Kundera hat sich für die Erzählung seiner Romane für einen auktorial auftretenden und sich einmischenden Erzähler entschieden, der den Erzählvorgang thematisiert und die Fiktionalität aufbricht. Er führt dank seiner Allwissenheit in der Erzählung selbst Regie, kommentiert dem Leser das Erzählte, zum Beispiel das Fehlverhalten und die Schwierigkeiten seiner Figuren, erläutert sein Erzählkonzept und seine philosophischen Grundgedanken. Zu einem entscheidenden Merkmal der Erzählfunktion dieses Romans gehört, daß der Erzähler seinem Leser regelrecht den Vorgang des Erzählens offenlegt und somit die Illusion zerstört, wie an folgendem Textzitat deutlich wird:
Wie schon gesagt, werden Romanpersonen nicht wie lebendige Menschen aus dem Mutterleib, sondern aus einer Situation, einem Satz, einer Metapher geboren, in deren Kern eine Möglichkeit des Menschen verborgen liegt, von der der Autor meint, daß sie noch nicht entdeckt oder daß noch nichts Wesentliches darüber gesagt worden sei. ... Die Personen meines Romans sind meine eigenen Möglichkeiten, die sich nicht verwirklicht haben.
Der Erzähler überblickt von seiner überlegenen Position die verschiedenen auseinanderlegenden Schauplätze, die verschiedenen Zeiten und auch die Vorgeschichte seiner Figuren. Die Figuren sind für ihn ein \"experimentelle Egos\", welche die eigenen Möglichkeiten des Erzählers vorleben, die sich nicht verwirklicht haben.
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