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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Flucht und exil


1. Drama
2. Liebe

Am 28. Februar l933, einen Tag nach dem Reichstagsbrand, emigrieren Brecht
und viele seiner Mitarbeiter aus Deutschland. Über Prag, Wien, Zürich und
Paris gelangt Brecht nach Dänemark; dort kauft er auf der Insel Fünen ein
Haus und läßt sich mit seiner Fami-lie nieder.
Der \"Dreigroschenroman\" und das Lehrstück \"Die Horatier und die Kuratier\"

entstehen.
Brecht versucht im Exil, gemeinsam mit anderen Emigranten, seine
dramaturgische Arbeit fortzusetzen. 1935 reist er nach Moskau; kurze Zeit
später erkennen ihm die Nazis die deutsche Staatsbürgerschaft ab.
In Paris nimmt er am Internationalen Schriftstellerkongreß teil und warnt
die Welt vor dem Faschismus. Brecht und Eisler versuchen, Einfluß auf die
Inszenierung der \"Mutter\" in New York zu gewin-nen, können sich aber nicht
durchsetzen, werden vor die Tür ge-setzt und müssen mit ansehen, wie die

Aufführung ein Reinfall wird.
Brecht arbeitet an verschiedenen Emigrantenzeitschriften. zeichnet gemeinsam
mit Lion Feuchtwanger und Willi Brendel als Heraus-geber der in Moskau
erscheinenden Zeitschrift Das Wort\" und be-reist mehrere europäische Städte.
Nach Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs entsteht das Stück \"Die Gewehre
der Frau Carrar\", das im Oktober 1937 in Paris aufgeführt wird. Brecht
schildert den vergeblichen Versuch einer Mutter, sich und ihre Kinder aus
den Bürgerkriegsereignissen herauszuhalten und ihre Wandlung zur

