Empfängnisverhütung, auch Kontrazeption oder Antikonzeption, die verschiedenen Methoden zur Verhinderung einer Schwangerschaft. Empfängnisverhütung stellt neben politischen und sozialen Normen, die das Fortpflanzungsverhalten bestimmen, die zentrale Maßnahme zur Geburtenkontrolle dar und hat eine Begrenzung der Geburtenrate einer Gesellschaft zur Folge (siehe Demographie; Bevölkerung). Empfängnisverhütung findet seit Jahrtausenden das Interesse der Menschheit. Bereits der älteste bekannte medizinische Text aus dem 19. Jahrhundert v. Chr. enthält Informationen darüber. Die ersten empfängnisverhütenden Mittel waren einfache mechanische Barrieren in der Vagina, welche die männlichen Spermien daran hindern sollten, beim Geschlechtsverkehr die weibliche Eizelle zu befruchten. Zu den vielen historisch belegten Mitteln, die zur Empfängnisverhütung eingesetzt wurden, zählen Präparate aus Meeresschwämmen, Mixturen aus Krokodildung und Honig sowie Chinin, Steinsalz und Alaun.
1. Mechanische Barrieren:
Hierbei handelt es sich um physische Sperren gegen das Eindringen von Spermien in die Gebärmutter. Sie stehen sowohl Frauen, als auch Männern zur Verfügung. Das Kondom oder Präservativ ist dabei das älteste Verhütungsmittel für den Mann. Es bietet - bei richtiger Anwendung - 97%ige Sicherheit vor ungewollten Schwangerschaften. Eil Kondome preiswert und leicht anwendbar sind, keiner medizinischen Kontrolle bedürfen und auch keine bekannten Nebenwirkungen haben, sind sie heute die am häufigsten benutzten Verhütungsmittel der Welt. Die Anwendung der Kondome ("Safer Sex") bietet außerdem Schutz vor der Übertragung des HI-Virus, der die tödliche Imunschwächekrankheit AIDS hervorruft. Kondome verhindern auch die Infektion mit anderen, durch Sexualkontakt übertragenen Krankheiten wie Gonnorhö, Herpes, Chlamydien und Hepatitis B.
Die am häufigsten angewandte mechanische Methode für Frauen ist das
Scheidenpessar/ Diaphragma, eine dünne Gummikappe, die den obere teil der Scheide
verschließt, sodass keine Spermien in die Gebärmutter eindringen können.
Auf der Innenseite des Pessars sollte zusätzlich ein Spermizid- ein samenabtötendes Gel,
oder eine entsprechende Creme gestrichen werden, das sämtliche Spermien abtötet, die
entlang der Ränder eintreten können. Auch das Diaphragma ist praktisch frei von Nebenwirkungen und bietet, bei richtiger Einsetzung und Anwendung eine Sicherheit von
96 bis 99,3 %. Das Diaphragma muss acht Stunden nach dem Geschlechtsverkehr entfernt
werden, weil andernfalls eine Scheidenentzündung auftreten kann.
Eine Portiokappe oder Cervixkappe wird auf den Teil des Gebärmutterhalses gesetzt, der in
die Scheide hineinragt. Die Portiokappe muss vor der Menstruation abgenommen werden.
Die umgangssprachlich als Spiralen bekannten Intrauterin- Pessare sind kleine, etwa 3cm
große Einsätze in verschiedenen Formen (z.B. T.-, Spiral- und Bogenform), die in die
Gebärmutter eingelegt werden. Ihre Zuverlässigkeit liegt zwischen 97 und 99 %. Sie
bestehen meist aus Kunststoff und haben teilweise eine Beschichtung aus Kupfer oder mit
dem Hormon Progesteron. Sie sollen die Einnistung des befruchteten Eies in die
Gebärmutterschleimhaut verhindern. Ein Intrauterin- Pessar muss zwar vom Arzt
eingesetzt werden, doch ist ein Wechsel erst nach ein bis sechs Jahren erforderlich. Bei
manchen Frauen kommt es zu Unverträglichkeitsreaktionen, wie Gebärmutterkrämpfen
oder verstärkten Menstruationsblutungen; außerdem gibt es Anzeichen für ein erhöhtes
Risiko von Beckeninfektionen bei Anwendung der Spirale.
Eine weitere ernste, aber sehr seltene Nebenwirkung ist die Gebärmutterperformation (Durchstoßung der Gebärmutterwand).
