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Fachbereichsarbeit in Biologie
INHALTSVERZEICHNIS:
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VORWORT 3
1. Ursprünge und Entwicklung des Pferdes 5
1.1 Domestikation 6
1.2 Gesamterscheinung 8
1.2.1 Knochenbau 8
1.2.2 Muskulatur 9
1.2.3 Entwicklung des Hufes 10
1.2.4 Gangarten 11
1.3 Verhalten und Kommunikation 12
1.3.1 Wesen des Pferdes 14
1.4 Haltung und Pflege 16
1.4.1 Gesundheit 18
1.5 Trächtigkeit und Geburt 19
1.5.1 Die Entwicklung des Fohlens 20
2 Übersicht und Entwicklung der versch. Therapiearten 22
2.1 Die Idee des Heilpädagogischen Reitens 25
2.2 Sinn - Zweck - Ziel 25
2.3 Voraussetzungen 27
2.3.1 Die Auswahl des geeigneten Reittieres 27
2.3.2 Ausbildung zum Reit- und Therapiepferd 28
2.3.3 Der Einsatz des Pferdes/Ponys 28
2.4 Kontakt mit dem Tier 29
2.4.1 Die emotionale Kontaktaufnahme zum Pferd 29
2.4.1.1 Pflege des Ponys/ Pferdes 30
2.4.2 Die Phasen der emot. Kontaktaufnahme zum Pferd 30
2.5 Die Ausrüstung für das Therapietier 33
2.5.1 Die Kleidung für das Kind 33
2.5.2 Die Reitzeiten 33
2.6 Die Ausbildung des Pädagogen in Österreich 34
2.7 Planung und schriftliche Vorbereitung einer Therapiestd. 35
2.7.1 spezielle Übungen zum Heilpädagogischen Reiten 35
2.7.2 Ablauf einer Unterrichtslektion 37
2.8 Hinweise für den Reitpädagogen 38
NACHWORT UND DANK 39
LITERATURLISTE 40
Vorwort:
Vor 9 Jahren habe ich im Reitstall St. Leopold in Klosterneuburg Reiten gelernt und so begann meine Leidenschaft für Pferde und meine Begeisterung für das Reiten.
In den ersten 2 Jahren ging ich regelmäßig einmal wöchentlich Reiten, doch da ich mit Anfang des ersten Gymnasiums Samstags Schule hatte, musste ich das Reiten leider vernachlässigen, da auch die Schule sehr viel Zeit in Anspruch nahm.
Doch durch Zufall lernte ich einen Bekannten meines Vaters kennen, dem ich von meiner Leidenschaft zu Pferden erzählte und von der wenigen Zeit, die ich noch mit Pferden verbringen konnte.
Er verstand mich sehr gut und riet mir, auf Reitlager zu fahren, um dort mein Hobby ausüben zu können, und wie es der Zufall wollte, hatte seine Mutter einen kleinen Reitstall in Niederösterreich bei Melk.
Schon nach dem ersten Besuch bei ihr war ich begeistert:
Zum ersten Mal sah ich, wie man Pferde pflegen und versorgen musste, welche "Vorarbeit" fürs Reiten geleistet werden musste, und lernte auch die "Sprache" der Pferde zu verstehen.
Von nun an, fuhr ich sooft es ging, und natürlich auch in den Ferien zu ihr und lernte den Umgang mit den Pferden ausführlich.
Auf diesen Reitlagern mussten wir die Pferde füttern, ausmisten, einstreuen, striegeln, Hufe ausputzen, reinigen, einfetten und noch vieles mehr.
Sogar als der Hufschmied kam, durften wir zusehen, wie dieser den Pferden die Hufeisen anbrachte.
Auf meiner ersten Reitwoche wurde mir zum erstmals bewusst, welches schöne Leben die Pferde hier in Melk im Gegensatz zu den Pferden in meinem vorherigen Reitstall führten.
In St. Leopold gab es keine Koppeln oder Ausläufe, die die Pferde in Melk jeden Tag benutzen konnten.
Die Pferde wurden für jeden Reiter aufgesattelt und aufgezäumt und im Nachhinein von den angestellten Pflegern versorgt.
In Melk lernte ich diese Arbeiten selbst zu machen und es machte mir Spaß, da man durch diese Tätigkeiten Vertrauen zum Pferd aufbauen kann und es auch besser kennenlernen kann.
Der Reitlehrerin in Melk habe ich auch meinen eigentlich recht guten Reitstil zu verdanken, so dass ich nun, sobald ich einen neuen Reitstall z.B. im Urlaub entdecke, im Umgang mit Pferden keine Probleme habe.