Revolutionärin.
Aus mehreren Einaktern wird \"Furcht und Elend des Dritten Reichs\"
zusammengestellt, das ebenfalls in Paris uraufgeführt werden kann.
In der Exilzeitschrift \"Das Wort\" kommt es zu einer Auseinandersetzung mit
dem marxistischen Theoretiker Georg Lukacs (1885-1971) über Fragen des
Realismus.
Im Exil entstehen Brechts bedeutendste Stücke; bei allen Unterschieden von
Gestaltungsweise und Thematik ist ihnen gemeinsam, daß sie die
Funktionsweise der kapitalistischen Gesellschaft analysieren und den
Zuschauer durch die parabelhafte Darstellung zu Kritik und Veränderung
aufrufen. Das Parabelstück \"Der gute Mensch von Sezuan\" beschreibt die
Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Sezuan steht für alle Orte auf
der Erde, in de-nen Unterdrückung herrscht; die Doppelgestalt Shen Te - Shui
Ta verkörpert sowohl die Deformation des Menschen im Kapitalismus als auch
die Sehnsucht nach einer humanen Welt. Die Frage, ob man nach humanen
Gesetzen in einer kapitalistischen Welt leben kann, wird negativ
beantwortet. Die Götter sind den Konflikten ge-genüber ohnmächtig; sie
können die Widersprüche nicht lösen. Es bleibt die Einsicht beim Publikum,
daß eine andere Welt gebraucht wird, die frei von Widersprüchen ist, frei
von den Widersprüchen, die ein humanes Leben des \"guten Menschen\" nicht
zulassen. 1938 entstehen einige Novellen und theoretische Schriften unter
dem Titel \"Der Messingkauf\".
\"Das Leben des Galilei\" wird fertiggestellt. Mit diesem Stück, das später
zweimal überarbeitet wird, stellt Brecht den Konflikt des Wissenschaftlers
dar, der ein neues Weltbild schafft, das Einfluß auf die gesellschaftlichen
Verhältnisse seiner Zeit hat. Galilei ver-sagt aus Angst vor der Obrigkeit,
die ihn zwingt, seine Entdeckun-gen aus dem Bereich von Physik und
Astronomie für sich zu behal-ten. Damit wird die Frage nach dem Verhältnis
von wissenschaftli-chem Fortschritt und gesellschaftlicher Moral, also die
Frage nach der Verantwortung der Wissenschaft, gestellt.
Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1939 bereitet Brecht sei-ne Emigration
in die USA vor; Zwischenstation ist die Insel Lidingö vor der schwedischen
Hauptstadt Stockholm. Im selben Jahr stirbt der Vater in Augsburg. Brecht
arbeitet an dem Roman \"Die Geschäfte des Herrn Julius Cäsar\" und schreibt
den Hörspieltext \"Das Verhör des Lukullus\".
Ende 1939 wird auch \"Mutter Courage und ihre Kinder\" fertig; dieses Stück
ist nach der \"Dreigroschenoper\" Brechts bekanntestes Werk; die Marketenderin
Courage verliert ihre Kinder, weil sie der Meinung ist, am Krieg Geld
verdienen und ihre Vorteile haben zu können, ohne ihm einen Tribut leisten
zu müssen. Der Krieg ist aber kein unabwendbares Schicksal, dem die
Menschheit hilflos ausgeliefert ist, sondern wird von Menschen gemacht, die
ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen. Diese Warnung vor dem Krieg
sollte eigentlich vor Ausbruch des weltweiten Eroberungskrieges der Nazis
aufgeführt werden, wurde aber zu spät fertig, um noch Wirkung haben zu
können. Als im April 1940 deutsche Trup-pen in Dänemark und Norwegen
einmarschieren, verläßt Brecht Schweden und fährt nach Helsinki. Hier
schließt er die Arbeit am \"Guten Menschen\" ab und kann auch sein Stück \"Herr
Puntila und sein Knecht Matti\" beenden. Der Grundbesitzer Puntila leidet
im-mer dann unter der Unbarmherzigkeit des Kapitalismus, wenn er betrunken
ist; im nüchternen Zustand ist er ein unerbittlicher Aus-beuter. Sein Knecht
Matti durchschaut ihn und zeigt das wahre Ge-sicht des Verhältnisses
zwischen Herr und Knecht: der Herr wird zum Knecht des Knechts. Schließlich
verläßt Matti seinen Herrn. Brecht arbeitet an den \"Geschichten vom Herrn
Keuner\" und be-ginnt mit der Niederschrift der \"Flüchtlingsgespräche\".
Anfang 1941 entsteht unter Mitarbeit von Margarete Steffin \"Der
unaufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui\"; eine bittere Komödie, in der mit den
Mitteln der klassischen Tragödie die faschistische Ter-rorherrschaft auf das
Chicagoer Gangstermilieu übertragen und so Ausmaß und Größe der
faschistischen Verbrechen dargestellt wer-den.
Am 19. April 1941 wird in Zürich \"Mutter Courage und ihre Kinder\"
uraufgeführt; Brecht ist unzufrieden mit dieser Inszenierung, weil er aus
den Theaterkritiken entnehmen kann, daß man seine Absicht mißverstanden und
aus dem Lehrstück eine Tragödie gemacht hat. Über Sibirien und Manila
gelangt Brecht auf der Flucht vor den nach Finnland vorrückenden Faschisten
nach Los Angeles. In San-ta Monica, einem Stadtteil von Hollywood, läßt sich
die Familie nie-der.
Durch den schnellen Vormarsch der Deutschen sind die Möglich-keit für eine
Theaterarbeit immer geringer geworden; Brecht kann kaum noch mit Tantiemen
für Aufführungen seiner Stücke rechnen und versucht deshalb, in der
Filmindustrie einen Job zu erhalten. Es bleibt bei den Versuchen, da Brecht
mit den Arbeitsverhältnissen in den USA nicht zurechtkommt.
In Santa Monica besteht eine deutsche Emigrantenkolonie, zu der auch Freunde
Brechts gehören. Durch sporadische Filmaufträge und großzügige Unterstützung
von Freunden kann sich die Familie durchschlagen. Brechts Sohn Frank fällt
als deutscher Soldat in Rußland; sein Sohn Stefan wird amerikanischer
Staatsbürger und bleibt später in den USA.
Die Teilnahme an Diskussionen eines Soziologenkreises um die Theoretiker Max
Horkheimer und Herbert Marcuse (\"Frankfurter Schule\") liefert Brecht
Materialien für den \"Tui-Roman\", einer Sati-re auf theoretisch-isolierten
Intellektualismus.
Gemeinsam mit Lion Feuchtwanger schreibt Brecht 1943 \"Die Geschichte der
Simone Machard\", die Geschichte des Kampfes eines Dienstmädchens gegen
Kollaboration und Kapitulationsbereitschaft der besitzenden Klasse in
Frankreich während der Nazi-herrschaft.
Im Februar 1943 wird wiederum in Zürich \"Der gute Mensch von Sezuan\" und im
September \"Leben des Galilei\" aufgeführt.
Brecht hat Kontakte zum Emigrantenkreis um den Leiter des Malik-Verlages,
Wieland Herzfelde; er gehört zu den Mitbegründern des
\"Nationalkomitees Freies Deutschland\". Der Versuch, alle deutschen
Hitlergegner im Exil zu einen, schlägt fehl, weil die Gegensätze zwischen
marxistischen und bürgerlichen Intellektuellen nicht überbrückt werden
können.
1944 entsteht \"Der kaukasische Kreidekreis\", eine Parabel um den schlauen
Richter, der ein Kind nicht der leiblichen Mutter zuspricht, sondern einem
Mädchen, das sich seiner angenommen hat; die Parabel ist eingebettet in eine
Rahmenhandlung, in der kaukasische Kolchosbauern über die richtige
Verteilung der Güter unter die Menschen diskutieren, die bereit sind, am
Aufbau des Sozia-lismus mitzuarbeiten.
In \"Schwejk im Zweiten Weltkrieg\" versetzt Brecht 8. Haseks Romanhelden in
die Zeit der faschistischen Okkupation der Tschechoslowakei.
Anfang 1945 beginnt Brecht damit, das Kommunistische Manifest in Verse zu
übertragen; es entsteht ein fragmentarisch gebliebenes \"Lehrgedicht von der
Natur der Menschen\". Mit dem englischen Schauspieler Charles Laughton
übersetzt er den \"Galilei\" ins Englische und erarbeitet eine
Modellinszenierung. Die Figur des Galilei wird völlig neu umgearbeitet.
1947 wird der \"Galilei\" mit Charles Laughten in der Hauptrolle in Beverly

Hills uraufgeführt.
Brecht bemüht sich sofort nach Kriegsende um eine Rückkehr nach Europa. Am
30. Oktober 1947 wird er vor dem \"Komitee für antiamerikanische Umtriebe des
Kommunistenjägers McCarthy über seine Beziehung zur KPD verhört.

 
 

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