Der mir vorliegende Text ist die 2.Szene des 5. Aktes im Drama "Götz von Berlichingen", welches 1771 von Johann Wolfgang von Goethe verfasst wurde. Johann Wolfgang von Goethe lebte von 1749 (geb. in Frankfurt) bis 1832 (gest. in Weimar). Er nahm 1765 das vom Vater bestimmte Jurastudium an der Universität Leipzig auf, wobei er auf die im Götz aufgegriffene Thematik des Selbsthelfers aufmerksam wurde. Außerdem widmete er sich vermutlich auch diesem Thema, weil es Parallelen zwischen seinem Leben und dem des Götz gab. Sowohl Götz, als auch Goethe kritisierten einige Missstände ihrer Zeit.
In dem Drama "Götz von Berlichingen" geht es um den Raubritter Götz, der gegen die Fürsten und für den Kaiser (eine möglichst starke Zentralgewalt) und Freiheit und Gerechtigkeit kämpft.
Einordnen lässt sich das Schauspiel in die Zeit des Sturm und Drangs, was man unter Anderem an dem Selbsthelfer Götz, aber auch an den Maßnahmen der Bauern gegen die Fürsten erkennen kann. Die Menschen drängen nach Freiheit und Gerechtigkeit.
Der Text wird von einem Dialog eingeleitet, welcher dann, als Götz, Lerse und Georg hinzukommen in ein komplexeres Gespräch übergeht. In dem Dialog zwischen Max Stumpf und Kohl sagt Max Stumpf sich davon frei, Hauptmann der rebellischen Bauern zu werden, weshalb Götz im weiteren Gespräch überzeugt werden soll, sich als Hauptmann zur Verfügung zu stellen. Nachdem Götz und Kohl, Wild und Max Stumpf per Handschlag besiegelt haben, dass Götz Hauptmann wird, gehen Götz, Stumpf, Georg, Lerse und einige Bauern ab. Metzler und Link kommen hinzu und vertreten in einem weiteren Gespräch ganz klar den Standpunkt, dass sie sich an ihren Feinden rächen wollen.
Stilistisch auffällig ist die häufige Verwendung von Ellipsen und Parataxen.
Um auf die Rolle der Szene im ganzen Drama einzugehen, möchte ich auf die Dramentheorie verweisen. Wenn man sich nach dieser Theorie richtet, befindet sich im 5. Akt die Lösung der vorhergehenden Konflikte. Dies endet entweder im Untergang des Helden, wie auch im "Götz von Berlichingen" oder aber in einer positiven Auflösung des Konflikts. Diese 2. Szene verschärft den Konflikt noch einmal, da Götz sich wiederum in Schwierigkeiten bringt, wodurch die Spannung noch einmal gesteigert wird. Ein ganz eindeutig tragischer Aspekt ist jedoch das Ende. Götz stirbt in der letzten Szene des 5. Aktes.
Die rebellischen Bauern wollen Götz zum Hauptmann machen, um gezielt ihre Interessen gegen die Fürsten durchzusetzen.
Wie man schon in vorhergehenden Szenen erfährt, wollen sich die Bauern gegen die Ungerechtigkeiten zu dieser Zeit, speziell gegen die Fürsten, wehren. Sie plündern, zerstören und morden, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und zu zeigen, dass sie mit ihrer Situation nicht zufrieden sind. Sie wollen weniger Steuern zahlen und keine Abgaben mehr leisten müssen. So streben sie also eine starke Zentralgewalt an und erhoffen sich dadurch mehr Freiheit und Rechte. Jedoch sehen sie ein, dass der gewaltsame Weg ohne Rücksicht auf Verluste der falsche Weg ist, was Wild mit der Aussage bekräftigt, dass "alles was geschehen ist, in der ersten Hitz geschehen ist". So entscheiden sie sich also dafür, jemanden zum Hauptmann zu ernennen. Sie schlagen Max Stumpf und Götz vor. Max Stumpf sagt sich jedoch sofort davon frei, mit der Begründung, "er wäre Pfalzgräfischer Diener und alle anderen würden wähnen, er täte nicht von Herzen". Diese Aussage kann man aus verschiedenen Sichten betrachten. Einerseits könnte es sein, dass es genau so ist, wie er es sagt. Er ist also Pfalzgräfischer Diener und so würde er Hauptmann eines Haufens rebellischer Bauern sein, die gegen seinen eigenen Pfalzgrafen kämpfen. Andererseits könnte man es auch als feige einschätzen. Er will auch unbedingt sein Ziel erreichen, hat aber Angst, man könne ihn später als Hauptmann zur Rechenschaft ziehen und lehnt das Amt deshalb ab. So fällt die Wahl also auf Götz, der zunächst skeptisch reagiert. Da die Bauern schnellstmöglich ihre Interessen durchsetzen wollen, drängen sie Götz, sich bei seiner Entscheidung zu beeilen.
Die häufig vorkommenden Ellipsen, wie z.B. "Meinetwegen.", "Nun ja!" und "Eure Hand." weisen auch noch einmal daraufhin, dass die Bauern es sehr eilig haben.
Wörtlich sagt Kohl, dass sie "nicht Sattelhenkens Zeit haben", was zu dieser Zeit ein Ausdruck dafür war, dass keine Zeit zum Rasten vorhanden ist. Die Bauern wollen Götz unbedingt zum Hauptmann, weil er in dem was er tut sehr konsequent und zielgerichtet vorgeht. Wie wichtig es ihnen ist, kann man der Drohung Kohls entnehmen: "Götz, sei unser Hauptmann oder sieh zu deinem Schloss und deiner Haut!" Natürlich erkennt man auch daran, wie aufgebracht die Bauern sind und wie gewalttätig sie sein können. So sind auch die Bauern als Selbsthelfer zu sehen, da sie Gesetze brechen, die Handlungen aber durch den Grund (die damaligen Lebensverhältnisse) legitimiert werden.
