Tanguy: Tanguy ist mit 5 Jahren aus Madrid geflohen. Er liebt seine Mutter sehr, ist aber auch traurig bzw. wütend, dass sein Vater ihn und seine Mutter angezeigt hat. Er leidet sehr darunter, dass seine Mutter immer dann mit ihm aus einer Stadt wegzieht, wenn er sich gerade eingelebt und Freunde gewonnen hat. Im KZ ist er trotz der unmenschlichen Bedingungen glücklich, weil er einen Menschen gefunden hat, der ihm immer wieder neue Kraft gegeben hat. Tanguy ist sehr traurig, als Günther getötet wird. Ihm ist so, als hätte man ihm ein Stück von ihm selbst herausgerissen. Er versucht bei allen Menschen nur die besten Seiten zu sehen, sogar bei den SS-Soldaten, denn er meint, sie täten all dies nur als treue Anhänger des Regierungssystems. Die Mönche in der Anstalt hasst er aber über alles, nicht nur wegen der Prügel, sondern weil sie noch jeden Morgen zur heiligen Kommunion gehen. Der Pater in der neuen Schule nimmt für Tanguy allmählich die Vaterposition ein. Als Tanguy später seinen Vater wieder trifft, merkt er, dass er sich nach dem Krieg nicht geändert hat.
Mutter: Tanguys Mutter ist anfangs sehr fürsorglich und liebte Tanguy sehr, der Krieg zerstörte aber ihr Inneres und als sich die beiden nach 13 Jahren wieder sehenwiedersehen ist sie genauso bösartig wie sein Vater.
Günther: Günther ist der einzige Mensch, dem Tanguy in dem KZ trauen kann. Er versorgt ihn mit Essen und spendet ihm auch immer wieder neue Kraft und neuen Mut. Als Günther umgebracht wird, fühlt sich Tanguy so, als ob man ein Stück von ihm herausreißen würde.
Vater: Tanguys Vater ist vor dem Krieg, sowie auch nach dem Krieg ein feiger Kapitalist, der nur auf das Äußere der Menschen schaut und dem es egal ist, wie es im Inneren dieser Menschen ausschaut. Er zeigt Tanguy und seine Mutter im Krieg bei der Polizei an und diese werden in ein KZ gebracht. Diese Tat verzeiht die Mutter ihm nie, Tanguy kann darüber aber hinwegsehen.
4. LESEFRÜCHTE
Seite 9:
"Ein Glück, das mit dem Unglück der Mitmenschen erkauft wird, ist ein unerlaubtes Glück."
Seite 81:
Im Jahre 1943 sollte den Deportierten klar werdenklarwerden, dass die Kunstfertigkeit des Menschen im Vernichten von seinesgleichen erschreckender Steigerung fähig ist. Sie hatten geglaubt, die Grenzen der Leidensfähigkeit erreicht zu haben. Jetzt sollten sie erfahren, dass sie keine Grenzen hat; dass der Mensch unendlichen Leidens fähig ist.
Seite 91:
"Im einem Krieg gibt es weder Sieger noch Besiegte: es gibt nur Opfer."
Seite 91:
... Niemand, der sie nicht selber durchlebt hat, kann wissen, was die Nächte des Jahres 1943 in einem deutschen Konzentrationslager bedeuteten; niemand, der es nicht selber erfahren hat, kann wissen, was in einem vorgeht, wenn man auf seinem Strohsack liegt und den Barackenaufseher mit einer Liste in der Hand auf sich zukommen sieht; niemand weiß, was es heißt, jede Sekunde auf den Tod gefasstgefaßt sein zu müssen. Jeder Tag kann der Tag sein. Und die Tage werden eine endlose Agonie.
Seite 93:
"Der Krieg ist eine Geißel. Man ruft: c'est la guerre, c'est la guerre! ... so wie man im Mittelalter rief: Die Pest kommt, die Pest kommt! ... Niemand will den Krieg, aber eines Tages ist er da, und man fügt sich ein. Man bereut es erst, wenn man ihn kennen gelerntkennengelernt hat, und dann ist es zu spät."
Seite 143:
"Was einen Menschen alt macht, ist nämlich das Abschiednehmen; je häufiger man in seinem Leben hat Abschied nehmen müssen, um so älter ist man. Älterwerden heißt, einen Menschen oder sonst etwas verlassen..."
Seite 149:
Reichlich lendenlahm so ein Glaube, der vom PortmoneePortemonnaie abhängt! Nicht das Überflüssige muss man geben können, sondern das Notwendige.
Seite 177:
"Sie haben begriffen, dass sie die Stärkeren sind. Früher oder später wird sich der Streik von heute für die Herren da oben zu einer wahren Katastrophe auswachsen. Es hat immer schwerwiegende Folgen für die Arbeitgeber, wenn die Arbeiter sich ihrer selbst bewusstbewußt werden, denn dann begreifen sie, dass sie sich in der Überzahl befinden . Das kommt nicht heute oder morgen . Aber die Dampfwalze ist im Rollen. Nichts wird sie mehr aufhalten. Schwierig ist immer nur, sie anzukurbeln."
5. DEUTUNG
Weder das Kind noch der erwachsene Mann Tanguy kennen die Sicherheit und Geborgenheit eines richtigen Zuhause, einer dauerhaften Beziehung. Jede Trennung, jedes Weggehen - müssen, jeder Abschied ist für den Knaben Tanguy deshalb um so schmerzhafter. In diesem Leben auf der Flucht wird dem Kind immer wieder der Mensch genommen, den er sich gerade vertraut gemacht hat.
Doch so tief auch jedes Maljedesmal die Wunde ist, sucht der Junge immer nach Erklärungen. Mit seinem unerschütterlichen Glauben an das Gute entschuldigt er die schrecklichsten GräueltatenGreueltaten der Kriegsverbrecher. Im Innersten hält er an der Idee von einer heilen Welt außerhalb dieser Kriegswirren fest. In all den Tiefschlägen, die das Schicksal für ihn bereit hältbereithält verteidigt er vor sich seine Ideale. Er erträgt das Leben im KZ, weil er dem Krieg die Schuld an der Schlechtigkeit der Menschen geben kann. Und immer ist er beseelt vom Gedanken, später, wenn die Welt wieder im Lot sein würde, seine Mutter wieder zu findenwiederzufinden!
Sein Urvertrauen und sein Optimismus werden jedoch von der heuchlerischen Brutalität der Brüder im Jesuitenkloster gebrochen. Hier sieht er sich einer Form der Gewalt gegenüber, die durch nichts erklärbar ist. Die Mönche strafen mit System und einem Sadismus, der durch nichts gerechtfertigt ist. Und das Unfassbarste: sie empfangen allmorgendlich die heilige Kommunion. Erst jetzt wird auch für ihn Härte und Hass zum Lebensinhalt.
Im Roman "Elegie der Nacht" zeigt uns Michel del Castillo in autobiografischerautobiographischer Weise die Wirrnisse seiner Kindheit. Er führt uns in eine Gefühls- und Gedankenwelt, die in ihrer Subtilität ergreifend ist. Das positive Denken, das den Knaben Tanguy in all den Jahren der Verluste und schmerzhaften Erlebnisse aufrechterhalten hat, sollte uns heute in der Orientierungslosigkeit und Verrohung unserer Zeit Vorbild sein.
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