1Der burgundische Hof in Worms am Rhein wird vorgestellt: die drei Könige Gunther, Gernot und Giselher, ihre Schwester, die ungewöhnlich schöne Kriemhild, und die Königsmutter Ute. Die Hofhaltung repräsentieren Hagen von Tronje, die Markgrafen Gere und Eckewart, der Spielmann Volker von Alzey und die Inhaber der Hofämter: Dankwart (Marschall, Bruder Hagens), Ortwin von Metz (Truchseß), Sinold (Mundschenk), Hunold (Kämmerer) und Rumold (Küchenmeister).-Kriemhild hat einen Traum: Zwei Adler schlagen und zerreißen einen von ihr abgerichteten Falken. Die Mutter deutet den Falken als einen Edelmann, den Kriemhild nach kurzer Zeit verlieren werde. Daraufhin weist diese jeden Gedanken an die Liebe zu einem Mann von sich.
2Wechsel des Schauplatzes. In Xanten am Niederrhein lebt Siegfried, den seine königlichen Eltern Siegmund und Sieglinde sorgfältig zu einem vorbildlich tüchtigen Mann und küftigen Landesherrn erziehen und der beim prächtigen Fest der Schwertleite zusammen mit 400 Knappen Ritter wird.
3Siegfried hört von Kriemhilds großer Schönheit und beschließt, mit elf Begleitern nach Worms zu reiten und um sie zu werben, und wenn dies im guten nicht gelingen sollte, seine Absicht gewaltsam durchzusetzen. Am Wormser Hof erkennt nur Hagen den fremden Gast. Er schildert seinen Königen kurz die Taten, die Siegfried bekannt gemacht haben: die Erwerbung des Nibelungenschwertes Balmung, des unermeßlichen Schatzes und der Tarnkappe, den Sieg über die Nibelungen und über Alberich, den erfolgreichen Drachenkampf und die Unverwundbarkeit nach dem Bad im Drachenblut. Beim Empfang am Wormser Hof begründet Siegfried seine Reise keineswegs mit der Absicht, um Kriemhilds Hand zu bitten, sondern mit einer an Gunther gerichteten kühnen Herausforderung zum Kampf, in dem Besitz und Länder des Unterlegenen dem Sieger anheimfallen sollen. Doch so weit kommt es nicht. Gernot gelingt es, den ungestümen Siegfried zu besänftigen, der inzwischen wieder an Kriemhild denkt und sich gern als Gast am Wormser Hof aufnehmen läßt, wo er zunächst ein Jahr bleibt, allerdings ohne Kriemhild zu sehen.
4Liudeger von Sachsen und Liudegast von Dänemark senden Boten nach Worms und erklären Gunther den Krieg. Siegfried ist zur Hilfe bereit: Mit einem burgundischen Aufgebot von 1000 Mann reitet er 40000 Sachsen und 20000 Dänen entgegen. Gunther bleibt am Hof zurück.- Im Laufe der Schlacht nimmt Siegfried die beiden feindlichen Könige gefangen; Gernot, Sinold, Hunold, Hagen, Volker, Dankwart und Ortwin zeichnen sich im Kampfe aus. Gernot sendet einen Boten mit einer Siegesmeldung nach Worms, den Kriemhild besonders interessiert nach den Taten Siegfrieds befragt und für diese Auskünfte reichlich belohnt Nach der Heimkehr kostet es Gunther wenig Mühe, Siegfried zum witeren Aufenthalt in Worms zu bewegen.
So beginnt das Nibelungenlied, der bedeutendste mittelhochdeutsche Heldengesang. Er entstand aus verschiedenen, in den germanischen Stämmen, besonders burgundischen und fränkischen, gesondert entwickelten Sagenkreisen, die mündlich überliefert wurden. Das Nibelungenlied ist das Ergebnis einer langen Entwicklung, in der geschichtliche Ereignisse sagenhaft verherrlicht werden. Die überlieferte, verbindliche Fassung ist das Werk eines oberdeutschen (österreichischen) Geistlichen. Er bearbeitete die alte, während der Völkerwanderungszeit (viertes bis sechstes Jahrhundert) spielende Heldendichtung im Sinne der zeitgenössischen höfischen Dichtung. Entstanden ist das Nibelungenlied wahrscheinlich zwischen 1198 und 1204, vermutlich im Umkreis des Bischofs Wolfger in Passau an der Donau. Das Lied besteht aus 39 Abschnitten („Aventiuren“) und ist in etwa 2400 Nibelungenstrophen, vier paarweise reimenden Langzeilen, wobei die letzte Halbzeile überlängt ist, abgefaßt.