2. Chemische Barrieren
Orale empfängnisverhütende Mittel, sogenannte Ovulationshemmer oder orale Kontrazeptiva,
- allgemein bekannt als "Antibabypille" oder kurz "Pille"- sind chemische Präparate, deren Wirkung darauf beruht, den Hormonhaushalt einer Frau so zu verändern, dass es zu keinem Eisprung (Ovulation) kommt. Sie enthalten eine je nach Präparat unterschiedliche Kombination der Schwangerschaftshormone Östrogen und Gestagen. Werden Ovulationshemmer GENAU NACH Anweisung eingenommen (täglich zur gleichen Zeit, bzw. jeweils innerhalb 24 Stunden, sodass der Hormonspiegel nicht abfällt), so bieten sie eine fast 100 %ige Sicherheit und waren daher jahrzehntelang die beliebteste Empfängnisverhütung.
Eine innovative Methode zur Empfängnisverhütung für die Frau ist Norplant, ein Mittel, dass 1983 erstmals in Finnland für den Handel zugelassen wurde, und seitdem weltweit angewandt wird. Das Norplant- System besteht aus sechs Kapseln, die im Arm der Frau implantiert werden. Sie geben verzögert kleine mengen des gleichen synthetischen Hormons ab, das auch für die Antibabypillen verwendet wird.
Norplant ist bis zu fünf Jahre lang wirksam, es handelt sich also um eine Art Langzeitpille. Depo-Provera ist der Handelsname für ein zu injizierendes Mittel, das in Großbritannien zur kurz- und langfristigen Empfängnisverhütung eingesetzt wird, wenn eine orale Empfängnisverhütung nicht angezeigt ist. Die "Pille danach" ist ein Kombinationspräparat, das innerhalb von 48 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden muss; sie hat erhebliche Nebenwirkungen wie Blutungen.
Zur Zeit befassen sich Forscher mit der Entwicklung empfängnisverhütender Präparate für den Mann. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) informierte 1996 über den erfolgreichen Abschluss eines zweijährigen Programms, in dessen Rahmen eine empfängnisverhütende Spritze für den Mann getestet wurde. Den Versuchspersonen wurde wöchentlich ein Mittel mit dem Hormon Testosteron gespritzt. Dies verhinderte die Ausschüttung so genannter Gonadotropine, welche die Produktion von Spermien veranlassen. Das Präparat wird erst nach der Jahrhundertwende marktreif sein.
Eine andere Methode der chemischen Empfängnisverhütung sind die bereits erwähnten Spermizide in Form von Gels, Cremes oder Schäumen. Wie Kondome bedürfen Spermizide keiner medizinischen Kontrolle und haben keine Nebenwirkungen, müssen jedoch bei jedem Geschlechtsverkehr erneut eingesetzt werden. Für sich genommen bieten sie keine ausreichende Sicherheit, in Kombination mit mechanischen Maßnahmen gelten sie jedoch als sehr sicher.
3. Operative Empfängnisverhütung
Die nachhaltigste Form der Empfängnisverhütung ist die operative Sterilisation. Bei der Frau wird sie mittels Durchtrennung und Versiegelung der Eileiter - der Röhren, die das Ei von den Eierstöcken in die Gebärmutter transportieren - vorgenommen. Die Operation wird tubare Ligatur genannt. Beim Mann unternimmt man die Sterilisation durch Unterbrechung der beiden Samenleiter (Vas deferens), welche die Spermien von den Hoden in den Penis transportieren. Dieser Eingriff wird Vasektomie genannt. Die operative Sterilisation ist für beide Geschlechter ein relativ kleiner Eingriff, praktisch frei von Nebenwirkungen und mit einer Erfolgsquote von fast 100 Prozent. Sie sollte jedoch als endgültige Methodeangesehen werden, weil der Eingriff vor allem beim Mann trotz aller chirurgischen Fortschritte kaum rückgängig zu machen ist.
