Gleichschaltung der Prüfungsinstitutionen für das Medium Film
Ähnlich wie die Gleichschaltung der Literatur, wurde auch das Medium Film sofort nach der Machtergreifung vom neu geschaffenen Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda, sowie der am 22.9.1933 gegründeten Reichsfilmkammer, einseitig in den Dienst der nationalsozialistischen Ideologie gestellt. Noch im selben Jahr ging daraus eine Art "Märtyrer-Trilogie\" hervor, die die parteihörigen Spielfilme SA-Mann Brand, Hans Westmar und der auf Karl-Alois Schenzingers Roman basierende Hitlerjunge Quex, dessen großer Erfolg als Jugendbuch in diesem Film Rechnung getragen wird, umfaßte.
Der von der Ufa verfilmte, von Karl Ritter produzierte und von Hans Steinhoff effektvoll inszenierte "Parteiklassiker\" Der Hitlerjunge Quex - Ein Film vom Opfergeist der Jugend, intensivierte die Wirkung der Romanvorlage und versuchte auch jungen Kinogängern die "emotionalen Verlockungen des braunen Regimes nahezubringen.\"
Welturaufführung des Films in München
Bei der festlich begangenen Welturaufführung des Films am 16.9.1933 in München, waren neben hohen Parteifunktionären auch Reichsjugendführer Baldur von Schirach und sogar Parteiführer Adolf Hitler anwesend.
Die Handlung wurde gegenüber der Romanvorlage nur geringfügig, aber doch bewußt geändert. So ist Heini Völker jetzt Druckerlehrling und kann selbst Propagandazettel herstellen. Sein Vater zeigt sich in Teilen von der NS-Ideologie überzeugt und sein Tod bleibt nicht im Verborgenen, sondern wird direkt messerstechenden Kommunisten zugeschrieben.
Symbolkraft von Fahnen und Liedern
Eine besonders große Bedeutung in diesem Film, kommt den Uniformen, Fahnen und Liedern zu, deren "Symbolkraft\" für die damalige Zeit nicht unterschätzt werden darf. So dichteten bzw. vertonten Baldur von Schirach und
H.-O. Bergmann eigens für diesen Film das später zum "HJ-Hit\" hochstilisierte Lied: "Unsere Fahne flattert uns voran...\". Die innerliche Hinwendung Heinis zur HJ vollzieht sich bezeichnenderweise genau an der Stelle des Films, wo er eine Gruppe in Reih und Glied hinter einer Fahne hermarschierender Hitlerjungen beobachtet, die lauthals dieses Lied singen. Heini wird klar, daß auch er, wie im Lied gefordert, bereit ist zu "...marschieren für Hitler durch Nacht und durch Not mit der Fahne der Jugend für Freiheit und Brot\".
Nutzung modernster Filmtechnik
Hans Steinhoff verstand es glänzend, aus den Möglichkeiten der modernen Filmtechnik zusätzlich dramatisierendes Kapital zu schlagen. Dr. Goebbels umschreibt den dem deutschen Film zugrunde liegenden "psychologischen Wirkungsmechanismus\" so: Wenn "...eine hohe ideelle Gesinnung sich der lebendigsten und modernsten filmischen Ausdrucksmittel bedient\" dann verleiht das "... der deutschen Filmkunst der ganzen Welt gegenüber einen fast uneinholbaren Vorsprung...\".
In der Schlußszene des Hitlerjungen Quex wird dies eindrucksvoll dokumentiert. Mittels modernster Schnitt- und Überblendungstechnik tritt aus dem Körper des sterbenden Quex ein ganzes Heer an Hitlerjungen und Fahnen, die in Mehrfachüberblendungen verschmelzen, bis schließlich das Hakenkreuz als "Fahne der Erlösung\" überdimensional auf der Leinwand erscheint. Dazu tönt als musikalische Untermalung der "Vorwärts\"-Marsch.
Diese, für damalige Zeiten überwältigende Filmkunst, machte es den zumeist jugendlichen Zuschauern noch schwerer, sich der Aussageabsicht des Films zu entziehen.
Resümierend kann man festhalten, daß Schenzingers Hitlerjunge Quex als Buch, oder später als Film sicherlich seinen Beitrag zur Verbreitung des Faschismus in Deutschland geleistet hat.
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