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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Expressionismus (literatur und film)


1. Drama
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Expressionismus (Literatur und Film), von Kurt Hiller 1911 geprägter Begriff für die innovativen Literaturströmungen zwischen 1910 und 1925, die sich bewusst von der mimetischen Wirklichkeitsspiegelung des Naturalismus, der Seelenanalyse des Impressionismus sowie dem Ästhetizismus des Jugendstiles und der Neoromantik abzugrenzen suchten. Statt dessen wandte sich die expressionistische (dezidiert antibürgerliche und antinationalistische) Generation mit ihrem radikal-subjektiven, in manchen Zügen dem italienischen Futurismus verwandten Sprachgestus vorwiegend existentiellen und gesellschaftsrelevanten Themen zu, wie Identitätsverlust und Machtmechanismen (Vater-Sohn-Konflikt, sexuelle Besessenheit), der Großstadtproblematik und den Repressionen im wilhelminischen Deutschland. Philosophische Wegbereiter waren Friedrich Nietzsche, Wilhelm Worringer (Abstraktion und Einfühlung, 1907), Sigmund Freud (Traumdeutung, 1900), Gustav Landauer (Aufruf zum Sozialismus, 1911) und Albert Einstein mit seiner Relativitätstheorie.
Die stilistischen Verfahren expressionistischer Schriftsteller sind vielfältig, weshalb die Bezeichnung Expressionismus als Epochenbegriff umstritten ist. Je nach Definition werden auch Werke der älteren Generation (etwa Heinrich Manns) oder der Bewegung lediglich nahe stehender Schriftsteller wie Franz Kafka dem Expressionismus zugerechnet - obwohl gerade Kafka "Lärm und Wortgewimmel" der Bewegung (namentlich Johannes R. Bechers) scharf kritisierte. Zahlreiche scheinbar verbindende Zentralbegriffe der Zeit - allen voran der des "Geistes" - werden auf individuelle Weise mit Sinn gefüllt. Bezeichnend für das Selbstverständnis der expressionistischen Autoren jedoch bleibt ein ausgeprägtes "Wir-Gefühl.
Zentren des literarischen Expressionismus waren Berlin und Wien. Ausläufer gab es u. a. im Ruhrgebiet, im Elsaß und in Innsbruck.

Frühexpressionismus (bis 1914)


Die Phase des Frühexpressionismus begann um 1910. Erste Ansätze fanden sich in der Lyrik, für die sich etwa in den Zeitschriften Der Sturm (von Herwarth Walden) und Aktion (von Franz Pfemfert) sowie in der von Kurt Hiller herausgegebenen Anthologie Der Kondor ein Forum bot. Für den frühexpressionistischen "Reihungsstil" (Silvio Vietta), der durch eine Sukzession von Bildern die Dynamik und Zerrissenheit des Großstadtlebens abzubilden sucht, wurde Jakob van Hoddis' Gedicht Weltende (1911) beispielgebend. Wie in Georg Heyms Der Krieg (1911) schlug sich auch bei van Hoddis außerdem die Marokkokrise nieder. Gottfried Benn und Georg Trakl fanden auf je eigene Weise zu einer zum Dunklen, Grausam-Triebhaften und Morbiden neigenden Bildlichkeit nach dem Muster des französischen Symbolismus und der Lyrik Baudelaires. August Stramms lapidare Wortgedichte suchten die Realitätserfahrung des Fragmentarischen und Disparaten einzufangen. Weitere Lyriker des Frühexpressionismus waren Franz Werfel, Ernst Blass, Yvan Goll, Johannes R. Becher und Ernst Stadler. Ästhetisch und thematisch machten sich Einflüsse des Barock, der Romantik sowie der Lyrik Walt Whitmans oder Arthur Rimbauds bemerkbar: u. a. spielte die Vanitasdichtung des 16. Jahrhunderts eine zentrale Rolle. Gängige poetische Verfahrensweisen waren Allegorie, Bildverdichtung und Typisierung.
Die Erzählungen des Frühexpressionismus schilderten das Groteske oder Paradoxe bürgerlicher bzw. allgemeinmenschlicher Existenz (Alfred Döblins Die Ermordung einer Butterblume, Albert Ehrensteins Tubutsch), versuchten die abstrakte Wirklichkeit des Urbanen aufzuzeigen (Paul Zechs Die Terrasse am Pol) oder der erstarrten wilhelminischen Gesellschaft den Vitalismus des Wahnsinns entgegenzustellen (Georg Heyms Der Irre). Ein radikal neues, vom bürgerlichen Realismus fortführendes Erzählen erprobte Carl Einstein mit seinem experimentellen Roman Bebuquin (1912). Wegbereiter des essayistischen Erzählens war neben Otto Flake Robert Müller, dessen Buch Tropen. Der Mythos der Reise (1915) zudem eines der wenigen Beispiele eines expressionistischen Romans darstellt (einen expressionistischen Detektivroman schrieb später Otto Soyka). Den Versuch, Literatur im Sinn der Romantik als "Neue Mythologie" zu bestimmen, unternahm der Prager Schriftsteller Paul Adler mit seiner Erzählung Nämlich und dem Roman Die Zauberflöte. Weitere Erzähler der Zeit waren u. a. Kasimir Edschmid, Ernst Weiss, Theodor Däubler und Else Lasker-Schüler.
Das frühexpressionistische Drama - erstes Beispiel ist Reinhard Sorges Der Bettler (1912) - beruft sich auf Vorläufer wie Frank Wedekind und August Strindberg, wobei es von letzterem die Stationentechnik übernimmt: Anders als bei Strindbergs Nach Damaskus (1899) allerdings führen die locker aneinandergereihten Szenen nicht zur Katharsis des Helden, die Figuren bleiben in ihren Konflikten befangen. Zum Kreis frühexpressionistischer Dramatiker gehören Carl Sternheim, Walter Hasenclever und Georg Kaiser, der 1916 mit Von Morgens bis Mitternachts das erste deutsche Großstadtdrama schuf. War in der Prosa die Erzählung beliebteste Form, so suchte man auch auf der Bühne die Verknappung: Zahlreiche Einakter, z. B. von Alfred Döblin und Oskar Kokoschka, sind hierfür Beleg.

 
 

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