Leider habe ich zur Zeit kaum noch die Möglichkeit Reiten zu gehen, da die Schule sehr zeitaufwändig ist und ich nicht jedes Mal nach Melk reiten fahren will bzw. kann.
Vor ca. einem Jahr habe ich einen Reitstall in der Nähe von Gänserndorf entdeckt, bei dem die Pferde sehr gut gehalten werden und auch der Reitunterricht sehr konsequent durchgezogen wird, doch leider ist auch dieser Reitstall mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sehr schwer zu erreichen.
Ich kann nur sagen, dass für mich die Beziehung zum Pferd eine sehr wichtige war und auch noch immer ist, da man von diesen Tieren ganz besonders im sozialen Bereich einiges lernen kann.
Ich werde meinen Kindern, sofern ich welche haben sollte, dieses Hobby bestimmt vorschlagen, da es eine Art Entspannung und Ausgleich zum alltäglichen Leben bietet und es mir persönlich immer sehr viel Freude bereitet hat.
Ich hoffe, ich kann neben meinem Studium die Ausbildung zur Hippotherapeutin machen, da ich an meinem geistig und körperlich behinderten Cousin gesehen habe, welche Fortschritte er durch diese neue Therapieform gemacht hat, durch die er sein Leben nun viel selbstständiger leben kann als zuvor.
Ich arbeite gerne mit Menschen zusammen, doch ich finde, Kinder und auch Erwachsene mit besonderen Bedürfnissen werden in unserer Gesellschaft noch immer ausgegrenzt und ich möchte versuchen, durch meinen Beruf als Therapeutin einigen von diesen Menschen die Chance zu geben sich in diese Gesellschaft zu integrieren und besser alleine zurechtzukommen.
1. Ursprünge und Entwicklung des Pferdes:
[1]
Ungefähr vor 60 Millionen Jahren entwickelte sich der EOHIPPUS, ein ca. 40 cm kleines, längsgestreiftes Tier mit kleinen, tiefliegenden Augen und breitem Maul.
Das Fell dieses Tieres dürfte beige bzw. braun mit tarnstreifen- und flecken gewesen sein. Es hatte einen gewölbten Rücken, ähnlich einer Antilope und mehrere Zehen, die es spreizen konnte. Meistens war es auf der Flucht und lebte in kleinen Gruppen in den Urwaldsümpfen in Nordamerika, passte sich jedoch den ständig wechselnden Umweltbedingungen an.
Der darauf folgende MIOHIPPUS lebte ungefähr 40 bis 25 Millionen Jahre vor Christus. Sein Körperbau war schon etwas weiterentwickelter: Er war ein wenig größer als sein Vorgänger, hatte Zähne mit denen er die verschiedensten weichen Pflanzen fressen konnte und außerdem besaß dieser Vorgänger des Pferdes nur noch 3 Zehen.
Die nächste Stufe bildete der MERYCHIPPUS, welche vor ungefähr 25 bis 10 Millionen Jahren lebte. Er war wieder etwas größer als der Miohippus und hatte drei Zehen an jeder Gliedmaße, von der jedoch nur die Mittlere den Boden berührte. Der grasfressende Steppenbewohner entwickelte sich aus dem ursprünglichen Laubfresser, der in Wäldern oder Büschen lebte.[2]
Das erste einhufige Pferd war der PLIOHIPPUS,[3] der sich vor etwa 10 bis 2 Millionen Jahren entwickelte. Mit dem ungefähr 112cm großen Tier war die Entwicklung vom fuchsgroßen Buschläufer zum ponygroßen, einhufigen Steppenrenner abgeschlossen.[4]
Mit dieser Evolution veränderten sich nicht nur seine Größe, sondern auch sein Gehirn, sein Skelett und das Gebiss.[5]
Diese ganze Entwicklung vollzog sich in Nordamerika. Die ersten Einhufer gelangten ca. 1 Million Jahre v. Christi über die Beringstraße nach Eurasien und Afrika, wo sie sich später zu Eseln, Zebras, Pferden und Halbeseln weiterentwickelten.
In Nordamerika starben die Pferde nach der Eiszeit (um 8000 vor Christi) aus ungeklärten Gründen aus.
Spanische Konquistadoren brachten im 16. Jahrhundert Pferde nach Amerika, von denen die späteren Wildpferde Amerikas abstammen.[6]
1.1 Domestikation:
Über vorgeschichtliche Höhlenmalereien können wir die frühere Beziehung zwischen Mensch und Pferd nur erahnen.
Jagdszenen zeigen, dass das Pferd anfangs nur als Nahrung diente. Erst als sie die Menschheit weiterentwickelte, gingen sie in der Jungsteinzeit in die Haustiergewinnung über.
