will sich von der andern trennen.« Auf dem Heimweg umkreist ihn ein geheimnisvoller, schwarzer Pudel, der ihm in sein Studierzimmer folgt. Beim Versuch, das Neue Testament in sein »geliebtes Deutsch« zu übertragen, stößt er gleich am Anfang des Johannes-Evangeliums auf die unüberwindbare Schwierigkeit der Übersetzung des griechischen Wortes Logos. In seiner landläufigen Bedeutung als »Wort« kann es ihm nicht genügen. So wählt er die Formulierung: »Im Anfang war die Tat!« Doch nun beginnt der Pudel in seinem Zimmer zu randalieren. Er entpuppt sich als Mephistopheles (in der Gestalt eines fahrenden Scholaren). »Ich bin der Geist, der stets verneint«, offenbart er Faust, »ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.« Nachdem Faust in wilden, aufbegehrenden Worten seinen ganzen Unmut über die Last und Qual des irdischen Daseins ausgedrückt hat, wird ein Pakt geschlossen und mit einem Tropfen Blut aus Fausts Arm besiegelt: Mephistopheles verbindet sich auf Erden ganz zu Fausts Diensten. Dafür erhebt Mephisto Anspruch auf ihn, wenn sie sich »drüben« wiederfinden. Entscheidend soll sein, ob Faust jemals durch die Erfüllung seiner Wünsche befriedigt werden kann, so daß er zum Augenblicke sagen möchte: »Verweile doch! du bist so schön!« Dann möge die Totenglocke schallen, und dann soll Mephisto seines Dienstes ledig sein. Ehe sie nun ihre Reise in die Welt antreten, fertigt Mephistopheles einen Schüler ab, den er auf diabolische Weise in die Wissenschaften einführt. Mit einer derben Szene bei einer »Zeche lustiger Gesellen« in Auerbachs Keller in Leipzig beginnt dann Fausts »neuer Lebenslauf«. Dann schleppt Mephisto Faust in die Hexenküche, wo es unter Geschrei von Meerkatzen und -katern toll hergeht, wo Faust aber auch in einem Spiegel das himmlische Bild eines Weibes sieht, für das er sofort leidenschaftlich entflammt ist. Die Hexe muß ihm einen Verjüngungstrank reichen, der aus dem Professor der Philosophie einen verliebten Jüngling machen soll. Mit diesem Trank im Leibe wird er (wie Mephisto prophezeit) bald »Helenen in jedem Weibe« sehen. Das unschuldige Geschöpf, an dem sich Fausts Liebessehnen in tragischer Weise erfüllen soll, ist Gretchen. Er begegnet ihr - sie kommt von der Beichte - und spricht sie sofort in stürmischer Werbung an. Mephisto kann nicht schnell genug Geschmeide herbeischaffen, mit dem das arme Kind betört werden soll. Im Haus und Garten der kupplerischen Nachbarin, Marthe Schwerdtlein, vollzieht sich das Weitere. Es kommt zum rührenden Geständnis des zum ersten Liebeserleben erwachten Mädchens. Ahnend sieht sie in Mephisto den >bösen Geist<, der zwischen ihr und ihrer Liebe steht, und ihr gläubiges Gemüt ist in tiefer Sorge um die Stellung des Geliebten zur Religion, die auch durch das berühmte (pantheistische) Glaubensbekenntnis Fausts nicht behoben werden kann. Nachdem Gretchen Faust in ihre Kammer eingelassen hat, während ihre Mutter durch einen Trank, den ihr Faust gab, in tiefen Schlaf versetzt wurde, ist die tragische Entwicklung nicht mehr aufzuhalten. Valentin, Gretchens Bruder, stellt Faust zum Zweikampf und kommt zu Tode, da Mephisto seine Hand erlahmen ließ. Vergeblich betet Gretchen, die ein Kind unterm Herzen trägt, vor dem Bild der Mater dolorosa (»Ach neige, Du Schmerzenreiche, Dein Antlitz gnädig meiner Not!«). Faust wird zur Ablenkung von Mephisto zu dem großen Hexensabbat der Walpurgisnacht auf den Blocksberg geführt, wo die beiden im Aufstieg auf den Brocken in den tollen Strudel der entfesselten Dämonenwelt hineingezogen werden. An Gretchen hat sich inzwischen das unabwendbare, bittere Schicksal vollzogen: ihre Mutter starb an dem Trank, ihr Bruder ist tot, das Kindlein, das sie zur Welt brachte, ertränkte sie. So findet Faust nur noch eine Wahnsinnige im Kerker, deren Verbrechen »ein guter Wahn« war und bei deren Anblick Faust »der Menschheit ganzer Jammer« anpackt. Vergeblich versucht Faust, Gretchen aus dem Gefängnis zu retten. Ihr Geist ist verwirrt. Der Anblick Mephistos reißt sie jedoch zu letzter Klarheit empor. Sie befiehlt sich reuig der Gnade Gottes an. Es graut ihr selbst vor Faust. »Sie ist gerichtet!« ruft Mephisto. Doch aus der Höhe erklingt eine Stimme: »Ist gerettet!« Mephisto reißt Faust mit sich davon.
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