Nibelungen (nach dem König Nibelung, „Sohn des Dunkels“; zusammenhängend mit Nebel): In der deutschen Sage Bezeichnung für ein von einem bösen Geist besessenes Zwergengeschlecht. Die Nibelungen sind die Besitzer großer Reichtümer, das heißt eines großen Goldhortes, des Nibelungenhortes, an den ein Fluch gekettet ist. Diesen Schatz behütet der mächtige Zwerg Alberich. Siegfried besiegt das elbische Zwergengeschlecht: Er tötet die Könige Nibelung und Schildung und überwindet Alberich. Die Bezeichnung Nibelungen übernimmt er für sich und seine Mannen. Nach dem Tod Siegfrieds geht die Bezeichnung auf die Burgunderkönige über.
Inhalt: Der junge Siegfried besteht während seiner Jugend viele gewagte Unternehmungen. Er besiegt einen Lindwurm (Drachen), in dessen Blut er sich badet. Das Blut verleiht ihm eine Hornhaut, durch die er bis auf eine Stelle zwischen den Schulterblättern, auf die während des Bades ein Blatt fällt, unverwundbar ist. Der edle Recke, der auch den Nibelungenhort erworben hat, wirbt um Kriemhild, Tochter Utes und Schwester der Burgunderkönige Gunther, Gernot und Giselher. Er erhält sie erst, nachdem er die jungfräuliche Brünhild, die Königin Islands, mit Hilfe der Tarnkappe, die er vom Nibelungenkönig Alberich gewann, an Stelle Gunthers in Kampfspielen besiegt und Gunthtr zur Frau erworben hat. Siegfried plaudert aber das Geheimnis an Kriemhild aus. Als Brünhild im Streit mit Kriemhild von ihr erfährt, daß nicht Gunther, sondern Siegfried sie im Kampf und im Schlafgemach bezwungen habe, veranlaßt sie Hagen von Tronje, Siegfried auf einer Jagd hinterhältig zu ermorden. Kriemhild ist untröstlich; Hagen nimmt ihr auch noch den Nibelungenhort, um ihn für König Gunther im Rhein zu versenken, damit der Witwe die Mittel für eine Rache genommen werden. Als später der Hunnenkönig Etzel um die rachebesessene Kriemhild wirbt, willigt sie in die Heirat ein. Sie lädt ihre Brüder zu einem Fest nach Ungarn ein. Ihr einziger Gedanke dabei ist die Rache an Hagen und an den Burgundern. Kriemhild fordert die Auslieferung Hagens, die ihr die Burgunder verweigern. Von Kriemhild angestachelt, kommt es zu einem hinterhältigen Überfall der Hunnen, der in einem Blutbad endet und bei dem auf beiden Seiten alle bis auf Gunther und Hagen fallen, die durch Dietrich von Bern gefangengenommen werden. Kriemhild, die sich nur für den Verbleib des Nibelungenhorts innert, wird seine Herausgabe verweigert; deshalb läßt sie erst Gunther enthaupten, dann schlägt sie selbst Hagen den Kopf ab. Voll Zorn tötet sie der alte Hildebrand, Dietrich von Berns Waffenmeister.
Aufbau und Stoffgeschichte: Der Verfasser des Nibelungenliedes ist bestrebt, für keine der handelnden Personen Partei zu ergreifen; er will das Schicksalhafte der Geschehnisse hervorheben. Zwar fehlen in der blutrünstigen Geschichte auch die höfischen Züge nicht: Kriemhild und Siegfried entsprechen ganz dem liebenden Paar der höfischen Dichtung, Siegfried ist der vollkommene Ritter, am Wormser und am Hof Etzels geht es recht gesittet zu und zur weltlichen „hövescheit“ kommt die geistliche: Bevor das Gemetzel am Hof beginnt, begeben sich Burgunder und Hunnen zum gemeinsamen Kirchengang. Doch letztlich ist all das nur Vorwand: Mord, Rache, Haß, Hinterlist und heidnischer Schicksalsglaube bestimmen das Denken und das Handeln der Menschen. Keiner der Helden stirbt „christlich“ im Gedanken an Gott oder an ein Jenseits. So schwach war die Grundlage, auf der das Gebäude der vorbildlichen höfischen Welt ruhte.