Sie zähmten die wilden Pferde und machten sie zu Nutztieren.
Die ersten Menschen die Pferde zähmten lebten vermutlich als Halbnomaden in den Steppen Asiens.
Man nimmt an, dass die ersten Pferde vor rund 5000 Jahren zunächst in Zentralasien und in den darauf folgenden 3000 Jahren auf dem ganzen eurasischen Kontinent zu Haustieren wurden.
Sie dienten als Zug- und Reittier, zum Transport von schweren Lasten und wurden auch in Kriegen eingesetzt.
Die frühen Hauspferde unterschieden sich in Aussehen und Temperament nicht wesentlich von ihren wilden Vorgängern.
Die ersten Menschen, die gewünschte Eigenschaften wie Schnelligkeit, Größe, Ausdauer oder Kraft herauszüchteten waren vor 3000 Jahren asiatische Völker.
Vom Altertum bis zum Ersten Weltkrieg wurden alle Schlachten und Kriege mit Hilfe von Pferden ausgetragen und auch noch im Zeitalter der motorisierten Kampfverbände spielt das Pferd eine große Rolle.[7]
In Westeuropa wurden Pferde erst im 18. Jahrhundert in der Landwirtschaft eingesetzt und lösten somit die Rinder ab.
Neue landwirtschaftliche Geräte und Anbaumethoden ließen das Pferd nunmehr unentbehrlich werden, das bis dahin meist als Reit- und Zugtier des Adels war.
Im Mittelalter gewann es immer mehr an Bedeutung, da es für die Beförderung von Menschen und schweren Lasten, also für den Handel und Verkehr sehr wichtig war.
Noch zu Beginn der industriellen Revolution spielten die Pferde eine wichtige Rolle, da es oft wirtschaftlicher war Pferde statt Maschinen einzusetzen.
Grubenpferde wurden in Bergwerken eingesetzt, auf den Flüssen wurden Lastkähne von Pferden flussaufwärts gezogen, trotzdem wurden im 19. Jahrhundert die Pferde durch die Maschinen ersetzt.
In Amerika hingegen führten wie oben schon erwähnt nach dem Aussterben der Wildpferde spanische Konquistadoren Pferde in die neue Welt ein, die schon bald darauf verwilderten und von Indianern als Reittiere genutzt wurden.
Eine wichtige Rolle spielte das Pferd bei der Eroberung des Wilden Westens: Pferdewagen brachten die Siedler in alle Ecken des Kontinents, und der "Nutzbarmachung" des Landes.[8]
1.2 Gesamterscheinung:
1.2.1 Knochenbau:
[9]
1.2.2 Muskulatur:
1. Ohrspeicheldrüse 12. Sehnenplatte vom äußeren
schiefen Bauchmuskel
2. Trapezmuskel (Halsteil) 13. äußerer schiefer
Bauchmuskel
3. Rautenmuskel (Halsteil) 14. Zwischenrippenmuskeln
4. Spanner der Oberschenkelbinde 15. Strecker des Vorderfuß-
wurzelgelenks
5. Mittlerer Kruppenmuskel 16. gem. Zehenstrecke
6. Oberflächlicher Kruppenmuskel 17. Strecker des Vorderfuß-
wurzelgelenks
7. Zweiköpfiger Oberschenkelmuskel 18. Armbeuger
8. Oberschenkelbinde 19. dreiköpfiger Armmuskel
9. Wadenmuskel 20. Armkopfmuskel
10. Langer Zehenstrecker 21. Drosselvene
11. großer Hautmuskel der Kniefalte 22. Kaumuskel[10]
1.2.3 Entwicklung des Hufes:
Die Entwicklung des Hufes erfolgte durch die sich ständig verändernden Umweltbedingungen und dauerte über Millionen von Jahren. Die erste Form der Pferde lebte in Wäldern und benötigte daher Zehen um nicht im sumpfigen Boden zu versinken. Als sich der Boden in Steppen und Savannen verwandelte, verschwanden auch die Zehen der Tiere, die auf dem festen Untergrund so besseren Halt fanden. Die "Kastanie" ist der einzige Teil der von der fünften Zehe noch übrig geblieben ist. [11]
BILD: Mein großes Pferdebuch, Seite 10
[12]
1.2.4. Gangarten:
Jedes Pferd hat 3 Grundgangarten, Schritt, Trab und Galopp. Einige Rassen haben darüber hinaus noch zwei andere spezielle Gangarten: den Tölt und den Pass. [13]
Der Schritt ist die langsamste Gangart des Pferdes, beginnend mit dem linken Hinterfuß und ist ein Viertakt, das bedeutet das Pferd hat immer nur einen Fuß in der Höhe und steht mit den anderen drei Beinen fest am Boden.
