Peter Handke zählt zu den wenigen Dramatikern, welche sich nicht dem Neorealismus verschrieben haben. Unter Neorealismus versteht man eine Strömung der italienischen Literatur (sowie italienischen Films) der vierziger Jahre. Der Neorealismus der Literatur stellte die schonungslose Schilderung der politischen und sozialen Lage im Italien der Kriegs- und Nachkriegszeit ins Zentrum des Interesses.
Peter Handkes dramatisches Gedicht "Über die Dörfer", welches 1982 bei den Salzburger Festspielen Uraufgeführt wurde, ist kein Drama im üblichen Sinn. Es ist eher ein Weihespiel mit klassischen Zügen.
"Über die Dörfer" und die dramatische Dichtung "Das Spiel vom Fragen oder Die Reise zum senoren Land" werden als "postmoderne" bezeichnet. Dieser Begriff "Postmoderne" stammt aus Amerika und meint ein in Bezug zur Moderne gewandeltes Bewußtsein der Gesellschaft. Sie ist die Gegenbewegung zur Moderne der sechziger und siebziger Jahre unseres Jahrhunderts. Die Moderne war unter anderem durch eine neue Aufklärung, Kritik, Rationalismus (philosophische Strömung, welche die Vernunft als für den Erkenntnisprozess wesentlich hervorhebt) und das Streben nach gesellschaftlichen Veränderungen gekennzeichnet.
Die Postmoderne kehrt zum Antirationalismus, zum Mythos zurück, betont die Wichtigkeit der Phantasie, der Sinne und das Übersinnliche, das Denken in Metaphern und den Glauben. Sie verzichtet auf alte lyrische Formen, Pathos (leidenschaftliche Ergriffenheit) und Innerlichkeit, sie nennt reale Erlebnisse.
Zur Problematik Realismus kontra Formalismus (arealistisch):
Die weiterentwickelten Theorien Eugen Berthold Friedrich Brechts und Georg Lukàcs (Verfremdung, Weiterentwicklung der Form) zeigen nur, dass man den Realismus im Sinne der ästhetischen Erfassung unbedingt weiter entwickeln muß.
So meint auch Handke, dass er sich in jedem literarischem Werk neue Information, bzw. eine Veränderung, Erweiterung seines Bewußtseins erwartet. Deswegen ist er auch überzeugt, dass er andere Menschen ändern kann - als Autor reichen ihm die bekannten Möglichkeiten die Welt darzustellen nicht mehr. Aber er betont die Bedeutung der individuellen Abweichung und Veränderung, was ihm den Vorwurf der "deutschen Innerlichkeit\" eingebracht hat. So verwischen sich schließlich die Grenzen zwischen Formalismus und Realismus.
|