Schweizer Schriftsteller; Dr. phil. h.c. geb. 15.
Mai 1911 in Zürich gest. 4. April 1991 in Zürich Max Frisch wurde am 15. Mai 1911 in Zürich als Sohn eines Architekten geboren. Nach dem Kantonalen Realgymnasium in Zürich studierte er 1930-33 Germanistik an der Universität Zürich. Aus finanziellen Gründen brach er dieses Studium nach dem Tode seines Vaters 1933 ab.
Später, von 1936-41, studierte er Architektur an der ETH Zürich. Geschrieben hatte Frisch schon als Schüler, ein erster Roman, \"Jürg Reinhart\", war 1934 entstanden. 1937 verbrannte er, entschlossen mit eigener Literatur aufzuhören, alle bis dahin entstandenen Manuskripte. Ab 1931 als freier Journalist tätig, verfasste Frisch vor allem für die \"Neue Züricher Zeitung\" Berichte über Reisen durch Deutschland, die Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien, die Türkei, Griechenland und Italien. 1942 eröffnete der diplomierte Architekt Frisch ein Büro in Zürich und gewann im selben Jahr den ersten Preis in einem städtischen Wettbewerb um eine große Freibadanlage \"Letzigraben\" in Zürich. Das Schreiben hatte der Architekt Frisch nicht aufgegeben und als Autor in den 50er Jahren bereits soviel Beachtung gefunden, dass er 1955 sein Architektenbüro auflösen und als freier Schriftsteller leben konnte.
Seinen Durchbruch schaffte er mit der Veröffentlichung des Romans \"Stiller\" im Jahre 1954. Sein Prosa-werk - Romane, Tagebücher und Erzählungen - war auch für ein junges Publikum attraktiv, \"Stiller\", \"Homo faber\" und \"Mein Name sei Ganten-bein\" fanden nicht nur beim Publikum, sondern ebenso in der Forschung nachhaltig Resonanz. Die Theaterstücke \"Biedermann und die Brandstifter\" und \"Andorra\" zählten zu den meistgespielten deutschsprachigen Dramen dieses Jahrhunderts. In den 60er Jahren, als Frischs Ruhm überwältigend war, fehlte nur noch Amerika; aber in den USA, wo sein Freund und Konkurrent Dürrenmatt Erfolg hatte, fiel Frisch durch. \"Ein brüderliches Genie\" nannte Joachim Kaiser den großen Schweizer Schriftsteller, der die Sorgen und Ängste aller wachen Zeitgenossen mitempfand, und als Autor in die Gültigkeit kleiner und großer Meisterwerke umzusetzen wusste. \"Umkreist und entfaltet war in seinen Dramen und Romanen stets die Identitäts- Problematik, das seiner selbst nicht mächtige Ich, das im Verhältnis zum Gegebenen - der Heimat, dem \"anderen Geschlecht\" - Befremdung wahrnahm, Distanz gewann und sich in aufregenden Fragen und bohrenden Antworten bekundete.
\" \"Ich schreibe, um zu bestehen\", lautete ein Bekenntnis dieser unbestechlichen Autorenpersönlichkeit, die auf eine Erklärung für die immensen Erfolge angesprochen, darauf verwies, dass die meisten Sachen, die er gemacht habe, mit einer eigenen Betroffenheit verbunden waren - wie in \"Montauk\" zum Beispiel, der sehr eng am eigenen Leben und am Zeugnis der Epoche geführten Erzählung. Sie war als Abschluss geplant, als ein \"Vermächtnis\", wie Frisch sagte, in einer Gemütsverfassung der Versöhnlichkeit und Angstfreiheit geschrieben. Er schuf dennoch eine späte Prosa wie \"Der Mensch erscheint am Holozän\", Bericht aus der schwindenden Welt eines Vereinsamten und Sterbenden, von der Sprache wie vom Aufbau her, so François Bondy, \"sein kühnstes Werk und nicht eine Koda.\" Das neue Theater deutscher Sprache war ohne Frisch und Dürrenmatt nicht zu denken. Deutsche Emigranten wie Kurt Hirschfeld und Kurt Horwitz hatten den jungen Schweizer Autoren einst Förderungen, Ermutigung und einen Raum gegeben. So war es Hirschfeld - später Direktor des Züricher Schauspielhauses - der den Erzähler Frisch aufforderte, es mit der Bühne zu versuchen.
