Der Apostel Paulus wurde um 10 nach Christus in Tarsus in Silizien an der Südküste von Kleinasien geboren. Der Name Paulus ist die römische Namensform des hebräischen Namens "Saulus". Seine Eltern waren Juden und wahrscheinlich römische Staatsbürger. Er war Zeltmacher und jüdischer Theologe. Der Pharisäer Gamaliel bildete ihn in Jerusalem zum Schriftgelehrten aus.
Paulus nahm den jüdischen Glauben, die Gesetze und die Überlieferungen der Alten sehr ernst. Er ging sogar soweit, daß er die junge Kirche, also das neu entstandene Christentum, blutig verfolgen ließ. Als im Jahre 32/33 nach Christus Stephanus den Märtyrertod erlitt, war der Christenverfolger Paulus vor allem dafür verantwortlich. In der Apostelgeschichte beschreibt diese Steinigung:
"Alle miteinander stürzten sich auf ihn und schleppten ihn vor die Stadt, um ihn zu steinigen. Die Zeugen, legten ihre Kleider vor zu Füßen eines jungen Mannes nieder, der Saulus hieß. So steinigten sie Stephanus [...]
Saulus aber war völlig einverstanden mit dieser Hinrichtung"
Er verfolgte infolge auch Anhänger die Anhänger des Stephanus. Als gesetzestreuen Juden war es ihm die wichtigste Botschaft den "verderblichen Aberglauben" der Christen auszurotten.
In dieser Zeit kommt es dann aber zur alles entscheidenden Begegnung mit dem Auferstandenen, einem für ihn ergreifenden und überwältigenden Ereignis mit weitreichenden Folgen für ihn und das Christentum.
Was in diesem Augenblick geschah, ob Paulus Jesus leibhaftig gesehen hat, ob es ein innerer Erkenntnisvorgang war weiß man nicht. Man kennt nur die Folgen: Aus dem haßerfüllten Verfolger der Anhänger des Jesus von Nazareth wird ein glühender Verehrer und Verkünder des Auferstandenen, ein "Knecht Jesu Christi" (Röm. 1,1). Die Apostelgeschichte berichtet gleich dreimal von dieser Bekehrung und diese Bericht unterscheiden sich auch teilweise. Paulus sagt, daß ihm der Auferstandene erschienen ist. Gott hat ihm seinen Sohn offenbart, damit er ihn unter den Heiden verkündet. Infolge ist Paulus von Jesus begeistert und drängt, allen Menschen, die er erreichen kann, die Botschaft vom Auferstandenen Jesus zu verkünden.
In Anschluß an die Begegnung mit Jesus erfolgte die (vermutlich jedoch erfolglose) Predigt in Arabien. Man erkannte schon damals, daß es typisch für Paulus war, daß er sich nicht mit halben Sachen zufrieden gab. Als er noch Jude war schloß er sich den Pharisäern, der strengsten Richtung des Judentums, an. Später, als er schon Christ war mußte er in sehr vielen Konflikten bestehen, denn er hatte sehr viele Spannungen mit den Juden. Doch auch dann war für ihn immer das oberste Gebot, für seine Überzeugung, für seinen Gott einzutreten.
Um 35 war Paulus kurz in Jerusalem, wo es Kontakte mit Petrus gab. In dieser Zeit holte ihn auch der Christ Barnabas in die Christengemeinde von Antiochia in Syrien.
Von 45/46 - 48/49 befand sich Paulus auf seiner ersten Missionsreise in Raum Kleinasien. Sie führte ihn von Antiochia über Lystra und Ikonium nach Derbe.
Doch der erste Konflikt der jungen christliche Kirche kam sehr bald. In Antiochia waren nämlich zu ersten mal auch Nichtjuden in die christlichen Gemeinden aufgenommen worden. Für Paulus war es selbstverständlich, daß auch sie durch Taufe in das Christentum eingegliedert werden durften. Die Christen, die sich jedoch streng an das Judentum richteten, verlangten, daß sich die Heiden zuerst nach jüdischen Recht beschneiden lassen sollten und somit zuerst Juden werden sollten. Auch die jüdischen Kult- und Speisegesetze sollten für die Christen Gesetz werden.
Dieses Thema führte zu einer großen Auseinandersetzung unter den Christen: Muß man als Heide zuerst Jude werden, die ganzen jüdischen Gesetze übernehmen, um dann Christ werden zu können, oder wird man doch durch Glaube und Taufe Christ. Es wurde zum Thema des ersten Konzils, des Apostelkonzils, welches um 49 in Jerusalem stattgefunden hat. Dort wurde Paulus erlaubt, auch Heiden zu missionieren, ohne daß diese in Kontakt mit dem Judentum kommen mußten.
