Der Talisman
Einleitungr /
"Der Talisman" ist eines der bekanntesten und vielleicht auch eines der besten Stücke Nestroys.
Die Posse mit Gesang wurde am 16. Dezember 1840 im Theater an der Wien uraufgeführt und war eigentlich als Stück für das Wiener Vorstadttheater gedacht. Sie sollte das Publikum unterhalten und belustigen.
Hier sind erstmals mehrere Personen gleichrangig in die Vorgänge miteinbezogen, außerdem drückt Nestroy mit dem Stück direkt aus, was er sagen möchte.
Inhalt
Der rothaarige Titus Feuerfuchs, über den wir nicht mehr wissen als dass er 26 Jahre alt ist, sein verstorbener Vater Lehrer war, er ausgerissen ist und er nur einen einzigen Verwandten, seinen Vetter, den Bierversilberer Spund hat, kommt auf seiner Reise in ein Dorf, wo er die ebenfalls rothaarige Gänsehüterin Salome Pockerl kennenlernt.
Salome ist von Beginn an sehr an Titus interessiert und will ihm eine Stelle als Bäcker bei ihrem Bruder verschaffen, leider klappt es nicht.
Doch das Glück meint es gut mit dem jungen Mann. Er kann verhindern, dass ein Mann mitsamt seinem Gespann verunglückt und erhält als Dank von ihm eine schwarze Perücke.
Somit steht Titus die Welt offen, denn mit schwarzen Locken lässt es sich um einiges leichter leben. So wandert er zum Schloss, wo er sich sogleich der Gärtnerin Flora als Gärtnergehilfe anpreist. Die langjährige Witwe findet sofort Gefallen an dem Jüngling und erhofft sich einiges wäre ihr da die Kammerfrau der Gutsherrin, Constantia, nicht dazwischen gekommen. Constantia verschafft dem schwarzgelockten Jüngling einen noch höheren Posten, sie macht ihn zum Jäger.
Während sich Titus in den Gemächern der Kammerjungfrau aufhält, erscheint derjenige, dem Titus das Leben rettete. Es stellt sich heraus, dass dieser Frisör und Geliebter Constantias ist.
Die beiden erkennen einander und Monsieur Marquis stellt klar, dass Titus kein Recht auf die ebenfalls verwitwete Constantia habe.
Doch während Titus schläft und dabei phantasiert, packt den Marquis die Eifersucht und er nimmt dem Schlafenden die Perücke vom Kopf.
Titus erwacht kurz bevor er der Gutsherrin und Witwe, Frau von Cypressenburg, vorgestellt werden soll. In seiner Hektik verwechselt Titus im Zimmer des Frisörs die schwarze mit einer blonden Perücke.
Der Schlossbesitzerin gefällt der blonde Lockenkopf auf Anhieb und sie macht ihn sogleich zu ihrem Sekretär.
Unter den drei Frauen Flora, Constantia und der Frau von Cypressenburg entfacht ein Streit um die Haarfarbe Titus'.
Doch der Marquis verrät Titus und so wird dieser als "Florianiköpfel" fortgejagt, wird jedoch sofort wieder herbeigerufen, als die drei Frauen erfahren, dass sein Vetter Spund ihm ein Geschäft in der Stadt kaufen und ihn als Universalerben einsetzen wolle.
Mit viel Geld würde Titus von jeder der drei Frauen, auch mit roten Haaren, akzeptiert werden.
Der Vertrag ist schon fast abgeschlossen, da nimmt sich Titus die graue Perücke, die er aus dem Anzug des verstorbenen Mannes Floras, die ihm, wie die anderen beiden auch, das Gewand ihres Verstorbenen vermacht hatte, genommen hatte, vom Kopf und sagt, dass er gar nicht Universalerbe sein möchte. Er sagt, er begnüge sich mit dem Geschäft in der Stadt und wolle lieber mit Salome für "Vervielfältigung" der Rothaarigen sorgen.
Entstehungsgeschichte und Interpretation des Stückes
Die Vorlage für den "Talisman" fand Nestroy in einem Pariser Singspiel, dem "Bonaventure", von Dupeuty und De Courcy, das am 23. Juni 1840 in Paris uraufgeführt wurde und sogleich viel Erfolg hatte.
Nestroy hatte nicht allzu viel Zeit, da er mit Theaterdirektor Carl unter Vertrag stand, in einem Jahr mindestens zwei Theaterstücke zu schreiben, und so musste er rasch arbeiten.
Er übernahm weniger die Sprache, die er dann auf seine Art gestaltete, umso mehr aber die
Logik und die wichtigsten Motivationen der fremden Handlung an.
Ungefähr fünf Monate später wurde das Stück Nestroys "Der Talisman" aufgeführt.
Nestroy zeigt mit dem Stück, wie dumm und sinnlos Vorurteile sind.
Er führt den Menschen vor Augen, dass sie viel zu viel nach dem Äußeren einer Person gehen. Die äußere Aufmachung, wie Kleidung, Frisur und Haarfarbe bestimmt, obwohl sie jederzeit auswechselbar ist, von allem Anfang an einen Menschen.
Titus Feuerfuchs wird anfangs, ohne Perücke und mit verlottertem Gewand, von keiner Frau beachtet, im Gegenteil, er wird als "Florianiköpfel" und "Feuergefahr" beschimpft.
Doch kaum setzt er die Perücke auf, sieht die Welt ganz anders für ihn aus. Plötzlich wird er von allen Leuten akzeptiert und kann sich seiner Verehrerinnen gar nicht mehr erwehren. Hingegen entledigt er sich seiner Verkleidung wieder, wird er vom Schloss gewiesen und die Damen haben auch kein Interesse mehr an ihm.
Wenn man darüber nachdenkt, so kommt man darauf, dass Leute ja nicht nur wegen ihrer Haarfarbe, sondern wegen ihrer Rasse, ihrer Partei, ihres Berufes oder ihrer Körperbehinderung, verfolgt werden.
Und natürlich waren Vorurteile die Wurzeln von Hexenverfolgungen, Nationalsozialismus und Rassismus.
Nestroy wollte damit die Menschen wachrütteln und mehr zum Denken anregen, bevor sie Vorurteile in der Gesellschaft aufkommen lassen und es in der Wirklichkeit nicht immer so ein schönes Ende nimmt wie in seinem Stück.
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