Der ständigen Betonung der Unreife der Jugend wurde man nicht überdrüssig, sondern versuchte vielmehr, sie auf diese Weise geistig klein und widerstandslos gegen die Elterngeneration zu halten. Offenkundiges Ziel war es, die Kinder in ihrer Entwicklung abhängig zu machen und sie damit in das bestehende Gesellschaftssystem einzufügen unter Kontrolle jeglicher Triebe. Dieser psychologische Druck kann sich auf zwei Weisen äußern: entweder er wirkt lähmend oder stimulierend.
Wirkt der Druck anregend, so kann er eine Befreiung aus dem bürgerlichen Denken anstoßen (oder z.B. eine ausgeprägte "Leidenschaft, frei zu sein" auslösen, wie im Falle Stefan Zweigs).
"So warf sich unser zurückgestauter Wissensdurst, die geistige, die künstlerische, die genießerische Neugierde, die in der Schule keinerlei Nahrung fand, leidenschaftlich all dem entgegen, was außerhalb der Schule geschah."
Ein aktives Naturell reagiert auf Druck von außen mit einer Gegenreaktion. Der Jugendliche sucht sich Sachgebiete, die ihn interessieren und in die er sich leidenschaftlich vertiefen kann (z.B. Sport, Musik, Literatur oder Philosophie). Dies geschieht, sobald Jugendliche merken, dass die Schule ihnen nichts Wissenswertes vermitteln kann und will, und die Lerninhalte nicht ihren wahren Interessen entsprechen. Ausbildung körperlicher Fähigkeiten, freiheitliches Denken sowie geistige Entfaltung sind Erscheinungsformen dieser Gegenreaktion. Dieser positive Effekt ist heute noch genauso zu beobachten wie in vergangenen Jahrhunderten.
Unterdrückung kann aber auch zu Resignation und folglich zu persönlichen Schäden führen. Generell war die große Zahl derer auffällig, die als Folge ihrer Schulzeit mit Minderwertigkeitskomplexen zu kämpfen hatten. Bei ihnen wirkte sich der gesellschaftliche Druck lähmend bzw. destruktiv auf die Persönlichkeitsentwicklung aus. Sowohl physische als auch psychische Lähmung, Antriebslosigkeit, Versagen (vgl. Moritz), Depression und in gesteigerter Form der Selbstmord sind Erscheinungsformen, die zu beobachten sind. Abartige Veranlagungen destruktiver Art nach außen (Aggression, Perversion...) oder innen (Einsamkeit, Depression...) gerichtet, bestimmen die weitere Entwicklung solcher Kinder.
In "Frühlings Erwachen" begegnen uns Jugendliche, die mit diesem Druck unterschiedlich gut umgehen können.
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