Dies war deshalb so entscheidend, da durch diesen Schritt das Christentum zu einer Weltreligion werden konnte, und nicht immer eine Splittergruppe, eine Sekte des Judentums bleiben mußte.
In den Jahren 49/50 - 52/53 befand Paulus sich auf seiner zweiten Missionsreise. Er besuchte dabei vor allem die Gemeinden in Keinasien, die er während der ersten Reise gegründet hatte. Es entstanden in dieser Zeit jedoch auch neue Gemeinden. Er kam im Laufe dieser Reise auch nach Europa ( Athen Phillipi, Korinth ).
Von 53/58 - 58 gab es seine dritte Reise auf der er versucht Menschen von seinem Glauben zu berichten und zu überzeugen. Er besucht vor allem die auf der letzten Reise gegründeten Gemeinden und wiederum kam es zu Neugründungen. Während dieser Reise hielt er sich länger in Ephesus auf.
Es sind vor allem zwei Quellen, die uns über Person, Wirken, Denken und Empfinden des Apostels Paulus Auskunft geben: Die Apostelgeschichte und die paulinischen Briefe an die Christengemeinden.
Die Briefe von Paulus zeigen seine Ziele, die Probleme und die Fragen dieser Zeit und das Verhältnis von Paulus zu seinen Mitarbeitern. Sie sind oft zeit- und situationsbedingt. Systematische Theologie wurde von ihm so gut wie nie angewandt.
Die Briefe des Apostels unterteilt man in die "echten" und die "unechten" Paulusbriefe.
"Echte" Briefe (in der Reihenfolge ihrer Entstehung) :
· erster Brief an die Thessalonicher (1 Thess)
· Brief an die Galater (Gal)
· erster und zweiter Brief an die Korinther (1 Kor, 2Kor)
· Brief an die Philliper (Phil)
· Brief an Phiemon (Phlm)
· Brief an die Römer
Die "unechten" Briefe:
· Brief an die Kolosser (Kol)
· zweite Brief an die Thessalonicher (2 Thess)
· Brief an die Epheser
· Pastoralbriefe
- erster und zweiter Brief an Timotheus
- Brief an Titus
· Brief an die Hebräer (Hebr)
Die heutige Sammlung von Paulusbriefen ist jedoch unvollständig, da eine Anzahl von paulinischen Briefen verlorenging.
Paulus bediente sich dem Brief um auf Glaubensfragen einzugehen, Schwierigkeiten in den, von ihm gegründeten, Gemeinden zu lösen, seelsorgliche Anweisungen an die Gemeinde oder in manchen Schreiben nur an deren Vorstehern zu geben, die Christen zu ermahnen, zu trösten und zu stärken. Sie schenken wichtige Einblicke in das Leben des Apostels Paulus und der Urkirche.
Manche Forscher nehmen heute an, daß Briefe von Mitarbeitern und Schülern von Paulus verfaßt wurden. Die meisten von ihnen dürften als Diktat entstanden sein. Der Absender hat in der Antike meist den Brief einem Schreiber diktiert, manchmal hat er diesem auch nur einige Gedanken gegeben, die dieser nach eigenem Gutdünken ausgeführt hat (was für die "echten" Paulusbriefe allerdings nicht zutreffen dürfte, was ein Vergleich von Wortschatz und Stil erkennen läßt).
Es gibt aber auch Werke in der Antike in denen der Autor überhaupt nicht mit dem Verfasser identisch ist. Dies sollte kein Betrug sein, sondern ein Hinweis auf den eigentlichen Urheber des eigenen Wissens und Könnens, eine Form des Dankes und der Wertschätzung, vergleichbar mit einer Widmung. Wichtig jedoch ist sowieso nur der Inhalt, unabhängig davon, wer nun die Briefe verfaßt und wer die Anleitung dazu gegeben hat.
In der Briefsammlung unterteilt man noch die Gruppe der Gefangenschaftsbriefe, die offensichtlich aus den Zeiten stammen, in denen Paulus sich in Haft befand (Eph, Phil, Kol, Phlm) und in jene, die er in Freiheit verfaßte.
Eine eigene Gruppe bilden auch die Pastoralbriefe, die nicht an die Gemeinden, sondern an die Gemeindehirten (pastores) gerichtet sind und diesen vor allem seelsorgliche Anweisungen geben.
63/64 wurde Paulus wegen der Anklage zur Tempelschändung verurteilt. Er wird in Rom unter Kaiser Nero zum Tode verurteilt und erleidet den Märtyrertod.
|