4. Natürliche Familienplanung
Die natürliche Familienplanung, früher als Knaus-Ogino-Methode bekannt, wird in letzter Zeit verstärkt wieder entdeckt. Sie basiert auf der Abstinenz von sexuellen Beziehungen während der fruchtbaren Tage der Frau, also der Zeitspanne um den Eisprung (wenn das Ei aus dem Eierstock austritt). Ihre Wirksamkeit hängt wesentlich von der genauen Bestimmung dieser Zeitspanne ab sowie davon, dass der Menstruationszyklus der Frau sehr regelmäßig ist. Die Bestimmung dieses Zeitraums erfolgt entweder durch Kontrolle der basalen Körpertemperatur (die Körpertemperatur unmittelbar nach dem morgendlichen Aufwachen; diese steigt nach dem Eisprung an) oder des Cervixschleimes der Frau, der sich zum Eisprung hin in der Konsistenz ändert, oder (noch sicherer) durch eine Kombination beider Methoden. Die Wirksamkeit dieser Methoden schwankt und liegt insgesamt bei etwa 90 Prozent. Bei exakter Messung der Basaltemperatur soll die Sicherheit jedoch bei bis zu 97 Prozent liegen. Mittlerweile sind auch Kleincomputer im Handel, an die Temperatursonden angeschlossen sind, welche die Basaltemperatur messen; diese Rechner zeigen die fruchtbaren und unfruchtbaren Tage direkt an
Auch allgemein bekannt ist der Koitus interruptus, die "Rauszieh- Methode", bei der der Mann sei Glied noch vor der Ejakulation aus der Scheide der Frau zieht, um das Eindringen der Spermien zu verhindern. Es ist allerdings bewiesen, dass auch schon vor der eigentlichen Ejakulation einige Spermien ausgestoßen werden, und zwar im sogenannten Lusttropfen, der bereits kurz nach dem Errigieren aus dem Glied hervortritt.
5. Abbruch der Schwangerschaft
Methoden des Schwangerschaftsabbruchs
Um den Fetus aus der Gebärmutter zu entfernen, gibt es mehrere medizinische Standardmethoden. Welche davon angewandt wird, richtet sich danach, wie weit die Schwangerschaft bereits fortgeschritten ist. Bis zur zwölften Woche ist die Absaugmethode möglich, die ambulant durchgeführt werden kann und nur etwa fünf bis zehn Minuten dauert. Dabei wird der Gebärmutterhals (Cervix) mit Spreizinstrumenten erweitert, und der Inhalt der Gebärmutter wird mit einem Schlauch, der an eine Vakuumpumpe angeschlossen ist, entfernt. Damit keine Gewebereste zurückbleiben, wird die Gebärmutterschleimhaut anschließend unter Umständen noch mit einem löffelförmigen Metallinstrument (der Kürette) ausgeschabt. Diese Form des Eingriffs, auch Saugkürettage genannt, wurde 1958 in China eingeführt und verdrängte schon bald die herkömmliche Methode der Kürettage, bei der man den Fetus mit der Kürette entfernte.
Etwa im vierten Monat kann man die Schwangerschaft durch eine besondere Form der Kürettage - manchmal unter Verwendung einer Zange - abbrechen. Dieser Eingriff erfordert einen stationären Krankenhausaufenthalt und ist für die Patientin mit Blutungen und anderen Beschwerden verbunden.
Nach der 15. Schwangerschaftswoche kann eine Salzlösung zum Schwangerschaftsabbruch verwendet werden: Man entnimmt mit einer Kanüle durch die Bauchwand etwas Fruchtwasser und ersetzt es allmählich durch eine konzentrierte Salzlösung (über 20 Prozent). Diese Behandlung löst meist innerhalb von 24 bis 48 Stunden starke Gebärmutterkontraktionen aus, und der Fetus wird dann schnell abgestoßen. Etwa am nächsten Tag kann die Patientin das Krankenhaus verlassen.
Im Spätstadium der Schwangerschaft erfolgt der Abbruch durch Hysterotomie, einen größeren chirurgischen Eingriff. Dieser ähnelt einem Kaiserschnitt, erfordert aber nur einen wesentlich kleineren Einschnitt in die Bauchdecke. Eine Alternative zu diesen Methoden ist das Medikament RU-486, welches das Hormon Progesteron hemmt und in den ersten 50 Tagen der Schwangerschaft wirkt. RU-486 wurde in Frankreich entwickelt, ist dort seit 1988 zum Verkauf zugelassen und wird auch in Österreich und Großbritannien eingesetzt.
Eine Abtreibung in den ersten drei Monaten, die unter geeigneten medizinischen Bedingungen vorgenommen wird, ist ein relativ einfacher und ungefährlicher Eingriff. Das Risiko von Komplikationen wächst mit dem Fortschreiten der Schwangerschaft: Unter anderem besteht die Gefahr von Infektionen, Verletzungen des Muttermundes und der Gebärmutter sowie von Blutungen. Wie sich in neueren Untersuchungen jedoch gezeigt hat, besteht für die Patientin selbst bei einer Abtreibung in einem späten Stadium ein geringeres Risiko als beim Austragen des Kindes.
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