Die Epoche der Romantik ist eine vielschichtige geistige und künstlerische, insbesondere literarische Strömung in Europa zwischen 1790 und 1830. Sie symbolisierte den geistigen Umbruch in Europa um 1800 und fungierte als Gegenbewegung zum Rationalismus der Aufklärung. Die Romantik versuchte die Kräfte des Gefühls, der Phantasie und des Unbewußten zu wecken. Der Begriff \"romantisch\" stammt aus dem altfranzösischen (romanz in der Volkssprache) und ist seit 1650 als englisch \"romantic\" nachgewiesen. Es bedeutete ursprünglich \"übertrieben zügellos, phantastisch\", im Sprachgebrauch der Romantik selbst jedoch \"nicht klassisch, romanhaft, modern, interessant\". Die Romantik versuchte alle geistig-literarischen Strömungen aufzunehmen, die im 18. Jahrhundert in Widerspruch zum absolutistischen Staat und zum Rationalismus der Aufklärung gestanden haben.
Grundlegende Bedeutung hatten für die Romantik die Bestrebungen, die dem Bewußtsein noch nicht zugänglichen Bereiche der menschlichen Seele, der Geschichte und der Natur zu erfassen, um so eine Einheit von Bewußtem und Unterbewußtem, von Geist und Natur, Religion und Kunst zu erreichen. Novalis faßte dieses Programm in die Formel: \"Die Welt muß romantisiert werden. So findet man den ursprünglichen Sinn wieder ... Indem ich dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, romantisiere ich es ...\". Der Zentrale Begriff mit dem sich das romantische Denken unaufhörlich beschäftigte, war das Unendliche, die Entgrenzung des Irdisch-Bedingtem in Raum und Zeit. Zugrunde lag die Vorstellung, dass das Ich an der Unendlichkeit einer geistbestimmten Welt teilhat und dabei an der Bindung an das Endliche leidet. Immer wieder versuchte der Romantiker in die Bereiche des \"Unendlichen\" vorzudringen oder Begrenzungen zu überwinden. Bevorzugte Themen waren daher der Blick in die Rätsel und unauslotbaren Abgründe der menschlichen Psyche, die Nachtseiten des Lebens, in das Unergründliche-Geheimnisvolle der Natur (symbolisiert in Novalis\' \"blauer Blume\") sowie der Ausbruch aus der bürgerlichen Gesellschaft, welcher häufig an der Problematik der künstlerischen Existenz dargestellt wurde. Aus allem resultierte eine Grundverfassung des Romantikers: die Sehnsucht in die Ferne (Italien, Orient, das Erdinnere) und Zeit (Verklärung des Mittelalters).
Die um die Wende des 18. zum 19. Jahrhunderts entstandene literarische und künstlerische Bewegung, war eine Reaktion auf die Ergebnisse der Französische Revolution sowie auf die Kapitalisierung und ihre sozialen Folgen. Die Epoche der Romantik bestimmte im wesentlichen das geistige Leben der ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts. In einigen Ländern, besonders in Deutschland, bestand ein Zusammenhang mit umfassenderen ideologischen und weltanschaulichen Tendenzen. Die Romantik wurde durch die Überwindung der feudalen und dem Sieg der kapitalistischen Gesellschaftsformation ausgelöst. Sie spiegelte den Zerfall der alten und die Herausbildung der neuen Verhältnisse wieder. Die Epoche sollte in gewisser Weise die Zurückweisung von Entfaltungsbestrebungen und die Vertiefung des Widerspruchs von Individuen und Gesellschaft sein. Die konkrete Gestalt der Epoche hing davon ab, in welchem Grade die jeweiligen Länder und Nationen vom Prozess der Kapitalisierung ergriffen waren oder von den Krisen überlebter, aber noch wirksamer Feudalverhältnisse erschüttert wurden.
In Frankreich nahm die Romantik von reaktionären Anhängern überholter Verhältnisse ihren Ausgang. Bei den Dichtern äußerten sich starke Tendenzen der Resignation und Innerlichkeit und es entwickelten sich im Geiste der Aufklärung Gedanken zum Verhältnis von Dichtung und Gesellschaft. In der Entwicklung des Dichters V. Hugos wurde der Durchbruch zu einer revolutionären Romantik vollzogen. Hugo sprach die Notwendigkeit eines revolutionären Sturzes der Klassengesellschaft als Voraussetzung für das Glück der Menschheit poetisch aus. In den süd- und osteuropäischen Ländern bildeten sich romantische Bewegungen im Zusammenhang mit den Erschütterungen der alten feudalen Herrschaftsverhältnisse und den nationalen absolutistischen Befreiungsbewegungen aus. Die deutsche Romantik ist im starken Maße durch Komplexität und Widersprüchlichkeit gekennzeichnet. Nach 1800 entwickelten sich romantische Strömungen in sehr verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. So zum Beispiel in der bildenden Kunst, in der Musik, in Philosophie, Ästhetik sowie Naturwissenschaften und Recht. Die Entwicklung der literarischen Romantik ist mit der Wirksamkeit mehrerer Schriftstellergruppen verbunden, die zu verschiedenen Zeiten auftraten und infolgedessen auf unterschiedliche geschichtliche Situationen reagierten.