Das ist der Grund dafür, warum der Schritt nicht zu den "schwungvollen"
Gangarten zählt.[14]
BILD GROSSES BUCH DER PFERDE SEITE 19
Der Trab ist ein Zweitakt bei dem das Pferd immer das diagonale Beinpaar gleichzeitig aufsetzt und anschließend nach einer Schwebephase auf das andere Paar umspringt.[15]
BILD GROSSES BUCH DER PFERDE SEITE 19
Der dreitaktige Galopp ist die schnellste Grundgangart des Pferdes. Hierbei werden zuerst das äußere Hinterbein, das innere Hinterbein und das äußere Vorderbein nacheinander aufgesetzt und dann erst das innere Vorderbein.
Der Galopp kann in verschiedenen Tempi gewählt werden: Arbeitsgalopp, Starker Galopp, Mittelgalopp und Renngalopp.[16]
BILD GROSSES BUCH DER PFERDE SEITE 19
1.3 Verhalten und Kommunikation:
Die Sprache der Pferde umfasst einige physische und taktile Signale und natürlich auch ihre Körpersprache. Der Geruch ist auch ein wichtiges Verständigungsmittel da sogenannte Pheromone als Duftmarken über Hautdrüsen abgesondert werden.
Der Geruch und seine Bedeutung:
Alle Pferde einer Herde haben einen bestimmten "Gruppenduft", der es den Fohlen leichter macht seine Mutter zu erkennen und bei seiner "Familie" zu bleiben.
Im Sexualverhalten spielt der Geruch auch eine wesentliche Rolle: Gibt die Stute, wenn sie rossig ist Pheromone ab, so ist dies ein Zeichen für den Hengst, dass sie ihn auffordert von ihm gedeckt zu werden. [17]
Ist die Stute nicht deckbereit, so bleckt sie die Zähne, schlägt nach dem Hengst oder versucht ihn zu beißen. Manchmal äußert sie ihren Unwillen auch durch laute Schreie.
Obwohl Pferde nicht so territorial gebunden sind wie andere Tiere, markieren die Hengste ihre "Bereiche" und die Ausscheidungen ihrer Stuten mit ihrem Urin, um Rivalen zu zeigen, welche Stuten zu seiner Herde gehören.
Flehmen:
Der Hengst erkennt die Rosse der Stute durch das Beschnuppern der Vulva (dies sind die äußeren genetischen Geschlechtsorgane) und beginnt kurz vor dem Eisprung die Stute zu beknabbern. Er sucht die körperliche Berührung, welche meist vom Flehmen begleitet ist. Als Flehmen bezeichnet man das Hochklappen der Lippen, es hat nicht nur sexuellen Charakter, oft wird es auch durch ungewöhnliche Gerüche hervorgerufen.
Stimmliche Kommunikation:
Pferde benützen ihre Stimme meist nur zum Ausdruck von Aggression oder Erregung. Sie schnauben, wenn sie etwas Interessantes oder Gefährliches wahrnehmen, Wiehern Pferden zu, die von der Herde getrennt sind oder tun dies einfach nur aus Lust und Laune.[18]
Stuten haben ein Privileg um ihre Fohlen zu beruhigen, sie fangen an ganz leise zu blubbern, manches Mal kann man dieses Blubbern auch hören, wenn man ihnen zu Fressen gibt.
Gefühl und Geschmack:
Pferde verständigen sich auch um Freundschaften herzustellen über gegenseitige Fellpflege. Menschen versuchen auch über Berührungen und Streicheleinheiten Kontakt herzustellen, besser wäre es jedoch, sie täten dies indem sie dem Pferd vorsichtig in die Nüstern blasen.
Um eine Freundschaft zwischen Mensch und Pferd herzustellen ist das Putzen eine gute Möglichkeit.
Die Ohren:
Pferdeohren sind extrem beweglich und senden meist eindeutige Signale. Die Position der Ohren zeigt den Zustand des Pferdes an, ob es interessiert, aggressiv, neugierig, konzentriert usw. ist.
Hat das Pferd seine Ohren nach vorne gerichtet, so interessiert es sich für ein Objekt das es sieht, dösende Pferde lassen die Ohren auf die Seite hängen. Legt jedoch das Pferd seine Ohren weit nach hinten und kann man vielleicht auch schon das Weiße in seinen Augen sehen, so ist es sehr aggressiv, spielt es mit den Ohren, das heißt, bewegt es die Ohren abwechselnd in verschiedene Richtungen, so bedeutet das, dass das Pferd aufmerksam ist.