Das Nibelungenlied besteht aus zwei ursprünglich getrennten Hauptteilen:
1. den Heldentaten des jungen Siegfried, seiner Werbung um Kriemhild und seinen Tod (Siegfriedlied) und
2. Kriemhilds Vermählung mit Etzel, ihrer Rache und dem Untergang der Burgunder am Hof König Etzels (Burgunderlied).
Dem zweiten Teil liegen geschichtliche Tatsachen zu Grunde: die Vernichtung des burgundischen Reiches am Rhein durch die Hunnen im Jahr 436, an der Attila aber – im Gegensatz zum Nibelungenlied – nicht beteiligt war; der Tod Attilas im Jahr 453 in der Nacht seiner Hochzeit mit Ildiko, einer Germanin; und die Vernichtung des zweiten Burgunderreiches durch die Franken im Jahr 538. Ursprünglich rächte Kriemhild den Tod ihrer Brüder an König Etzel (älteres Atlilied), der diese aus Gier nach dem Goldschatz der Nibelungen hinterlistig an seinen Hof gelockt hatte. Für den ersten Teil, die Siegfried-Brünhild-Handlung, sind geschichtliche Ereignisse, wenn überhaupt, weitaus schwieriger nachzuweisen. Dafür werden von der Forschung der Urform entsprechende, sagenhafte und märchenhafte Züge neben der Heldensage geltend gemacht. In einigen Handschriften ist dem Nibelungenlied die Klage angefügt, in der in vierhebigen Reimpaaren hauptsächlich die Totenklage über die gefallenen Helden des Nibelungenliedes enthalten ist.
Die Wiederentdeckung des mit dem Beginn der Neuzeit vergessenen Nibelungenliedes ist unter anderen Johann Jakob Bodmer zu verdanken, der es 1757 teilweise wieder herausgab. Durch die Romantik und ihre Verklärung des Mittelalters nahm die Begeisterung für den Stoff zu. In der Folgezeit wurde die hochmittelalterliche Dichtung im Sinne eines sagenhaften Volkstumsbegriffs verstanden und unter dem Nationalsozialismus zum Hohelied der bedingungslosen Gefolgschaftstreue zu einem Führer gebraucht.
Die drei wichtigsten Handschriften sind:
A aus Hohenems, jetzt in München, die kürzeste (2316 Strophen),
B in Sankt Gallen, die volkstümlichste und der Urschrift am nächsten stehende Handschrift, 2376 Strophen, und
C, ebenfalls aus Hohenems, jetzt Donaueschingen, die sorgfältigste, längste (2442 Strophen) und am meisten höfisch umgestaltete Fassung.
Alle drei Handschriften stammen aus der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts.
Neuere Behandlungen des Stoffes stammen von Friedrich Hebbel (dreiteiliges Trauerspiel „Die Nibelungen“ von 1862), von Paul Ernst, von Emanuel Geibel, von Wilhelm Jordan, von Max Mell, von Friedrich Heinrich Karl Baron de la Motte Fouqué, von Ernst Raupach und von Hans Sachs. – Richard Wagner schuf das vierteilige tonkünstlerische Bühnenfestspiel „Der Ring des Nibelungen“ (Uraufführung 1876).
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Gestalten im »Nibelungenlied«
Blödelin | Brünhild | Dankwart | Dietrich von Bern | Etzel | Gernot | Giselher | Gunther | Hagen von Tronje | Hildebrand | Kriemhild | Rüdiger von Bechelaren | Siegfried | Ute | Volker von Alzei
Blödelin
der Hunnenkönig Bleda (gotisch „Blödel“; † [ermordet] 445) im „Nibelungenlied“.
Blödelin, Bruder Etzels, wird während seines Überfalls auf das burgundische Hofgesinde von Dankwart enthauptet.
In Wirklichkeit wurde Bleda nicht von einem Burgunder erschlagen; sein älterer Bruder Attila (Etzel) ließ ihn um 445 ermorden, um sich dadurch die Alleinherrschaft über die Hunnen zu sichern.
Brünhild
(von althochdeutsch brunna = „Brustharnisch“, „Panzer“ und von althochdeutsch hild, hiltja = „Kampf“); Brunhild, Brunhilde, Brünhilde, nordisch Brynhildr, Brynhild.