Metzler und Link unterscheiden sich von den anderen Bauern, da sie die Kämpfe blutig fortführen wollen.
Nachdem sie dazukommen, machen sie sofort ihren Standpunkt offensichtlich. Link findet es "schändlich einen solchen Vertrag zu schließen". Sie wollen weiterhin "Leute aufhetzen" und "Miltenberg anzünden". Ganz offensichtlich sind die Namen der beiden ganz passend als sprechende Namen zu sehen. Metzler , abgeleitet von metzeln, steht für das Schlachten und blutige Morden, was die Beiden weiterhin durchführen wollen. Der Name Link könnte hier für hinterhältig stehen. So werden die Beiden also schon durch ihre Namen charakterisiert. Ihre Handlungen und Aussagen verdeutlichen den negativen Eindruck, den die Beiden erwecken außerdem noch. Ganz offensichtlich wollen sie auch nichts mit Götz zu tun haben und stehen auch den Anderen (Wild, Kohl u.s.w.) nicht positiv gegenüber. Genauso scheinen Wild, Kohl u.s.w. etwas gegen Metzler und Link zu haben bzw. gegen ihre Art ihre Ziele durchsetzen zu wollen. Dies macht Kohl klar, indem er Metzler mit einem "Vieh" vergleicht. Metzler droht sogar damit, "den Verträgern den Kopf abzuschlagen".
Götz ist kaisertreu, handelt jedoch trotzdem gegen den Kaiser.
Götz steht dem Vertrag anfangs eher skeptisch gegenüber. Er fragt, ob er "sein ritterlich Wort dem Kaiser brechen und aus seinem Bann gehen soll". Der Kaiser hat die Reichsacht über ihn verhängt. Der Bann ist anders gesagt eine auferlegte Pflicht, die unter Anderem besagt, dass er nicht mehr kämpfen und keine Gruppen mehr anführen darf. Er will dem Kaiser nicht die Treue brechen und damit auch nicht Hauptmann sein. Andererseits weiß er, dass es wohl auch für den Kaiser von Vorteil wäre, würde er die Truppen führen und Ordnung in das "Chaos" bringen. Natürlich bringt er sich hier erneut in Schwierigkeiten. Auch wenn Götz Raubritter ist, will er dem Land auf keinen Fall Schaden zufügen. Dies macht er ganz deutlicht indem er sagt, dass "man ihn erschlagen sollte wie einen wütigen Hund", wenn er mit daran Schuld wäre, dass das "Land brennt und blutet". Da ein Land natürlich nicht bluten kann, ist dies als Personifikation zu sehen. Gemeint sind damit die vielen Opfer, die durch solche Taten umkommen bzw. die Leichen, die überall liegen. Der schauerliche Anblick dieser blutverströmenden Menschen wird durch diese Personifikation hervorgehoben und veranschaulicht. Götz möchte daran also keine Schuld haben und vergleicht die Weise, wie man mit ihm dann verfahren sollte damit, wie man einen wütigen Hund bestraft. Auch dies zeigt genau seine Stellung gegenüber Gewalt. Er ist zwar Raubritter, aber er steht Gewalt, die an unschuldigen Bauern ausgeübt wird, verachtend gegenüber. Schließlich geht Götz trotzdem auf das Angebot ein und schließt mit Wild, Kohl und Stumpf einen Vertrag ab. Er stellt aber die Bedingung, dass sie "von allen Übeltaten abstehen sollen und als wackere Leute handeln sollen, die wissen, was sie wollen". Dieses Handeln passt genau in das Prinzip des Selbsthelfers. Er bricht Gesetze, aber legitimiert seine Handlungen, indem er, wie hier, sich von jeglicher Gewalt gegenüber Unschuldigen entfernt.
Ich denke, dass einige Aspekte in diesem Drama auch heute noch aktuell sind. Denn auch heute müssen wir noch für Gerechtigkeit kämpfen. Ob zu Götzens Zeit, zu Goethes oder auch heutzutage; es wird immer Menschen geben, die meinen, sich an die Spitze eines Staates stellen zu müssen und das Recht zu haben, über Andere regieren zu können. Es sollte viel mehr Menschen geben, die handeln wie Götz und sich als Selbsthelfer betätigen. Natürlich ist es gegen das Gesetz, aber viele Gesetze sind veraltet oder wurden beschlossen, um den Politikern das Leben einfacher zu gestalten. Wenn ich mal Deutschland außen vor lasse: Wo bleibt denn die Gerechtigkeit, wenn ein Präsident an die Macht kommt, der nie gewählt wurde? Hier ist Amerika das beste Beispiel! Versprechen machen kann jeder, aber diese dann auch einhalten, das tun die Wenigsten. Heute hat der Staat aus Aufständen und Revolutionen in der Vergangenheit gelernt und es ist nicht mehr so leicht, als Selbsthelfer zu agieren. Es wäre ja auch "ungerecht" den reichen Menschen gegenüber... Solche Menschen, die wirklich alles für ihre Freiheit, ihre Familie und für die Gerechtigkeit tun, die werden bestraft, weil sie Gesetze brechen. Betrunkene, die ein Kind sexuell missbrauchen, werden nicht bestraft, weil sie als unzurechnungsfähig gelten.
Wo bleibt da die Gerechtigkeit???
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