Signale:
Die Drohgebärde der Pferde ist recht einfach zu verstehen: Oft drehen sie einem die Hinterhand zu, stampfen mit dem Hinterbein, schütteln ihren Kopf und schlagen unruhig mit dem Schweif.
Umgekehrt jedoch stehen sie mit eingeknicktem Hinterbein, gesenktem Kopf, entspannten Ohren, halbgeschlossenen Augen und halb herunter hängender Unterlippe auf der Weide oder in der Box, so können wir annehmen, dass es döst und sich entspannt.[19]
1.3.1 Wesen des Pferdes:
Das Pferd ist ein Herden- und Fluchttier:
Es lebt mit in einer Rangordnung, bei dem das höchste Tier - das Alphatier, der Anführer ist, und sich alle anderen Tiere zu unterwerfen haben.[20]
Den Stuten steht der größte Schutz zu, welche in der Mitte der Herde gehalten werden, die Junghengste stellen die Wachposten dar, sie kreisen die Stuten in einem für sie respektablen Abstand ein. Die älteren dominanten Hengste achten darauf, dass der Abstand eingehalten wird. Droht Gefahr, signalisieren die Junghengste durch ein schrilles Wiehern die Feinde und alarmieren so die ganze Herde, welche in Panik versetzt wird und sich so schnell wie möglich in Bewegung setzt. [21]
Es liegt in der Natur der Pferde, dass sie auf Ungewöhnliches, Neues oder Gefährliches mit Flucht reagieren, hat es jedoch Vertrauen zu seinem Alphatier -
welches nun der Mensch oder das Ranghöchste Pferd sein kann, so gehorcht es ihm in so einer Situation.[22]
Bei gezähmten Pferden ist es wichtig, dass der Mensch Vertrauen zu dem Pferd aufbaut. Das Pferd erwartet von "seinem" Menschen, dass es beschützt und umsorgt wird.
Es ist wichtig, dass wir verstehen, dass das Pferd nach seinem Instinkt handeln und dass es kein Mensch ist, das heißt aber auch, dass es uns nicht immer mit dem Verhalten antwortet, welches wir erwarten würden.
"Die Charakteristika und Instinkte, die die oft in sich widersprüchliche Persönlichkeit des Pferdes ausmachen, rühren fast völlig von seiner Herkunft her und auch im Verlauf der Jahrhunderte blieben sie im Grunde genommen unverändert. In den Tagen seiner Freiheit, vor der Eingewöhnung als Haustier, lauerte hinter jedem Busch und Steinhaufen eine Gefahr. Die Natur stattete das Pferd mit außergewöhnlichen Seh-, Gehör- und Geruchssinn aus, dazu mit einem
höchst entwickelten "sechsten" Sinn und mit der Fähigkeit, sich schnell davonzumachen.
Seine Existenz war aufgeteilt in ständige Futtersuche und Meiden seiner Feinde. Diese tiefverwurzelten Instinkte sind bis heute dieselben geblieben. Zum besseren Verständnis kann man sie in 10 Überschriften unterteilen:
Der Geselligkeits- oder Herdentrieb
Eine Art Sicherheitsinstinkt
Der Mitläuferinstinkt
Festhalten an der Gewohnheit
Faulheit
Aufregung
Nervosität
Angeborene Empfindlichkeit
Der Geist der Zusammenarbeit
Die Eigenschaft Mut" [23]
Wichtig ist es, dass wir, die das Pferd "auf- und erziehen", dem Pferd lehren, dass es uns vertrauen kann. Ein primäres Anliegen der Erziehung von Pferden ist es also, z.B.: die Aufregung unter Kontrolle zu bekommen. [24]
Wir versuchen das Pferd mit unseren Schenkeln und Händen zu beruhigen und ihm zu vermitteln, dass das Objekt, welches für das Tier eine Gefahr darstellt, keine ist. Es soll lernen aufregende Arbeiten in scheinbarer Ruhe auszuführen.
Die Ruhe die das Pferd ausstrahlt, sollte nicht mit Teilnahmslosigkeit gleichgesetzt werden, das Pferd hat Freude an der Arbeit und behält dabei noch sein ausgeglichenes Wesen. Trotz dieser ruhigen Ausstrahlung neigt das Pferd doch zur Nervosität. Wie oben auch schon erwähnt, spielt das Vertrauen wieder eine sehr große Rolle. Der Reiter hat nun die Aufgabe das Pferd mit sanfter Stimme, durch einen festen Sitz und weiche Hand zu beruhigen.
Ist das Pferd dann schon etwas zur Ruhe gekommen, kann man auch versuchen das Pferd dazu zu ermutigen, sich dieses ungewöhnliche Objekt, welches es zuvor nervös gemacht hat beschnuppern und berühren zu lassen.
