Alfred Wolfenstein, Die Städter (1920) Dicht wie die Löcher eines Siebes stehn Fenster beieinander, drängend fassen Häuser sich so dicht an, dass die Straßen Grau geschwollen wie gewürgte sehn. Ineinander dicht hineingehakt Sitzen in den Trams die zwei Fassaden Leute, ihre nahen Blicke baden Ineinander, ohne Scheu befragt Unsre Wände sind so dünn wie Haut Dass ein jeder teilnimmt, wenn ich weine. Unser Flüstern Denken. wird Gegröle. - Und wie in still verschlossner Höhle Ganz unangerührt und ungeschaut Steht ein jeder fern und fühlt: alleine. Dieses Gedicht handelt von der Einsamkeit in einer Gruppe, bzw. von der Einsamkeit unter dem Einfluss der Gesellschaft. In den Strophen 1+2 wird die Gesellschaft beschrieben, mit ihren dichten Gassen die von eng aneinander gebauten Häusern umrandet sind.
Strophe 3 spricht von der nicht vorhandenen Möglichkeit, sich von der Umwelt abzuwenden, um in sich z kehren, während Strophe 4 von einem Ort der Ruhe und Stille redet, wo ein Mensch nur mit sich selbst ist, in alleine leben kann. Auffallend sind Wortverbindungen wie Wände und Haut (Personifikation), Fenster und Löcher eines Siebes (Metapher) oder auch Fassaden und Leute (wiederum eine Personifikation). Bei unserem Gedicht handelt es sich um die klassische Form eines Sonetts, bestehend aus dem Reimschema abba, cddc, efg, gef, sprich 2 umarmende Reime so wie 2 nicht reimschematisch festgelegte, aber zusammenhängende Strophen. Das ganze wurde geschrieben in einem 5-hebigem Jambus. Thema des Gedichtes ist, wie bereits erwähnt, die Einsamkeit unter dem Einfluss der Gesellschaft. Dies zeigt sich durch die Darstellung der Gesellschaft, so wie die Darstellung der Einsamkeit durch das Wort "alleine".
Die Gesellschaft wir dargestellt als eng aneinander gebaute Häuser, und Menschen die an allen möglichen orten dicht zusammengedrängt auf engsten räumen leben. Dem Individuum wird es nicht ermöglicht, sich frei zu entfalten, da es keinen Platz gibt, wo man nicht belauscht oder gesehen wird. Die einzige Möglichkeit, die sich für das Individuum bietet um sich zu entfalten spiegelt sich in der Isolation wider. In der Isolation ist man unangerührt, und ungeschaut. In der Isolation ist man für sich alleine. Man ist in der Lage mit sich selbst ins Reine zu kommen, oder einfach mal abzuschalten.
Der Autor will mit diesem Gedicht die Leute aus ihrer Monotonie der Gesellschaft befreien und ihnen eine Möglichkeit zur Selbstfindung geben. Fazit: Alfred Wolfenstein hat es bereits zu seiner Zeit bemerkt, dass die Menschen durch die massenhafte Gesellschaft in Monotonie verkommen. Mit seinem Gedicht "Die Städter" wollte er auf dies aufmerksam machen. Innerhalb der Gesellschaft, ist man nicht in der Lage sich frei zu entwickeln. Ich sehe dies persönlich ähnlich. Ein Mensch braucht gelegentlich ein wenig Einsamkeit, oder Isolation um sich danach wieder in die Gesellschaft anderer Menschen zu begeben.
Ohne diese gelegentlichen Isolationen würde der Mensch in sich kollabieren, und an den Folgen des nicht ausgelebten Privatlebens, der nicht ausgedachten Gedanken, den nicht ausgefühlten Gefühlen in sich zu Bruch gehen.
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