Brünhild ist in der nordischen und in der deutschen Sage eine Frau mit zauberischen, riesenhaften Kräften, die nur durch übermenschliche Taten bezwungen werden kann.
Zur ältesten Schicht des Stoffes scheint die Werbung um die Königin Islands, Brünhild, durch Siegfried im Auftrag Gunthers zu gehören. Dabei schließt Siegfried stellvertretend für Gunther die Ehe mit ihr (Beilager mit Schwert, das zwischen ihnen liegt). Die Teilnahme Gunthers an der Werbungsfahrt, die Freierprobe (Flammenritt und Kampfspiele) und der Werbungsbetrug (Gestaltentausch und Tarnkappe) sind wahrscheinlich erst jüngere Entwicklungen, die in Deutschland („Nibelungenlied“) und im Norden (eddische Sigurddichtung, „Völsungasaga“ und „Thidrekssaga“) unterschiedlich gestaltet wurden. Nach diesen Überlieferungen kann Gunther die von Brünhild aufgegebenen Kraftproben nicht lösen. Siegfried muß nicht nur dort für Gunther einspringen; er muß Brünhild auch in der Brautnacht bezwingen. Im „Nibelungenlied“ nimmt Siegfried ihr im Schutz der Tarnkappe Ring und Gürtel und bricht dadurch Brünhilds übermenschliche Kraft.
Brünhild nimmt sich das Leben, nachdem Hagen in ihrem Auftrag Siegfried ermordet hat.
Im Norden erscheint Brynhildr als Walküre („Sigrdrifa“), die von Odin zur Strafe für Ungehorsam mit dem Schlafdorn gestochen wird, der sie in einen Zauberschlaf versetzt. Sie ruht hinter der Waberlohe (Flammenwall), bis sie von Sigurd (Siegfried) befreit (geweckt) wird. Bei den Burgundern vergißt Sigurd Brynhildr durch einen Zauber und begegnet ihr, inzwischen mit Kriemhild verheiratet, erst wieder als Werber für Gunther. Diesen Gedanken griff Richard Wagner im Bühnenwerk „Der Ring des Nibelungen“ auf.
Brünhild kann nur als Sagengestalt gewertet werden und hat keine geschichtlichen „Paten“: Island wurde erst ab dem Jahr 874 besiedelt. Das Eiland war auch nie Königreich, sondern immer freistaatlich geprägt.
Dankwart
(von althochdeutsch danc = „Dank“, „Gedanke“ und von althochdeutsch wart = „Wart“, „Hüter“).
Dankwart ist der Bruder Hagens. Er wird von Helfrich getötet.
Dietrich von Bern
(von althochdeutsch diot = „Volk“ und von althochdeutsch rich, rîchi, rihhi = „Herrscher“, „mächtig“; Bern nach dem Ort Verona in Italien), nordisch Thidrek, alte Form Theoderich.
In Dietrich von Bern lebt der Ostgotenkönig Theoderich der Große (um 453/455–30.8.526) weiter. Das „Hildebrandslied“ setzt schon eine von der Geschichte abweichende gotische Dietrichdichtung voraus, nach der Dietrich vor dem Skiren Odoaker (Odowakar, Otacher; 433–15.3.493) floh und dreißig Jahre am Hof des Hunnenkönigs Etzel lebte. Nicht Theoderich der Große, wohl aber sein Vater Thiudimer (Theodemer; = Dietmar; † 474 oder 475) lebte am Hof Attilas (Etzels). Der deutsche Doppelheldengesang von der „Rabenschlacht“ (Schlacht um Ravenna) und von „Dietrichs Flucht“ behandelt besonders Dietrichs Versuche, mit Hilfe der Hunnen sein Reich wiederzugewinnen. Als Gegner Dietrichs tritt jetzt ein älterer Gotenkönig auf, Erman(a)rich (272 [?]–375). Von Ermanarichs Tod und von Dietrichs Heimkehr berichtet die nordische „Thidrekssaga“. Im „Nibelungenlied“ verkörpert Dietrich den vollkommenen christlich-ritterlichen Helden; im „Wormser Rosengarten“ und in „Biterolf und Dietleib“ vermischen sich Dietrichstoff, Siegfriedstoff und Burgunderstoff. Märchenhafte Erzählungen, die ihn im Kampf mit Riesen und mit Zwergen und als Befreier von Jungfrauen zeigen, bestimmen die Heldendichtungen von Goldemar, von Ecke („Ecken Ausfahrt“), von Sigenot, von Laurin und von der Jungfrau Virginal.