Das Pferd wird unsere Zusammenarbeit mit ihm nie ablehnen, solange wir das "Training" mit Sensibilität und Ruhe durchführen und es nicht erschrecken oder verletzen. [25]
1.4 Haltung und Pflege:
Pferde werden meist in Ställen gehalten. Es gibt verschiedene Arten von Ställen: Offenställe, Laufboxen und Pferdeanbindestände.
Bei Offenställen haben die Pferde einen Stall mit Auslauf, Laufboxen nennt man die "gewöhnlichen" Boxen (mind. 3,60m mal 3 m) meist mit Schiebetüren. Pferdeanbindestände sind meist nur durch Stangen oder Wände getrennte Plätze, bei denen die Pferde am Halfter angehängt werden.
Der Sinn einer guten Stallhaltung ist es, die Pferde in dieser für sie nicht entsprechenden Umgebung gesund und zufrieden zu halten.
Hierbei gibt es jedoch einige Punkte zu beachten:
- Fütterung: das Pferd muss in kleinen Mengen und regelmäßig mit vitamin-,
mineralstoff-, protein- und ballaststoffreichem, Futter gefüttert
werden. Dies ist für das Verdauungssystem des Pferdes sehr
wichtig.
- Pflege: Die Muskulatur des Tieres muss aufgebaut und durch regelmäßige und
ausgiebige Pflege gekräftigt werden.
- Atmosphäre: Das Pferd sollte in einer Umgebung gehalten werden, in der es
sich entspannt und wohl fühlt. [26]
Stallbau:
Der Standort und die Bauweise des Stalles ist von größter Bedeutung: Der Stall muss gut belüftet aber nicht zugig sein, er muss trocken sein, außerdem muss die Feuchtigkeit gut abziehen können und wenn möglich, sollte der Stall zur Sonnenseite hin offen sein, damit die Sonne so lang wie möglich hinein scheinen kann.
Die Pferde sollten untereinander Kontakt haben und die Stallgasse beobachten können. Die für das Pferd angenehmste und beste Haltung ist die Laufbox, da es sich frei bewegen kann.
Einstreu:
Die Einstreu gibt dem Stall Wärme und Behaglichkeit und trägt so zum Wohlempfinden des Pferdes bei. Wichtig ist es jedoch, dass die Einstreu immer sauber ist.
Meist wird Weizenstroh oder Sägespäne, manchmal sogar auch Papierschnitzel dafür verwendet. Das Pferd sollte sich ohne Probleme hinlegen können, ohne dass es mit dem Stallboden direkt in Kontakt gerät, die Einstreu soll dem Pferd ein bisschen Wärme spenden, den Urin absorbieren und möglichst gut duften.
Ausmisten:
Die Sauberkeit im Stall ist für Pferde ein Grundbedürfnis das sie brauchen um sich wohl zu fühlen. Eine Scheibtruhe, eine Schaufel, eine Heugabel, eine kleine Mistschaufel oder ein Mistsack sind die wichtigsten Geräte, die man zum Ausmisten benötigt.
Stalleinrichtung:
Das Wichtigste hier ist, dass das Pferd ständig frisches Wasser zur Verfügung hat, praktisch sind Selbstränken, bei denen das Pferd mit dem Maul auf einen Kontakt drücken muss, damit frisches Wasser in die Tränke gelangt.[27] Empfehlenswert ist auch eine Krippe, in die das Heu gegeben wird, damit es nicht zwischen den Pferdäpfeln und der Einstreu liegt.
Pferdepflege:
Wir oben schon erwähnt, ist die Pflege des Pferdes nicht nur für die Muskulatur sehr wichtig, sondern auch für die Hygiene und die Kontaktanbahnung zum Pferd.
Bevor man mit einem Pferd arbeiten will, sollte man immer zuerst die Hufe kontrollieren; es könnte sein, dass sich Steine darin befinden. Um den Huf zu Säubern benützt man einen Hufkratzer. Der Huf wird zuerst ausgekratzt und anschließend mit einer Bürste "sauber" gemacht.
Man beginnt bei der Pflege des Pferdes immer von Vorne oben und geht dann nach Hinten, zum Schluss werden die Beine gereinigt.
Es gibt verschiedene Putzwerkzeuge, die auch differenzierte Möglichkeiten des Putzens bieten:
Für das Putzen des Kopfes benötigt man eine Kadätsche und einen Schwamm. Die Kadätsche ist eine weiche Bürste, mit der Man die Stirn und den Bereich bei den Ohren reinigen kann. Der Schwamm wird ebenso für das säubern der Nüstern als auch für die Augen verwendet. Natürlich müssen die Schwämme nach Gebrauch immer ausgewaschen werden.
