In den 20er Jahren wurden dann zwei neue, gegensätzliche, Kapitel im Buch der Großstadtlyrik geschrieben. Einerseits die Arbeiterdichtung in der die Großstadt als häßliche, düstere und schmutzige Industriestadt beschrieben wurde. Anderseits die neu-sachliche Dichtung (unter anderem von dem Dichterkreis um Erich Kästner). Diese Dichter beschrieben die Großstadt ähnlich ihren naturalistischen Vorgänger allerdings "malten sie ihre Bilder in helleren Farbtönen". Die Großstadt wird nicht mehr nur auf ihr Elend reduziert sondern auf Grund ihrer selbst als Phänomen erkannt. Dadurch entsteht auch mehr Vielfalt in den beschriebenen Großstadtmotiven.
Die verschiedenen Seiten der Städte, sowie auch aktuelle Ereignisse und politische Themen werden in einer Art Erzählgedicht verschiedenartig beschrieben. Die Bandbreite geht über heiter-ironisch, spöttisch-gefühlvoll bis zu abgrundtief pessimistisch. Die Devise dieser Zeit war "Schnauze mit Herz". Dies wirkte sich folgendermaßen aus, daß man in den Gedichten sowohl Nachsicht mit den menschlichen Schwächen, sowie beißende Persiflage, als auch unverhüllte Beschimpfung und revolutionären Appell findet. Des weiteren stehen das Mitgefühl mit dem "kleinen Mann" und die Solidarität mit den "Ausgenützten" im Gegensatz zu dem Haß auf die Mächtigen, die Unterdrücker usw. In dieser Epoche veränderte sich auch die Sprache der Großstadtlyrik.
Anders als früher konzentrierte man sich weniger auf die Stilmittel als auf die Sprache selbst. Die Autoren übersprangen die Sprachbarriere einer stilisierten Hochliteratur und wandten sich der Alltagssprache (sogar Umgangssprache) zu. Sie strebten Einfachheit in der Sprachgestalt, sowie Klarheit in der Argumentation an; daraus ergab sich dann auch die einfache Verständlichkeit der Lyrik der Neuen-Sachlichkeit.
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