Hofmannsthals Einstellung gegenüber der Verbundenheit von Kunst und Leben wurde ja schon ausführlich diskutiert. Nun wollen wir die Rolle des Vermittlers zwischen diesen beiden Polen, die Rolle des Dichters, besprechen. Hugo von Hofmannsthal hat Betrachtungen über das Verhältnis zwischen dem Leben und dem Dichter zeitlebens eine Fülle an Aufsätzen und Essays gewidmet. Die Abhandlung, die am Prägnantesten seine Einstellung herausstreicht, ist wahrscheinlich der 1897 entstandene Aufsatz "Dichter und Leben".
"Wer immer mit den Spiegelbildern zu tun hat, wird im Guten und Bösen nicht sehr geneigt sein, an das Feste zu glauben" - mit diesen Worten umreißt Hofmannsthal gleich zu Beginn seiner Abhandlung das Dilemma, in dem sich der Dichter befindet. Was er produziert, sind Spiegelbilder der Wirklichkeit, die wohl einen Bezugspunkt im Leben haben können, aber letztlich immer der Imagination des Dichters entspringen. Da aber nach dem Hofmannsthalschen Kunstverständnis diese Spiegelbilder so natürlich und lebendig erscheinen, als wären sie Wirklichkeit, besteht auch die Gefahr, nicht mehr unterscheiden zu können zwischen dem Wirklichen, das nicht viel mehr sei "als der feurige Rauch, aus dem die Erscheinungen hervortreten sollen" und den Erscheinungen, den "Kinder[n] dieses Rauches" .
Immer ist der Dichter zerrissen zwischen der überwältigenden Pracht des Lebens und der Schattenhaftigkeit, die deren Darstellung immer anhaftet. Eine schwache Begabung werde daran zerbrechen und hinabgezogen, so Hofmannsthal, eine starke jedoch nur noch weiter emporgetrieben.
Er beschließt seinen Aufsatz mit einem erneuten Hinweis auf den Blick auf das Ganze, der nicht nur dem literarischen Werk zugute kommen soll, sondern den auch der Dichter auf die Natur wirft: "Der Dichter begreift alle Dinge als Brüder und Kinder eines Blutes" . Er bewundere die einzigartige Verbundenheit, die zwischen allen Elementen der Natur bestehe und um dem Leben in seiner Darstellung gerecht zu werden, setze er "über alles [...] das einzelne Wesen, den einzelnen Vorgang" . Dieser Hinweis bezieht sich auf Hofmannsthals Bewunderung der Bilder, der Gleichnisse und Symbole. Nur durch das symbolhafte Herausheben von Einzelheiten, die wiederum das Ganze repräsentieren, könne man ihn darstellen, den "Zusammenlauf von tausend Fäden, die aus den Tiefen der Unendlichkeit herkommen und sich nirgend wieder, niemals völlig so treffen" .
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