Der Erste Weltkrieg war die meiste Zeit ein Stellungskrieg, bei dem sich die Fronten kaum verändert haben. Für die Soldaten war es brutaler und harter Krieg, da sich die feindlichen Stellungen oft nur mehrere hundert Meter vor den eigenen befanden. Auch bestand andauernd die Gefahr von den feindlichen Kanonen getroffen zu werden. In den Bergen war es schwierig und gefährlich den Nachschub zu sichern. Jede Kanonenkugel, jeder Schuß mußte mühsamst an die Front geschafft werden. Auch der Abtransport der Verwundeten war nicht immer gesichert und so mußte man oft zusehen, wie Kameraden verbluteten oder qualvoll starben.
EJ beschreibt in seinem Buch auf anschauliche, zum Teil reale und auch schauerliche Weise den Krieg, wie er ihn hautnah miterlebt und mitgefühlt hat. Seine Augenzeugenberichte sind ausgesprochen real und lebhaft formuliert, man fühlt sich direkt in das Szenario hineinversetzt, hat aber auch manchmal den Eindruck, als ob es für EJ nichts Schöneres gäbe als den Krieg.
Bei der Lektüre des Buches bekommt man immer das Bild des heldenhaften, mutigen, überlegenen, liebenswürdigen, individualistischen deutschen Soldaten vermittelt, gegenüber der trottelige, ängstliche aber doch überlegene Engländer.
Bei genauerem Hinschauen bemerkt man auch, wie leicht und unbekümmert EJ von den grausamsten Arten des Todes berichtet, zum Beispiel erzahlt EJ erst, wie ein Geschoss "einem guten Freund den Hinterkopf zerschmetterte. Lange grosse Stücke des Schädelbeins lagen herum". Nur wenige Zeilen später folgen weitere sehr blutige Verletzungen. Falls man nun denkt, eine eher traurige Stimmung müsste aufkommen, irrt amn sich gewaltig. Fast im gleichen Moment schwärmt EJ von der "anfangs guten Feldküche".
Auch fällt auf, dass ein grosser Teil des Buches von allerlei Vergnügungen handelt, zum Beispiel wird lang und ausführlich von den "langen Latrinensit-
zungen", die nur durch "meistens sehr störende Maschinengewehrserien" gestört werden.
Trotz der meistens als lächerlich angedeuteten Beschreibung der Feinde schreibt er, dass er "nie niedrig von Ihm gedacht" habe. Doch schreibt in einigen Szenen, dass die Engländer "wie Hasen hin- und hergesprungen sind", als sie unter Maschinengewehrfeuer genommen wurden, es aber "ein Jammer sei, solche mutigen Kerle totschießen zu müssen".
Ab und zu kommt der Gedanke auf, dass EJ glücklich über den Stellungskrieg war, besonders, wenn es kein Vorankommen gab. Dann nämlich konnten sich die Soldaten feste, verschalte Unterstände bauen, die Stollen vertiefen, grosse Schächte in den Boden schlagen und "fast friedensmäßige Gewohnheiten" an-
nehmen.
Nur Gasangriffe werden als "wirklich gefährlich" angesehen, aber trotzdem bestaunten die Soldaten die "Spuren, die das Gas hinterlassen hatte." Doch anstatt dann von den leidenden Soldaten zu berichten folgt, dass "ein Großteil aller Pflanzen verwelkt" waren und "Schnecken und Maulwürfe tot umherlagen".
Doch auch ab und zu berichtet EJ über die grausame Seite des Krieges, doch auch hier "rauchte und aß er trotz der Umgebung mit gutem Appetit. Nur die Witzworte wurden immer seltener. Schließlich verstummte auch der Verwegenste".
Die deutsche Kühnheit wird mehrmals zum Ausdruck gebracht, fällt aber besonders auf, wenn "hunderte khakifarbene Gestalten" durch den Graben "unbekümmert und unter Hilfe der Artillerie heraneilten, wir aber mutig und trotz der bezeichnenden Ungleichheit der Mittel dagegenhielten" und "kurz darauf den Angriff abgewehrt" hatten.
"Die Kameraden lagen im Tode wie friedliche Schläfer vereint" nachdem eine Infanteriegruppe durch einen Volltreffer einer krepierenden Granate zum Opfer gefallen war.
EJ's Zeilen zu den Lazaretten sind besonders unbekümmert zu lesen. So
"verließ Tag für Tag unter dumpfem Trommelschlag ein Leichenzug das
grosse Portal" oder "hier wurde ein Glied abgeteilt, dort ein Schädel
aufgemeisselt". Nachdem sich seine Wunden nach 14 Tagen "halbwegs
geschlossen" haben, kehrt EJ sofort zu seiner Truppe zurück, schließlich fühlt
er sich "zu ihnen verbunden" als ob es seine "Kinder wären".
Als ärgerlichste Todesursache im Krieg zählt EJ nicht etwa, wenn ein Soldat
von hinten erschossen wird, sondern die "tödlichen Verletzungen durch un-
vorsichtigen Waffengebrauch".
Der Krieg ist für EJ sogar so faszinierend, er konnte sich in einer gefährlichen
Situation "trotz der Gefahr nicht vom Dachfenster seines Hauses" trennen,
"denn es war ein spannender Anblick".
Aber auch EJ gibt sich schließlich nachdenklich über sein Tun: "Man war müde
geworden und an das Gesicht des Krieges gewöhnt. Man wurde nicht mehr so
geblendet durch die Gewalt der Erscheinung. Auch merkte man, dass der
Sinn, mit den man ausgezogen war, sich verzerrt hatte und nicht mehr
zureichte".
Anschließend kommt EJ richtig ins Grübeln: "Der Krieg wirft seine tieferen Rätsel auf. Es ist eine seltsame Zeit". "Schließlich", schrieb EJ, hat sich dann im Herbst 1918 "wohl bei allen die Erkenntnis herausgebildet, dass wir uns auf abschüssiger Bahn befanden". "Jeder wusste, dass wir nicht mehr siegen konnten. Aber wir würden standhalten."
Über seine Eigene Heldenhaftigkeit lässt er keine Zweifel zu. Selbst als er in aussichtsloser Lage seinen Kameraden befiehlt sich zu ergeben, schlägt er sich trotz Lungendurchschuss zu den deutschen Linien durch: "Ich hielt dem nächsten die Pistole vor den Leib und drückte ab".
Meiner Meinung nach sollte jeder dieses Buch gelesen haben, wenn auch immer zwischen den Zeilen lesend, da sonst ein Bild des Krieges vermittelt wird, wie es in den Rambo-Filmen zu sehen ist. Wahrscheinlich ist es am besten zu lesen, wenn man zuvor "Im Westen nichts Neues" gelesen hat, da dort ein abscheuliches Bild vom Krieg hervorgerufen wird, bei EJ aber eher die Faszination der Kameradschaft unter den Soldaten zum Vorschein gebracht wird.
Trotz der Verherrlichung des Tötens und des Sterbens ist dieses Buch sehr einfach zu lesen und reisst den Leser mit, immer weiter zu lesen. Mit der benötigten Objektivität lässt sich diesem Roman sehr viel Gutes abgewinnen, einem Grundschüler sollte man es aber genausowenig wie einen Stallone-Film in die Hände geben.
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