. Faust:
Am Anfang des zweiten Teils plagt ihn noch immer das schlechte Gewissen über die Gretchentragödie. Nach seinem "Heilschlaf" erkennt Faust am Bild eines Regenbogens, der sich in der Gischt eines Wasserfalls bildet, dass dem Menschen das Absolute nur im Schleier des Vergänglichen erträglich und das der Raum seiner Existenz das Farbige ist,der Zwischenbereich von Licht und Dunkel. Deshalb rafft er sich wieder auf und strebt nach seiner eigenen Perfektion, was zu einer Sehnsucht nach dem Urbild griechischer Schönheit führt.
Er leistet nun vehemend Widerstand gegen Mephisto, der ihn immer wieder verführen will. Er hasst das höfische Gehabe und die Intrigen des Kaisers, doch dient er ihm aber um einerseits der Menschheit zu helfen und andererseits Geld und politische Macht zu erlangen. Faust beschreitet aber auch falsche Wege (Wissenschaft, Liebe, Magie und Macht), er ist masslos und muss lernen zu verzichten. Er muss sterben, wenn er ein einziges Mal mit dem Augenblick zufrieden ist. Er erreicht zwar keines seiner Ziele, doch aus dem von Mephisto beabsichtigten Bösen wird immer das Gute. Mephisto verliert die Macht über ihn, weil: " Wer immer strebend sich bemüht/ Den können wir erlösen." (Faust II, 5.Akt)
. Mephisto:
Er, der Teufel ist nicht ebenbürtiger Widersacher Gottes, er ist einer "unter dem Gesinde", und damit notwendiger Teil des Kosmos. Mephisto verkörpert das Böse, der die Welt des Genusses bietet. Dieses Böse ist notwendig um sich der Wahrheit zu nähern. Schon im 1.Teil definiert er sich selbst als "Geist des Wiederspruchs", er will das Nichts anstelle des Seins, das Ergebnis ist aber immer das Gute. Immer wieder versucht er Faust über seine Verlockungen in seine Netze zu ziehen, und sinkt dabei in die Rolle des widerwilligen Dieners ab. Auch schädigt er das Volk, und treibt üble Spielchen am Kaiserhof als Wunderdoktor. Nebenbei bringt er den Kaiser in seine Netze, und den Staat durch sein Papiergeld in eine Inflation und fast an den Abgrund. Jedoch zeigen sich die Grenzen seiner Macht immer wieder: Er sagt bei der Beschwörung Helenas, dass er über die antike Welt keine Macht besäße, und auch bei Fausts Tod wird er von Engeln in die Schranken gewiesen. Der "Geist, der stets verneint" (Faust I, Z.1338) zeigt sich als humorvoller Selbstironiker, als spöttischer Kommentator und Weltbetrachter.
Letztendlich kann er seinen Misserfolg nicht eingestehen und beschimpft den Engel, der Mephisto den Ausgang der Wette verkündet.
Interpretation:
Faust II wendet sich im Gegensatz zum ersten Teil fast vollständig allen bekannten Formen ab. Der erste Teil kann eine gebunden Einheit der Personen und Handlung vorweisen. Auch ist er zur satirischen Sprache wirklichkeitsbezogener. Dagegen zerfällt der zweite Teil in panormisch breit entfaltete Einzelszenen, die der symbolischen Veranschaulichung verschiedensten Themen dienen. Die Fülle an Bildern und Symbolen findet in einer Sprache Ausdruck, die jeder Szene die allein gültige Gestalt gibt. Antwort darauf könnte vielleicht Goethes Durchwanderung verschiedener Literaturepochen und Lebenseinstellungen geben. Die Aufklärung zeigt sich mit ihrem Gottes- und Menschenbild präsent,denn sie veranschaulicht ein wohlgerichtetes Weltganzes im Drama. Der Sturm und Drang zeigt Faust als Genie des enthusiastischen Gefühls, und die Klassik als Repräsentant der gnädigen Menschen. Die Romantik repräsentiert im Werk das Mutwillige und Skurrile, so zum Beispiel die katholische Mythologie der Grablegung und der Verklärung Fausts.
Das Drama ist in 5. Akte gegliedert, die gekennzeichnet sind durch häufigen Standortwechsel. Ein anderes besonderes Merkmal ist die ständige Verwendung von mystischen Symbolen und mythologischen Figuren. Man kann daher sagen, dass es für Goethe bezeichnend ist, dass er vielfach direkte Bezüge und Aussagen vermeidet, dass er das, was er meint und ausdrücken will, nur umschreibt, sich in Figuren und Bildern widerspiegeln lässt. Goethe hat bei der Darstellung der Symbole aus seinem immensen Wissen über alle ihm vertrauten Geschichts- und Kulturwelten geschöpft.
Er begann schon während der Arbeit zu Faust I an Bruchstücken des zweiten Teils zu arbeiten, die er zwischen 1825 und 1831 planmäßig ausarbeitete und vollendete. 1827 veröffentlichte er in der " Ausgabe letzter Hand" den Helena Akt mit dem Untertitel "Klassich-romantische Phantasmagorie", und 1828 die Szenen am Kaiserhof. Der endgültige Abschluss des zweiten Teils erfolgte, wie gesagt, in seinen letzten beiden Lebensjahren.
Eigene Meinung:
Mir hat die Fortsetzung des 1.Teils nicht mehr so gut gefallen, da mir das dämonische und mystische der Gelehrtentragödie fehlte.. Doch nichts desto trotz muss man Goethe für dieses gigantische Werk gebührenden Lob aussprechen.
|