1904 wurde der Reigen erstmals beschlagnahmt. Von diesem Zeitpunkt an sollte die Kette der Verfahren nicht mehr abreißen. Selbst Schnitzler wußte im Jahre 1927 nicht, ob sein Buch jetzt offiziell erlaubt oder verboten war.
Man schrieb damals das Jahr 1920 und dies sollte ein aufregender Tag für das kleine Schauspielhaus in Berlin werden. Doch zu Mittag traf der Spruch des Landesgerichts 3 ein, der den Reigen wegen Unzüchtigkeit des Textes verbot.
Veranlasser der einstweiligen Verfügung war anscheinend die Direktion der Hochschule, die auf jenen Paragraphen des Mietvertrags berief, nach dem im Haus keine Stücke aufgeführt werden durften, die "in sittlicher, religiöser, politischer oder künstlerischer Beziehung Anstoß erregen.
Es schien jedoch, als würden sich die motivierten Schauspieler nicht von diesem Gerichtsspruch beeinflussen lassen und so kam es, daß die junge Schauspielerin Frau Eysoldt am Abend des 23. Dezembers vor den Vorhang trat und rief: "I ch gehe lieber ins Gefängnis, als daß ich angesichts einer philiströsen Verfolgung aus persönlicher Angst die Sache der Kunst preisgebe." Dann begann das Theaterspiel.
Das Stück hatte Erfolg doch dieser war nicht überwältigend. Die Aufführung war mit Spitzenschauspielern besetzt und setzte einen hohen Grad an literarischem Verständnis voraus. Kenner der damaligen Berliner Theaterszene sagten einen Serienerfolg von dreißig Aufführungen voraus. Aber sie verschätzten sich gründlich: Dreihundertmal öffnete sich der Vorhang vor dieser Inszenierung und Aufführungen in vielen deutschen Großstädten folgten.
Am 3. Jänner 1921 wurde die einstweilige Verfügung des Landesgerichts aufgehoben. Doch Prof. Brunner, ein widerspenstiger Gegner des Reigens, wollte nicht aufgeben. Er kämpfte mit aller Macht gegen dieses Stück und sammelte sogar Unterschriften in der Bevölkerung. Die rechtsradikalen Zeitungen hetzten gegen Schnitzler und bezichtigten ihn ein Verbrecher der Literatur zu sein. (Anmerkung: Schnitzler war ein Jude)
Am 22. Februar 1921 spielten sich dann wahrscheinlich die unglaublichsten Szenen ab, denn die Theateraufführung wurde von der Polizei gestört. Diese Stürmte das Theater und störte die Vorstellung. Die Schauspieler, der Regisseur sowie die Direktion wurden festgenommen. Die Künstler wurden jedoch unter Rügen wieder freigelassen.
Diese Rügen wollten allerdings die ehrgeizigen Kämpfer der Kunst nicht ernst nehmen und führten den Reigen erneut auf. Somit war es am 5. November 1921 wieder soweit, als die Akteure in Moabit auf der Anklagebank saßen. Dieser Prozeß sollte zu einem sogenannten "Mammutprozeß" werden, denn er zog sich über sechs Tage hin. Alle Angeklagten freigesprochen, da sich nichts Ärgerniserregendes zugetragen hatte.
Heute ist das Stück natürlich nicht mehr skandalträchtig und wird an vielen bekannten Theatern aufgeführt. Als Beispiel möchte ich die Theater AG des Kerpener Gymnasiums nennen, die den Reigen mit großem Puplikumserfolg aufführt.
(siehe Fotos von der Arbeit der Theater AG)
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