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deutsch artikel (Interpretation und charakterisierung)

Die große flucht - kritik


1. Drama
2. Liebe


3.1 Adressatenkreis / Der Adressatenkreis dieses Buch ist, da es in dem Zusammenhang einer Aufsatzreihe einer Wochenzeitung entstanden ist, sehr groß. Es richtet sich an jeden, vom Experten, da es in Vakuum der bisherigen Geschichte vorstieß, bis zum "normalen Volk", das sich mit den Geschehnissen dieser Zeit befassen will.
Man braucht keine besonderen Vorkenntnisse der Geschichte, um dem Buch folgen zu können und die dort beschriebenen Geschehnisse in das gesamtgeschichtliche Umfeld dieser Zeit einordnen zu können. Wie auch in der Intention vermerkt, war es ein Versuch die breite Öffentlichkeit auf das Schicksal der damaligen Ostdeutschen hinzuweisen und das Gedenken an die verschwiegenen Opfer im damaligen Ostdeutschland zu wahren. Somit ist das Buch in die populärwissenschaftliche Sparte einzuordnen.



3.2 Lesbarkeit und didaktische Hilfen

Das Buch lässt sich einfach und flüssig lesen. Dem Adressatenkreis entsprechend ist die Sprache dieses Buches einfach und verständlich. Thorwald verzichtet auf geschichtlichen Fachjargon oder grammatikalische Besonderheiten. Die einigen wenigen Fremdwörter die auftauchen behindern das Lesen in keinem Maße und lassen sich oft aus dem Zusammenhang erschließen.
Didaktische Hilfen sind, bis auf ein sehr nützliches Personenregister, in dem der Name mit der begleiteten Funktion steht, nicht vorhanden und auch nicht nötig.
Thorwald verzichtet auf störende Anmerkungen und Indices, die wegen einer einfachen Sprache auch überflüssig wären.




3.3 Inhaltliche Stellungnahme

Ich beurteile das Buch als sehr gelungen. Die Geschichte der Flucht der Deutschen ist tief bewegend und erschütternd.
Die zahlreichen Zeugenberichte, machen das Buch sehr authentisch. Thorwald zieht fast zu jedem Thema einen Zeugenbericht heran, die seine Ausführungen unterstützen. Immer wieder übernimmt er ganze Tagebucheinträge von Betroffenen, was einem das Geschehene noch näher vor Auge rückt und das ganze Ausmaß der Tragödie erfassen lässt. Oftmals fühlt man sich durch die Zeugenberichte mitten in die Geschehnisse hineinversetzt und findet sich in einem Gefühl der Hilflosigkeit wieder. Die unbeschreiblichen Berichte, besonders in Form von persönlichen Notizen oder Tagebucheinträgen, der Misshandlungen benötigen ein hohes Maß an Selbstbeherrschung um nicht eine Wut auf die Russen und Tschechen zu entwickeln, welche diese Misshandlungen, Vergewaltigungen, Morde und Plünderungen verübten.
Thorwald zieht nicht nur zum Thema der Flucht und der Misshandlung Zeugenaussagen hinzu. Er beschreibt auch die Wirren in der Reichskanzlei anhand einiger Berichte von Personen, die die Reichskanzlei das erste Mal betreten.
Zusätzlich schildert er zum Beispiel eine Diskussion von einem Vater mit seinem Sohn und einem Professor mit seinem ehemaligen Schüler, der als Frontsoldat dient. Solche, meist mit der Thematik der Flucht direkt nicht im Zusammenhang stehenden, Dialoge lassen dem Leser auch einen Einblick in die damaligen Ansichten von normalen Menschen zu den Geschehnissen ihrer Zeit und wie sie von der Propaganda manipuliert wurden.

Durch das ausgewogene Verhältnis zwischen zivilen Fluchtgeschichten und Heeresbewegungen schafft es Thorwald nicht nur die Flucht der Zivilisten angemessen zu beschreiben, sondern ebenso die Atmosphäre der Reichskanzlei, die Persönlichkeiten der deutschen Generalität und die Sturheit der Parteifunktionäre, Gauleiter oder Fanatiker. Wenn man bedenkt, dass durch die Vorschläge der, noch objektiven, von der Reichskanzlei unbeeinflussten Generäle die Zivilbevölkerung, durch frühzeitige Evakuierungen, gerettet werden können, steht man der Tatsache gegenüber, dass Hitler nicht "nur" das Leben von 6.000.000 Juden zerstörte sondern sogar seinem eigenen Volk die Möglichkeit raubte, sich den Misshandlungen zu entziehen. Thorwald schafft es, auch in diesem Punkt, dem Leser sehr tiefe Einblicke in die Ereignisse zu verschaffen.

Einen Kritikpunkt möchte ich aber noch anmerken. Und zwar der fehlende Überblick der Front durch weitgehend unbekannte geographische Bezeichnungen. Durch die zahlreichen Städtenamen entlang der Frontverläufe, die mir zumindest weitgehend unbekannt waren, verliert man einen Überblick über die Stellungen der Deutschen bzw. der Russen. Sich somit klarzumachen wie weit die Russen noch von bestimmten Städten oder Stadtteilen entfernt waren, lässt sich leider auch nicht durch einen Atlas in Erfahrung bringen, denn viele Städte waren im Atlas nicht zu finden. Ich glaube das liegt daran, dass dieses Buch zwischen 1949 und 1951 geschrieben wurde und der Bevölkerung, gerade weil die Geschehnisse nur 5 Jahre zurücklagen, diese Namen noch geläufig waren. Es wäre aber besonders deswegen sehr hilfreich gewesen, wenn von dem Verlag nachträglich einige Karten mit den entsprechenden Bezeichnungen hinzugefügt worden wären.

Insgesamt aber ist "Die Große Flucht" ein sehr gutes Buch, das die Geschichte der Vertreibung und der Flucht von mehreren Seiten aus beleuchtet. Auch wenn ich mir gewünscht hätte, einige Schilderungen von russischer Seite in dem Buch vorzufinden, kann man sagen, dass es Thorwald gelungen ist diese Thematik objektiv und angemessen zu betrachten.
Das Buch ist, meiner Meinung nach, ein sehr wichtiger Anfang gewesen das Geschehen zu verarbeiten und es nicht zu verdrängen. Noch heute steht dieses Buch, nicht nur als Standartwerk zu dieser Thematik, sondern auch als Mahnmal des "Nichtvergessens" da. Ich kann jedem, der sich mit der Thematik auseinander setzen will, das Buch nur sehr empfehlen und hoffen, dass weiterhin über das Geschehene diskutiert und geredet wird, um zu verhindern, dass die Opfer jemals vergessen werden.

 
 

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