Für den Hals, den Rücken, die Schultern, die Hinterhand und eventuell auch den bauch verwendet man einen Striegel. Hier gibt es wieder drei verschiedene Arten: den Metallstriegel, den Gummistriegel und den Plastikstriegel. Der Plastikstriegel eignet sich eher für den Bauch, da er nicht so hart ist, mit dem Gummistriegel kann man den Brustbereich, die Hinterhand und die Schultern, sowie den Wiederrist und die Kruppe mit Kreisförmigen Bewegungen massieren. Die Mähne und der Schweif werden entweder mit einem Mähnenkamm oder mit einer Reißbürste durchgekämmt. Wichtig ist immer, dass das Putzzeug nach der Verwendung gesäubert wird, damit es von Schweiß und Pferdemehl, dies sind die abgestorbenen Hautzellen, befreit wird.
Als Abschluss kann man das Pferd noch mit einem feuchten Tuch abwischen, dies gibt dem Fell Glanz und die Hufe einfetten, damit sie nicht austrocknen.[28]
1.4.1 Gesundheit:
Um ein Pferd gesund zu erhalten müssen ausreichend Futter, welches der Leistung und der Art der Arbeit angemessen ist, der Witterungsschutz, tierärztliche Besuche und Beschlag der Hufe regelmäßig kontrolliert und durchgeführt werden.
Ein gesundes Pferd hat große Augen und rosa Schleimhäute im Maul- und Augenbereich. Sind die Schleimhäute Rot, so weist dies auf eine Entzündung hin, sind sie zu blass oder leicht gelblich, so könnte es auf eine Lebererkrankung hinweisen und sind sie dunkelrot so kann man auf Sauerstoffprobleme schließen.
Das Fell eines gesunden Pferdes liegt am Körper an und glänzt, die Mähne ist stark und lässt sich nicht leicht auszupfen. Die Haut ist fein und sauber und die Beine sollten kühl sein.
Bei einem kranken Pferd erkennt man die Knochenstruktur meist sehr stark: Die Flanken sind hohl, zwischen den Muskeln des Schweifes ist eine tiefe Kuhle und zwischen den Hinterbeinen so gut wie fast keine Muskulatur. Das Rückrat ist sichtbar und der Hals sieht schmal und dünn aus, er ist im Gegensatz zu einem gesunden Pferd weich und fleischlos. Sieht das Fell struppig aus, so kann dies auf Wurmbefall oder schlechte Ernährung hinweisen. Die Beine sind bei diesen Tieren oft angeschwollen und weisen somit auf Verstauchungen, Parasitenbefall, Herzkrankheiten oder schlechte Blutzirkulation hin.
Pferde haben eine Körpertemperatur zwischen 37,8 und 38,5° Celsius, natürlich hat jedes Pferd seine individuelle Temperatur, welche man als Besitzer jedoch kennen sollte.
Wichtig ist, dass man regelmäßige Kontrollen des Tierarztes machen lässt und sich notiert, wann die letzte Wurmkur, der letzte Hufbeschlag usw. war.
1.5 Trächtigkeit und Geburt:
Stuten kommen meist zwischen 15 und 24 Monaten in die "Pubertät". Ab dem Frühjahr bis in den Herbst werden Stuten in regelmäßigen Abständen von 18 bis zu 21 Tagen rossig. [29]
Jede Rosse dauert ungefähr fünf bis 7 Tage, dabei wirken Stuten meist gereizt und unruhig, sie suchen oft vermehrt den Kontakt zu anderen Pferden. Man kann nun die Deckbereitschaft der Stute durch eine innerliche Untersuchung feststellen, was man jedoch gewöhnlich durch den sogenannten "Probierhengst" tut.
Ist die Stute gedeckt worden, so dauert es 11 Monate und ein paar Tage bis das Fohlen auf die Welt kommt.
Bei der Geburt geht zuerst das Fruchtwasser ab und dann erst legen sich die Stuten nieder. Oft stöhnen sie laut und schwitzen stark wenn die Wehen ihren Höhepunkt erreichen.
Ist das Fohlen normal positioniert, so kommen zuerst die Vorderbeine zum Vorschein. Diese sind mit durchsichtigen Häuten bedeckt - die Eihaut, welche bei dem Prozess der Geburt zerreißt. Der Kopf liegt auf den ausgestreckten Vorderbeinen des Fohlens und erscheint gleich danach. Sind die Schultern aus dem Mutterleib heraußen, folgt der Rest leichter - nun zerreißt die Eihaut über der Nase des Fohlens und es beginnt zu atmen.
