Das Rollengedicht "Prometheus" von Johann Wolfgang von Goethe stammt aus dem Jahre 1774 und somit aus dem Zeitalter des Sturm und Drang.
Es beschäftigt sich mit der Sagenfigur des Prometheus, einem Halbgott, der Mythen nach aus Auflehnung gegen die Götter anfing, ein eigenes Menschengeschlecht aus Ton zu formen und ihnen das verbotene Feuer übergab. Zur Strafe dafür schmiedeten die Götter ihn schlussendlich an das Kaukasusgebirge.
Das Gedicht ist im Grunde genommen ein Monolog, der aus 7 Strophen, die aus 12, 9 oder 7 Zeilen jeweils bestehen, wobei jedoch keine wirkliche Struktur zu erkennen ist, genauso wenig ist ein Reimschema zu erkennen, was das ganze Gedicht mehr wie eine Szene aus einem Theaterstück wirken lässt.
In der ersten Strophe beginnt Prometheus mit seiner Anklage gegen Zeus, er erklärt seine Abkehr von ihm, ja er verhöhnt ihn sogar, denn er ist überzeugt von dessen Nutzlosigkeit und Nicht-Tun, und zeigt klar und deutlich, dass sein weiteres Leben auf der Erde eine klare Trennung von den Göttern und dem Himmel haben wird (die er durch die Gegenüberstellung von "deinem Himmel"V.1 und "meine Erde"...und "meine Hütte" sehr klar voneinander abgrenzt, wobei "Herd" und "Hütte" irdische Symbole sind(V.8&10) und die vielen Possesivpronomen auch Symbol der Abgrenzung sind) und auf der Erde und nur dort stattfinden wird. Er führt Zeus seine Ohnmacht vor, verwendet sehr dreist den Imperativ.("Bedecke" V.1. ; "Mußt" V.6)
Damit fährt er dann auch in der 2.Strophe fort, die man mit der ersten ohne Probleme zusammenschließen kann, nun allerdings werden die Anschuldigungen verallgemeinert auf sämtliche Götter. (" Ich kenn nichts Ärmer´s unter der Sonn´als euch Götter"Vers 13-14) Er kritisiert ihre aus seiner Sicht armselige Lebensweise, da sie abhängig von Opfern von "hoffnungsvollen Thoren" sind und ansonsten sterben würden.(V.21)Die zwei ersten Strophen spiegeln die gegenwärtige Lage des lyrischen Ich´s wieder, und stehen aufgrund dessen auch im Präsenz.
In der 3. Strophe wird die Entwicklung, die zu der aktuellen Einstellung von Prometheus führte, erklärt und beschrieben. Er erzählt, nach einem Tempuswechsel ins Imperfekt, dass auch er als Kind zu den Göttern betete ("Kehrte mein verirrtes Aug' zur Sonne, als wenn drüber wär ein Ohr, zu hören meine Klage" V.25-27), ihnen seine Sorgen anvertraute und auf Hilfe hoffte, doch er wurde enttäuscht.
In der inhaltlich anknüpfenden 4. Strophe wird die daraus resultierende Erkenntnis von Prometheus deutlich, dass nur er selbst und sein Herz ihm helfen können.("Hast du´s nicht alles selbst vollendet, heilig glühend Herz" V.33)
Das Fazit daraus, die Strophe 5, ist eine Kriegserklärung an die Götter, die völlige Missachtung ihrer Autorität und die Feststellung, dass die Götter nicht nur ihm nicht helfen können, sondern überhaupt niemandem helfen. Das einzige, was sich Prometheus noch unterstellen will, sind die Mächte der"allmächtigen Zeit" (V.44) und dem "ewigen Schicksal"(V.45) deren bezeichnenden Adjektive ihre übermächtige Stellung für das lyrische Ich verdeutlichen.
Strophe 6 ist etwas wie eine Überleitung, in der das lyrische Ich mit einem gewissen Sarkasmus das Leben so wie es ist restlos annimmt, die Resignation, die, wie er glaubt von den Göttern erhofft war, zurückweist, alte Wertmaßstäbe aufgibt ("Knabenmorgen-Blütenträume" V.50).
Prometheus rebelliert, geht seinen eigenen Weg, will seine Gefühle, ob gut oder schlecht, alle empfinden und erleben ("Zu leiden, weinen, genießen und zu freuen sich, Und dein nicht zu achten Wie ich" V.55-58) und erreicht in der 7. Strophe nun den höchsten Grad der Verselbstung erreicht.
Trotz der unkonventionellen Form des Gedichtes verwendet Goethe einige stilistische Mittel, um seiner Aussage noch mehr Gewicht zu verleihen, mehrere Ellipsen wie in V.22 "Nicht wußt'wo aus, wo ein" oder der Personifikation in Vers4 " der Diesteln köpft".
Die Figur des Prometheus ist das Urbild des schaffenden Künstlers, somit ist das aufgreifen von Goethe dieses Mythos im Zeitalter des Sturm und Drang sehr passend, denn man könnte auch Prometheus für einen typischen Vertreter des "Genie"Ideals ansehen, Seine Ideen zu dem Verhältnis von Mythologie und den modernen Leuten hat er auch in Dichtung&Wahrheit, seiner Autobiographie niedergeschrieben. Aus seiner Sicht ist der moderne Mensch auf sich zurückgewiesen und isoliert, ahnt alle Selbständigkeit im produktiven Talent, und für ihn sollte man sich in jeglicher Hinsicht nicht komplett auf Gott verlassen, sondern selber Schmied seines Glücks sein.
Auch in diesem Gedicht vetritt Goethe wieder voll und ganz seine Gedanken und kritisiert gerade durch die Verse 55-58 durch die Aufzählung der unterschiedlichsten Gefühle das für gewöhnlich rationalen Verhalten der Gesellschaft zu seiner Zeit. |