Etzel
mittelhochdeutsch; der Hunnenkönig Attila (gotisch „Väterchen“; * um 410, † [ermordet?] 453) in der deutschen Heldensage; nordisch Atli.
Im „Nibelungenlied“ herrscht Etzel milde und gütig als zweiter Gatte Kriemhilds zu Etzelburg. Der Atli der nordischen Sage („Atlilied“) ist grausam; er erschlägt die Brüder seiner Frau Gudrun (Kriemhild) und wird von ihr getötet.
Der Attila der Geschichtsschreibung, die „Geißel Gottes“, starb im Jahr 453 in Pannonien unter ungeklärten Umständen in der Nacht seiner Hochzeit mit Ildiko (Hildiko). Hat etwa Ildiko (die Kriemhild des „Nibelungenliedes“) ihn umgebracht?
Gernot
(von althochdeutsch ger = „Ger“, „Speer“ und von althochdeutsch not = „Mühe“, „Drangsal“, „Kampf“).
Gernot ist der zweitälteste Burgunderkönig. Er und Rüdiger von Bechelaren erschlagen sich gegenseitig.
Im Gegensatz zu seinen Brüdern Gunther und Giselher ist Gernot geschichtlich nicht bezeugt.
Giselher
(von althochdeutsch gisa[l], gisil = „Geisel“, „Sproß“, „Kind edler Abkunft“ und von althochdeutsch heri, hari = „Heer“); Gieselher, lateinisch Gislaharius; der burgundische König Gislahar († [gefallen] 436).
Giselher ist der jüngste der drei burgundischen Könige. Er schließt sich von der Ermordung Siegfrieds aus. Giselher und Wolfhart töten sich gegenseitig auf Etzels Burg.
Gunther
(von althochdeutsch gund = „Kampf“ und von althochdeutsch heri, hari = „Heer“); Gunther von Burgund, lateinisch Gundicarius und Gundaharius, nordisch („Edda“) Gunnar; der burgundische König Gundikar oder Gundahar ( [gefallen] 436).
Gunthers Gestalt ist im „Nibelungenlied“ gegenüber der Geschichte und gegenüber den Darstellungen in der „Edda“ zum Schlechten verändert. In der nordischen Heldensage gilt Gunnar als Held, der als Gefangener Atlis (Attilas; Etzels) in einer Schlangengrube endet.
Hagen von Tronje
(Tronje nach dem Ort Tronege, westlich von Worms [?]); nordisch Högni.
Hagen von Tronje ist der gewaltigste Kämpfer der Burgunder und das Urbild des treuen Gefolgsmannes. In der älteren nordischen Überlieferung wird Högni, der Bruder Gunnars (Gunthers) und der Gudrun (Kriemhild), nicht zum Mörder Sigurds (Siegfrieds); Högni wird vom habgierigen Atli (Attila; Etzel) getötet.
Hildebrand
(von althochdeutsch hild, hiltja = „Kampf“ und von althochdeutsch brant = „Feuer“, „Schwert“).
Hildebrand ist der treue Waffenmeister Dietrich von Berns.
Im „Hildebrandslied“, dem einzigen erhaltenen althochdeutschen Heldenlied germanischen Ursprungs, trifft Hildebrand auf Hadubrand, seinen Sohn. Dieser weigert sich aber, in dem „alten Hunnen“ seinen Vater zu erkennen. Im Zweikampf tötet daraufhin Hildebrand seinen Sohn. Aber das ist eine andere Geschichte …
Kriemhild
(von althochdeutsch grime = „Helm“ und von althochdeutsch hild, hiltja = „Kampf“; wahrscheinlich ein Walkürenname).
Kriemhild ist die Frau mit der gewaltigsten Wesensart in der mittelalterlichen Dichtung.
Wurzel der Gestalt Kriemhilds ist Ildiko (Hildiko; = Hildchen [Koseform von Kriemhild]), eine Germanin, die der Hunnenkönig Attila (Etzel) im Jahr 453 heiratete.
Rüdiger von Bechelaren
(von althochdeutsch hruod = „Ruhm“ und von althochdeutsch ger = „Ger“, „Speer“; Bechelaren nach dem Ort Pöchlarn an der Donau); Rüdeger von Bechlarn.
