Hans Carl Artmann (1921-2000), Lyriker, Autor und Übersetzer hatte eine Sprachbegabung, die sich nicht zuletzt in seinen in Mundart gehaltenen Texten zeigt. Im Residenz Verlag erschien in Neuauflage \"Im Schatten der Burenwurst\", eine Buchausgabe mit gesammelten Prosastücken, die zunächst alle für die Wochenendausgabe des \"Neuen Kurier\" geschrieben waren und dort auch vor über vierzig Jahren erschienen sind. Ergänzt wurden die im Buch gesammelten Texte mit Illustrationen von Ironimus, dem Wiener Architekten und Karikaturisten mit bürgerlichem Namen Gustav Peichl.
Die kurzen, skurrilen Geschichten aus und über Wien erzählen von den kleinen Leuten, den Sehenswürdigkeiten und Charakteristika der Stadt: vom Kaffeehaus, den Studenten aus dem Orient, dem Prater. Oder von Frau Reißfleisch, die einen Studenten als Untermieter sucht, dann aber von der Angst geplagt wird, ein Schwarzer könnte sich melden. Auch Herrn Fleischhammer, dem das ewige Wiener Schnitzel zu fad geworden ist, begleitet man gerne auf seiner Suche nach nichtösterreichischer Kost durch Wien. Dann ist da noch der Bestseller des Herrn Adamek, die Landluft bei der Toilettenfrau, und, und .... Man amüsiert sich bei allen Geschichten, die sich gut als Zwischendurch-Lektüre eignen.
Alle diese Texte, oft enthalten sie wunderbare dialektale Dialogszenen, zeigen Wien mit seinen Klischees und seinem Kleinbürgertum, beschwören manchmal ein \"Wie es war\" herauf. Artmann ist dabei aber nie rückwärts gewandt, denn er hat immer eine kritische und entlarvende Sicht. Seine Kritik ist jedoch gleichzeitig als Liebeserklärung an Wien und die Wiener zu verstehen. Nur wer seine Heimat und ihre Menschen liebt, kann so über sie berichten: ironisch, mit schwarzem Humor und liebevoll zugleich.
Aber wie anders verhält es sich mit diesen Geschichten. Artmann bewegt sich durch das Wien, das er kennt, wählt skurrile Erscheinungen, denen absonderliche Begebenheiten widerfahren und verheddert sich im Konventionellen. Artmann war kein begnadeter Beobachter, und so verlegte sich aufs Erfinden. Artmann war aber auch kein origineller Geschichtenerfinder, und so fielen ihm Histörchen zu, die sich zufrieden gaben mit dem Kuriosen und Krausen, recht liebe Schmunzelgeschichten eben. Sie wirken wie ein Angriff gegen die Errungenschaften der Moderne in ihrer friedlichen Apologie der Gemütlichkeit, dem beschaulichen Lob des Mediokren, der freundlichen Zuversicht, dass alles so, wie es ist, ganz schön eingerichtet ist in der Welt. Artmann liebt sie alle, die Vorstadt-Strizzis und Versager, die kleinen Gauner und zaghaften Rebellen, milde schaut er auf alle herab und legt für alle ein gutes Wort ein. Aber manchmal ziehen schöne Sätze vorbei, wie der von einer Abendstimmung: \"Über dem Mödlinger Horizont schwimmt wie ein unendlich ferner, milchiger Mopedscheinwerfer der Abendstern dieses Tages.\"
Ironimus trägt sein gutes Teil dazu bei, denn seine mit spitzer und dennoch sympathischer Feder gezeichneten Karikaturen stellen eine hervorragende optische Ergänzung der Texte dar.
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