Nach den meist relativ autobiographischen Jugendgedichten wird das Thema der Judenvernichtung in Celans Gedichten (oft weiterhin verknüpft mit autobiographischen Elementen) bestimmend. Auch in "Todesfuge" ist explizit von "Juden" (als den Opfern) und von "Deutschland" (als Herkunftsland der Täter) die Rede, was die Thematik deutlich festlegt. Das vierzehn Jahre später entstandene Gedicht "Engführung" läßt sich ebenso als Text über die Judenvernichtung im Deutschen Reich lesen, erfährt aber insofern eine Ausweitung, als im Grunde jedes Verbrechen in der Geschichte (mit-)gemeint ist; insbesondere lassen sich Hinweise darauf finden, daß auch von der Gefahr eines atomaren Schlages, einer Atombombenexplosion gesprochen wird. Diese Art der Mehrdeutigkeit bestimmt das Wesen aller späteren Gedichte Celans. Außerdem läßt sich "Engführung" auch als metapoetisches Gedicht lesen, in dem die Ordnung der semiologischen Differenz (nach dem Zeichenmodell Saussures) einer Ordnung der ungeteilten Ganzheit gegenübergestellt wird. Die Verknüpfung von Sprachproblematik und historischer Erfahrung zieht sich durch das gesamte Spätwerk Celans.
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