Und das Züricher Schauspielhaus der Emigrationszeit und der ersten Nachkriegsjahre hat ihm, so bekundete Frisch, die Schweiz heimatlicher gemacht. Oft hob der Dramatiker Frisch diese Bereicherung und die Dankesschuld gegenüber den Verfremdeten und im Land des Asyls Bedrängten hervor - bei der Feier für den verstorbenen Hirschfeld ebenso wie bei der Entgegennahme des Büchnerpreises 1958. Theater schien ihm später kein produktiver Weg mehr, sondern Sackgasse. \"Triptychon\" (1979 als Hörspiel von Walter Adler inszeniert), das zunächst nicht freigegebene Bühnenwerk, war die vorletzte Premiere eines Frisch - Theaterstückes; die letzte Uraufführung fand im Oktober 1989 in Zürich statt: Seine Streitschrift \"Schweiz ohne Armee? Ein Palaver\" hatte Frisch unter dem Titel \"Jonas und sein Veteran für die Bühne umgearbeitet. In die Politik hatte sich Frisch nach 1945 oft eingemischt, von Selbstzweifeln war sein Engagement dabei nicht frei. Die fragende und kritische Haltung, die seine Literatur kennzeichnete, war auch der Gestus seiner Reden, Kommentare und Wortmeldungen.
Gewissheiten verkündete er keine. Das Verhältnis zwischen ihm, der - so Joachim Kaiser - \"dem Systemzwang ferner als andere Dichter unserer Zeit\" stand, und einem großen Teil der Schweiz war nicht zuletzt deshalb ein eigentümliches geblieben. Dieses Verhältnis war nicht selten von besonderer Empfindlichkeit und Verletztheit beider Seiten gekennzeichnet. Dass sich das Urteil des Unangepassten verschärft hatte, machte u.a. der Vergleich über die Bücher der Dienstzeit \"Blätter aus dem Brotsack\" (70) und \"Dienstbüchlein\" (74) offenbar.
Ermutiger, Vorläufer und Freund den ei-nen, blieb der Kritiker der \"real existierenden Demokratie\" den anderen immer ein \"unsicherer Kantonist\". Seine Veröffentlichung \"Schweiz ohne Armee? Ein Palaver,\" 1989 vor den Festlichkeiten zum 50. Jahrestag der Mobilmachung und der Volksbefragung über die Abschaffung der Armee erschienen, war ihnen noch einmal Beleg dafür. An den 700-Jahrfeierlichkeiten seines Landes 1991 nahm Frisch nicht teil und verwies zur Begründung seiner Verweigerung auf die Tatsache, dass er 43 Jahre lang vom Schweizer Staatsschutz observiert worden sei. Die letzten Jahre lebte Frisch, der an einem schmerzhaften Krebsleiden erkrankt war, zurückgezogen in Berzona im Tessin. Er nahm 1989/90 noch zustimmend an der Verfilmung seines Romans \"Homo faber\" durch Volker Schlöndorff teil (Kinostart 1991) und wertete als eine seiner letzten Arbeiten voller Zorn seine Staatsschutzakten aus.
Im Winter 1990, nach dem Abschied von Berzona, hatten Frischs Kräfte nachgelassen. Der Tumor, an dem er erkrankt war, nahm rasch an Bedrohlichkeit zu, immer weniger klare Momente waren ihm zuletzt vergönnt. Was seine nahen Freunde und Angehörigen seit langem schmerzlich erwarteten, wusste auch Frisch nur zu genau: dass er seinen 80. Geburtstag am 15. Mai 1991 nicht mehr erleben würde. Frischs Werke wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.
a. dem Georg- Büchner-Preis 1958, dem Literaturpreis der Stadt Jerusalem, dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und dem Heine-Preis 1989. Ebenso wurden ihm mehrere Ehrendoktortitel verliehen. 1980 wurde die Max-Frisch-Stiftung in Zürich ins Leben gerufen. Am 4. April 1991 starb Frisch \"ruhig in seiner Wohnung\" in Zürich, wie sein Sohn Peter mitteilte.
Bis in die letzten Stunden seines Lebens sei er oft sehr heiter gewesen, ließ sein enger Freund, Michel Seigner, wissen. \"Jetzt müend d \' Lüt sälber für sich luege\" war nach Seigner die letzte Frisch-Äußerung. Aus der 1959 geschiedenen Ehe mit Gertrud von Meyenburg hatte Frisch 3 Kinder. 1969-79 war er mit Marianne Oehlers verheiratet. Seine letzte Le-bensgefährtin hatte er in Karin Pilliod gefunden. Letzte Adresse: CH- Berzona/Valle Onsernone/Tessin
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