In seinem 1956 uraufgeführten Drama "Der Besuch der alten Dame" beschreibt Friedrich Dürrenmatt das kleine Städtchen Güllen an der deutsch-schweizerischen Grenze, daß gespannt die Ankunft der Multimilliadärin Claire Zachanassian erwartet, die in Güllen aufwuchs. Man erwartet von ihr eine erhebliche Geldspritze, um die heruntergekommene Wirtschaft Güllens wieder anzukurbeln, doch sie verlangt eine unerwartete Gegenleistung.
In der extrem verarmten Kleinstadt Güllen, nahe der deutsch-schweizerischen Grenze erwartet man hohen Besuch. Die Multimilliadärin Claire Zachanassian, die einst in Güllen geboren wurde und auch aufwuchs, hat sich angekündigt. Die Güllener erwarten eine nicht unerhebliche Finanzspritze von ihr, die die am Boden zerstörte Wirtschaft wieder ankurbeln soll, so wie sie es auch schon in benachbarten Städten getan hat. Der "Trumpf im Ärmel" der Güllener ist der beliebteste Bürger des Städchens der 65jährige Kaufmann Alfred Ill, der außerdem als Nachfolger des amtierenden Bürgermeisters vorgesehen ist. Von ihm erhoffen sich die Güllener sehr viel, da er seinerzeit eine Liebesbeziehung mit Claire Zachanassian, damals noch Kläri Wäscher, hatte. Die Güllener Bürger sowie die "Würdenträger des Stadt" versammeln sich am Bahnhof, um der verlorenen Tochter einen gebührenden Empfang zu bereiten. Die Multimilliadärin erscheint mitsamt Gefolge. Am gleichen Tag findet ein Empfang für Claire Zachanassian statt. Der Bürgermeister hält eine Laudatio auf die Multimilliadärin. Diese scheint geschmeichelt, und macht unter tosendem Beifall die Ankündigung der Stadt eine Milliarde zu spenden, 500 Millionen für die Stadt und 500 Millionen verteilt auf alle ansäßigen Familien. Frau Zachanassian fährt fort, daß sie eine Bedingung stelle, nämlich, daß sie sich die Gerechtigkeit erkaufen wolle. Daraufhin erklärt ihr Butler Boby, der ehemalige Oberrichter Güllens, daß Ill im Jahre 1910 eine Vaterschaftsklage von Kläri Wäscher nur dadurch abschmettern konnte, indem er zwei Zeugen mit Schnaps bestach, die aussagten, sie hätten ebenfalls sexuellen Verkehr mit Kläri gehabt.
Claire Zachanassian führt ihre Bedingungsforderung fort: Sie spendet eine Milliarde, wenn jemand Alfred Ill tötet. Unter dem tosenden Beifall der restlichen Anwesenden lehnt der Güllener Bürgermeister das Angebot ab. Daraufhin zieht sich Claire Zachanassian mit den Worten "Ich warte." in ihr Zimmer im Goldenen Apostel zurück.
In den nächsten Tagen gehen seltsame Veränderungen in Güllen vor. Trotz der Tatsache, daß der Bürgermeister die Milliarde im Namen aller Güllener abgelehnt hat, fangen auf einmal alle Einwohner an auf großem Fuß zu leben und Anschaffungen zu machen, kurzum alle verhalten sich so, als sei in naher Zukunft mit einem Vermögenszuwachs zu rechnen. Ill, der dies als Kaufmann natürlich als erster erlebt wird es unbehaglich und er merkt, daß sich trotz der Ablehnung etwas gegen ihn zusammenbraut.
Er wendet sich nacheinander an die Würdenträger der Gemeinde, den Polizisten, den Bürgermeister und den Pfarrer, da er in ihnen die einzigen Personen sieht, die ihrem Amt entsprechend noch moralisch handeln und somit seine letzte Rettung darstellen. Doch ihm wird anhand ihrer Äußerungen, der Art, wie sie mit ihm umgehen klar und neuen Anschaffungen klar, daß selbst sie übergelaufen sind. Von ihnen besitzt nur noch der Pfarrer einen Ansatz von schlechtem Gewissen und fordert Ill zur Flucht aus der Stadt auf, wenn er nicht umkommen will. Auf dem Weg zum Bahnhof schließen sich Ill immer mehr Leute an und scharren sich um ihn. Im Glauben sie würden ihn aufhalten bricht Ill mit den Worten "Ich bin verloren!" zusammen, obwohl man ihm versichert, ihm stände es frei wegzufahren.
In der Folge unternehmen Arzt und Lehrer, die einzigen, in denen noch Menschlichkeit verblieben ist
einen letzten verzweifelten Versuch Ill zu retten, indem sie Claire Zachanassian ein Geschäft zur Sanierung der Güllener Industrie vorschalgen, durch die die Ermordung Ills überflüssig würde.
Claire Zachanassian stellt allerdings klar, daß die Industrien schon lange ihr gehören und daß sie sie in den Ruin trieb. Somit wird der Tod Ills unausweichlich. Die Bevölkerung, die mittlerweile hochverschuldet ist, und selbst Ills Familie haben sich mittlerweile gegen ihn gestellt. Ill jedoch hat seine Schuld an der ganzen Situation eingesehen und stellt sich offen einer Gemeindeversammlung, die über sein Schicksal entscheiden wird, bereit jedes Urteil anzunehmen. Die Gemeindeversammlung verläuft einstimmig mit dem Beschluss Ill zu töten, was auch sofort an Ort und Stelle geschieht und durch die Würdenträger der Stadt gedeckt wird (falsche Diagnose zur Todesursache durch den Arzt usw). Schließlich verläßt Claire Zachanassian die Stadt mit der Leiche Ills und Güllen erhält den Scheck über eine Milliarde.
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