Leben des Dichters:
Am 18. 10. 1777 wurde Heinrich von Kleist in einer preußischen Offiziersfamilie in Frankfurt/Oder geboren. Nach dem frühen Tod seines Vaters kam er 1788 in das Haus des Predigers S. Cartel und besuchte ein französisches Gymnasium. Kleist nahm am Rheinfeldzug teil, wurde Leutnant und schied 1799 freiwillig aus dem Dienst aus. Danach begann er Philosophie, Physik, Mathematik und Staatswissenschaft in Frankfurt zu studieren, brach aber bald darauf sein Studium wieder ab. Er wollte keinen akademischen Brotberuf ausüben und wurde andauernd von Selbstzweifeln geplagt. Versuche, sich als Herausgeber zweier von ihm gegründeter Zeitschriften, Phöbus (1807/08) und Berliner Abendblätter (1810/11), den Lebensunterhalt zu verdienen, scheiterten. Er war unangepasst, hatte immer Geldprobleme und wurde ständig von Selbstzweifeln geplagt. (vgl. E: S.149-150) In dieser Ungewißheit wendet er sich wieder verstärkt der Wissenschaft zu und trifft auf die "neuere sogenannte Kantische* Philosophie", die ihn in eine tiefe erkenntnistheoretische Krise stürzt. (H: S.34)
Ohne literarischen Erfolg, an menschlichen Bindungen zweifelnd und über die politische Lage verzweifelt, nahm er sich am 21. November 1811 gemeinsam mit seiner unheilbar kranken Freundin Henriette Vogel am Wannsee das Leben. ( vgl. G: S.1)
(LP: Kleists letzter Brief an seine Stiefschwester Ulrike)
(*Immanuel Kant, Philosoph)
Werke:
Trauerspiel: Penthesilea (1807)
Lustspiel: Der zerbrochene Krug (1808)
Das Käthchen von Heilbronn (1808)
Erzählung: Das Erdbeben von Chili (1810)
Die Marquise von O... (1810)
Michael Kohlhaas (1810)
Schauspiel: Prinz Friedrich von Homburg (1811)
Charakterisierung des Dichters:
Noch heute erscheint das Leben des unglücklichen und ruhelosen Dichters Heinrich von Kleist rätselhaft und merkwürdig, fordert zur psychologischen Motivationssuche auf und fasziniert. Sein Selbstmord am Wannsee beendet das Leben eines "Unzeitgemäßen" und trägt wesentlich zur Legendenbildung seiner Biographie bei. Allein diese Tat steht im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses und erregt großes öffentliches Aufsehen, nicht nur sein Werk. Die Reaktionen reichen von Unverständnis bis zur Verurteilung Kleists.
Aber man sollte nicht bei Kleists Biographie "hängen bleiben", denn wäre nicht sein Werk, wäre er schon längst vergessen. (vgl. E: S.149-157)
Entstehung:
1802 kamen die drei Dichter Heinrich von Kleist, Heinrich Zschokke und Ludwig Wieland beim Betrachten eines Kupferstiches von Le Veau nach einem Gemälde von Debucourt mit dem Titel "Le juge ou la cruche cassée" (Der Richter oder der zerbrochene Krug) auf die Idee zu wetten, wer von ihnen die Aussage des Bildes am besten poetisch umsetzen könnte. Der Anstoß ein Lustspiel zu verfassen, war damit gegeben. In den folgenden Jahren arbeitete Kleist an diesem Stück, und 1808 veröffentlichte er in der von ihm gegründeten Zeitschrift "Phöbus" drei Szenen aus dem zerbrochenen Krug, wie er sein Lustspiel betitelt hatte. 1811 erschien das Werk dann vollständig in Berlin. Goethe, der den Einakter in drei Akte aufteilte, wurde für den Misserfolg verantwortlich gemacht.(vgl. C: S.49)
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