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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Die leiden des jungen werthers - biographische bezüge des romans:


1. Drama
2. Liebe

Goethe beharrte immer darauf, dass sein "Werther" als Kunstwerk und nicht als eine Art Konfession oder nur wenig verschleierte Autobiographie gelesen werde. Dennoch besitzt das Werk sehr deutliche Bezüge in der Biographie Goethes.
Goethe hielt sich als Praktikant in der Zeit von Mai bis September 1772 am Reichskammergericht in Wetzlar auf. Schon bald lernte er den Kammergerichtssekretär Christian Kestner kennen und freundet sich mit ihm an. Den Berichten Kestners zufolge hat Goethe am 9. Juni 1772 auf einem Ball Charlotte Buff kennen gelernt. Dass sie die Verlobte Kestners war, erfuhr Goethe zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Kestner berichtet weiter, dass Goethe sich in Charlotte verliebt habe und schließlich angesichts der Vergeblichkeit dieser Liebe zu dem Entschluss gekommen sei, Wetzlar am 11.9.1772 zu verlassen. Gemeinsames Gesprächsthema am letzten Abend vor Goethes Abreise war das Leben nach dem Tode.
Gewisse Übereinstimmungen zwischen Werther und Goethe liegen auf der Hand. Das zeigt sich etwa in solchen Details, dass Goethe ähnlich wie Werther einen Schattenriss Charlottes besaß. Auch andere Details stimmen zwischen Realität und Fiktion überein. So war auch Charlotte Buffs Mutter gestorben, und die Tochter kümmerte sich an ihrer Stelle um eine große Schar jüngerer Geschwister.
Goethe hat freilich im Gegensatz zu seinem Helden die unglückliche Liebesgeschichte überlegt und mit ihrer literarischen Verarbeitung den Grundstein für seinen literarischen Weltruhm gelegt. Doch auch für den Selbst-
mord Werthers gibt es ein historisches Vorbild. Am Wetzlarer Reichskammergericht arbeitet der 1747 geborene Karl Wilhelm Jerusalem, den Goethe noch aus gemeinsamer Leipziger Studienzeit kannte, zu dem er aber nie intensiven Kontakt hatte. Der junge Jerusalem liebte nun die Frau des Pfalz-Lauternschen Gesandtschaftssek-
retärs, Elisabeth Held. Weil diese Liebe unerwidert blieb, erschoss er sich in der Nacht vom 29. auf den 30. Oktober 1772. Als Goethe ungefähr zwei Wochen später von Jerusalems Selbstmord erfuhr, ließ er sich genau von Kestner über den Vorfall berichten. Was wir in Kestners Bericht über Jerusalems Selbstmord erfahren, ist bis in Einzelheiten und einigen Formulierungen hinein im Roman wieder zu finden. Besonders kurios ist, dass Jerusalem die Pistole, mit der er sich umgebracht hat, ausgerechnet bei Kestner ausgeliehen hat. Goethe hat später in seiner Autobiographie bemerkt: "In diesem Augenblick [nach der Nachricht und dem Bericht von Jerusalems Tod] war der Plan zu Werthern gefunden, das Ganze schoss von allen Seiten zusammen."
Die Jahre 1772-1774 waren für Goethe eine Zeit der Krisen. Er war sich nicht klar darüber, wie es mit ihm weitergehen sollte. Eine Juristenkarriere war nicht das, was Goethe als Perspektive vor Augen hatte. In dieser Situation hat ihn die Arbeit am "Werther" aus seiner Krise gerettet. Das, was Werther im Roman nicht fertig bringt, nämlich produktiv zu werden, ein Kunstwerk zu schaffen, das gelingt Goethe mit seinem "Werther", der nicht einfach ein Protokoll der Leiden ist, sondern durch seine künstlerische Form eine Distanzierung zu dem schmerzhaften Erlebten ermöglicht. Goethe hat dies selbst so gesehen:
"Ich hatte mich durch diese Komposition, mehr als durch jede andere, aus einem stürmischen Elemente gerettet. [.] Ich fühlte mich wie nach einer Generalbeichte, wieder froh und frei, und zu einem neuen Leben berechtigt."
(Klett Editionen, S. 145)

 
 

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