Das Faszinierende und gleichzeitig Erschreckende für mich persönlich an dem Roman ist, dass man auch als völlig gewaltfreier Mensch eine große Jovialität und großes Verständnis für Hella Moormann aufbringt. Alle Morde, insbesondere der "Unfall" an Margot, erscheinen logisch und nachvollziehbar. Der Leser empfindet durch die präzise Beschreibung den gleichen Ekel gegenüber der Haushaltshilfe und ist überrascht, jedoch fast erfreut über ihren Tod.
"Die Apothekerin" von Ingrid Noll wirkt mit der präzisen und immer passenden Wortwahl obgleich der öfters zu ausführlichen Darstellung nie ermüdend. Das Buch ist mit viel schwarzen Humor und einer Menge Ironie geschrieben, wodurch die Protagonistin auf mich noch viel symphatischer wirkt.
Das Buch hat trotz der spannenden und fast schon witzigen Passagen leider auch einige Schwächen. Der Einstieg in das Buch ermöglicht ein schnelles Einlesen und errichtet viel Spannung auf das weiterhin Geschehende auf. Leider baut das Buch im hinteren Teil mit Qualität ab und verwandelt sich in eine einfallslose Dreiecksbeziehung, die nur noch wenig vom anfänglichen Charme vorweist. Der Schluss überzeugt bedauerlicherweise auch nicht sonderlich, mit dem Abbrennen des Hauptschauspielplatzes, der Villa, sind Hella Moormanns Probleme zu unrealistisch und banal gelöst.
Mein Fazit ist jedoch, dass mir das Buch gut gefallen hat und ich es trotz meiner Abneigung gegenüber Krimis gern gelesen habe. Das kann allerdings daran liegen, dass Ingrid Noll mit diesem Buch eher einen psychologischen Roman geschrieben hat als einen Krimi. Die Textpassagen, wo sie von ihren erfolglosen Männergeschichten spricht, hat mich sogar eher an die Autorin Hera Lind erinnert.
Das Buch ist weiter zu empfehlen, denn es nimmt trotz der trivialen und sich etwas ziehenden Dreiecksbeziehung einen frischen und überraschenden Charakter an.
|