Um 1797/98 bildeten sich verschiedene Literaturkreise heraus, die die Frühromantik um 1799 begründeten. Anfangs gehörten die Frühromatiker zu jenem Teil der bürgerlichen Intelligenz, der die feudalständischen Verhältnisse ablehnte und für eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft eintrat. Als sich jedoch ihre Hoffnungen auf eine Humanitäre Gesellschaft als illusionär erwiesen, distanzieren sie sich weitgehend von der gesellschaftlichen Gegenwart und richteten ihre Kritik gegen Kunstfeindlichkeit und Egoismus der bürgerlichen Schichten. Die von der historischen Entwicklung wieder erzwungene Hinwendung zur Wirklichkeit veranlaßte schließlich einige der führenden Frühromantiker, sich politisch den Kräften des Feudalismus und weltanschaulich der katholischen Religion und Kirche zuzuwenden. Damit wurde der Bruch mit grundlegenden Entwicklungslinien des bürgerlichen Humanismus und Realismus vollendet. Die kritischen Arbeiten der Frühromantiker, die in der Entwicklung der spätbürgerlichen Literatur wirksam wurden, waren jedoch bedeutender als die Dichtungen, die insbesondere J.L.Tiek und Novalis vertraten. Einen wesentlichen Beitrag zur deutschen Literaturentwicklung stellen die großen Übersetzungswerke durch A.W.Schlegel (\"W.Shakespeares Dramen\") und J.L.Tiek (\"Don Quichote\") dar.
Die Hochromantik stand weitgehend im Zeichen der nationalen Regenerationsbestre-bungen in der Periode von 1806 bis 1815. Sie ist Charakterisiert durch die Tendenz zur Überwindung von Subjektivismus und Individualismus und zur Herausbildung positiver Gemeinschaftsbeziehungen. Es bildeten sich verschiedene Literaturkreise zumeist romantischer Dichter und Ideologen. Die Dichterischen Schöpfungen litten stärker unter den tiefen weltanschaulichen Widersprüchen. Die Konfrontation von Kunst und Wirklichkeit offenbarte die unlösbare Problematik des romantischen Künstlers in der sich kapitalisierenden Gesellschaft. Aus dem Umfangreichen Schaffen ragen die Lyrik von C. Brentano und J. von Eichendorff sowie die Erzählprosa Eichendorffs und E.T.A. Hoffmanns hervor.
In der Spätromantik nach 1815 ließ abgesehen von Eichendorff und Hoffmann die Produktivität stark nach. Im Bereich der Unterhaltungs- und Trivialliteratur herrschte die Romantik noch eine Reihe von Jahren nahezu unumschränkt. Die kulturhistorische Bedeutung der Romantik besteht vor allem darin, dass sie den Verlust der Ideale und Illusionen der bürgerlichen Aufstiegsepoche und die mit der Entwicklung bürgerliche-kapitalistischer Verhältnisse sich zuspitzenden Widersprüche reflektiere und bewußt machte. Ihre positiven Leistungen bestehen insbesondere im scharfsichtigen Signalisieren neuer gesellschaftlicher Widersprüche. Die Epoche der Romantik schärfte den Blick für die historische Bedingtheit der gesellschaftlichen Erscheinungen und lenkte das Interesse auf die Erforschung der Äußerungen des Volkslebens. Im Großen und Ganzen war die deutsche Romantik sehr einflußreich und bis in unsere Jahre wirksam. Sie blieb jedoch eine problematische Bewegung, die weltliterarisch, abgesehen von den theoretischen Anregungen und Erzählwerken E.T.A. Hoffmanns, keinen nennenswerten Erfolg hatte. In den anderen europäischen Ländern übten die nationalen Romantiker zum überwiegenden Teil eine positive Funktion aus und brachten Leistungen hervor, die in die Weltliteratur eingingen.
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