Rüdiger von Bechelaren erscheint bereits in der „Dietrichsage“. Er ist Markgraf im Dienst des Hunnenkönigs Etzel. Rüdiger und Gernot erschlagen sich auf Etzels Burg gegenseitig.
In ihrer seelischen Verfeinerung ist die Gestalt im „Nibelungenlied“ Zeugnis einer von christlichem Geist durchdrungenen Haltung.
Siegfried
(von althochdeutsch sigu = „Sieg“ und von althochdeutsch fridu = „Friede[n]“, „Schutz“); Siegfried von Santen (Xanten), Sigfried, jüngere Form Seyfried, nordisch („Edda“) Sigurd.
Siegfried, wegen der Hornhaut durch das Drachenblut auch gehörnter Siegfried genannt, ist tapfer, (fast) unbesiegbar und ohne Argwohn. Sein Vertrauen in die Treue seiner Kampfgefährten wird ihm aber zum Verhängnis.
Ursprung und geschichtlicher Kern der Siegfried-Gestalt sind umstritten; es könnte ein Zusammenhang mit Ereignissen im fränkischen Königshaus des sechsten Jahrhunderts bestehen; als Vorbild diente vermutlich die Einheirat eines Merowingerkönigs in das burgundische Königshaus der Gibikungen (Nibelungen?). Eine andere Deutung ist, daß Siegfried den Cheruskerfürsten Armin (Arminius, fälschlich Hermann [den Cherusker]; 18/17/16 v. Chr.–19/21 n. Chr.) verkörpert, der die Germanen in der Schlacht im Teutoburger Wald im Jahr 9 siegreich gegen die Römer führte.
Das erst aus dem sechzehnten Jahrhundert erhaltene „Lied vom Hürnen Seyfried“ behandelt die gewagten Unternehmungen des jungen Siegfried (Drachenkampf, Unverwundbarkeit durch ein Bad im Drachenblut und Befreiung Kriemhilds). In der nordischen Überlieferung liegt die Hauptaufmerksamkeit auf der Beziehung Sigurds mit Brynhildr (Brünhild). Das neunzehnte Jahrhundert knüpft daran an.
Die schicksalhaften Ereignisse um Siegfried behandelt Richard Wagner in seinem vierteiligen Bühnenwerk „Der Ring des Nibelungen“, dessen dritter Teil („Zweiter Tag“) „Siegfried“ überschrieben ist.
Ute
(von althochdeutsch ot, od, oda = „Besitz“); Uote, Uta.
Ute ist die Mutter Kriemhilds und ihrer Brüder. Sie taucht nicht nur im „Nibelungenlied“, sondern auch im mittelhochdeutschen Werk „Kudrun“ („Gudrun“) auf.
Volker von Alzei
(von althochdeutsch folk = „Volk“, „Kriegsvolk“ und von althochdeutsch heri, hari = „Heer“).
Volker von Alzei ist ausgezeichnet als Ritter und als Held wie als Spielmann. Er fällt, auf der Seite Hagens kämpfend, auf Etzels Burg durch Hildebrands Hand.
Blödelin | Brünhild | Dankwart | Dietrich von Bern | Etzel | Gernot | Giselher | Gunther | Hagen von Tronje | Hildebrand | Kriemhild | Rüdiger von Bechelaren | Siegfried | Ute | Volker von Alzei
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Begriffe rund um das »Nibelungenlied«
Balmung: Das Schwert Siegfrieds mit Zauberkräften. Nach Siegfrieds Tod nimmt es Hagen an sich.
Nibelungentreue: Von Bernhard Fürst von Bülow in einer Reichstagsrede am 29. Lenzing (März) 1909 geprägtes Schlagwort für die unverbrüchliche Bündnistreue zwischen dem Deutschen Reich und Österreich-Ungarn.
Tarnkappe (von mittelhochdeutsch tarnen = „verbergen“, althochdeutsch tarni = „heimlich“ und von mittellateinisch/spätlateinisch cappa = „Mantel“): Ursprünglich ein unsichtbar machender Mantel mit Mantelhaube.
Bei den Germanen war der Volksglaube verbreitet, daß sich elfische Wesen durch das Überziehen eines Gewandes oder durch das Aufsetzen eines Hutes unsichtbar machen könnten und ungeheure Kräfte hätten. Deswegen wird die Tarnkappe auch als Nebelkappe oder als Helkappe (althochdeutsch helan = „verbergen“) bezeichnet.
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