Es strampelt sich frei und dadurch reißt die Nabelschnur, die es bis jetzt noch mit der Mutter verbunden hat. Durch das "Abnabeln" schließt sich der eigene Blutkreislauf des Fohlens.
Die Stute leckt ihr Fohlen etwa eine halbe Stunde lang ab, um das Fohlen zu Wärmen und zu Massieren.
Die Nachgeburt geht etwa vier Stunden nach dem Abfohlen ab, versucht jedoch die Stute die Nachgeburt zurückzuhalten, so kann dies zu einer Blutvergiftung führen.
Erst eine halbe Stunde nach der Geburt fängt das Fohlen an zu saugen, die Kolostralmilch (dies ist die erste Milch aus dem Euter), ist lebenswichtig für das Fohlen, das sie Abwehrstoffe enthält und dafür sorgt, dass das Darmpech aus dem Darm ausgestoßen wird.[30]
1.5.1Die Entwicklung des Fohlens:
Schon in den ersten Tagen beginnt die Beziehung des Fohlens zum Menschen, bei der die Mutter anfangs vielleicht noch versucht ihr Fohlen zu verteidigen, indem sie sich zwischen Mensch und Fohlen stellt.
Nach ein paar Tagen kann das Fohlen schon laufen, erkundet seine Umwelt und spielt mit anderen Fohlen. Wichtig ist, dass das Fohlen genügend Platz hat um seinen Bewegungsdrang auszuleben.
Schon jetzt sollte man anfangen das Fohlen an das Halfter zu gewöhnen und es damit gemeinsam mit der Stute auf die Weide führen.
Bis zum Alter von 2 Monaten saugt das Fohlen Milch von der Stute, ab dann bekommt es bis zum 6 Monat Kraftfutter, gekochten Leinsamen, Weizen, ein wenig Milchpulver und zum Aufbau der Knochen Lebertran. Im Winter sollte das Fohlen nicht allzu hartes Heu bekommen.
In dieser Zeit verliert das Fohlen auch sein Fohlenfell.
Das Fohlen wird im Alter zwischen viereinhalb und sechs Monaten abgesetzt und eventuell auch kastriert. Für Mutter und "Kind" kann dies ziemlich stressig sein und so sollte man die Beiden schon vorher immer wieder kurzzeitig trennen. Endgültig getrennt werden sie dann mindestens für vier Wochen, wobei sich beide weder hören noch sehen dürfen.
Für das Fohlen ist es sehr hilfreich, wenn es andere Fohlen um sich hat oder mit einem anderen vertrauten Pferd in Kontakt ist.
Damit die Milchbildung versiegt und das Euter zurückbildet, sollten die Stuten viel Platz haben um sich bewegen zu können. Nach 6 Wochen bleibt die Milch ganz aus und man kann Mutter und "Kind" wieder zusammen lassen.
Versucht nun das Fohlen zu trinken, so wird es von der Mutter sogleich abgewehrt.
Stuten können im Jährlingsalter bei der Herde bleiben, wenn der Hengst nicht mitläuft. Hengstjährlinge werden vor der Geschlechtsreife aus der Herde entfernt und eventuell für die Weiterzucht verwendet.[31]
2. Übersicht über die Entwicklung des Heilpädagogischen Reitens im Gesamtgebiet des Therapeutischen Reitens:
Der Umgang mit dem Pferd bzw. das Reiten beinhaltete schon immer eine erzieherische Funktion. Bei Xenophon ca. 400 v. Christus ist über die Reitkunst zu lesen, dass diese hohe Anforderungen an die Disziplin des Reiters stellt.
Schon damals sagte man, dass sich gute Reiter durch bestimmte Eigenschaften wie z.B.: Mut, Klugheit, Besonnenheit., die wir heutzutage bei Jugendlichen und Kindern wieder fördern möchten, kennzeichneten.
In den 60er Jahren begannen Psychologen und Pädagogen erstmals das Reiten bei Problemverhalten einzusetzen.
Dieser Versuch den Kindern zu helfen ermutigte auch andere ähnliche Methoden auszuprobieren. In einem Schulheim in Basel wurde mit Kindern, die unter minimaler cerebraler Dysfunktion (MCD) und mit Kindern mit dem psychoorganischen Syndrom (POS) die Idee systematisch weiterentwickelt.[32]
"In dem gesamten Gebiet des Therapeutischen Reitens werden die emotionalen und kommunikativen Möglichkeiten des Pferdes (sein "Interieur"), ebenso wie seine körperlichen und bewegungsspezifischen Besonderheiten (sein "Exterieur") eingesetzt, um Kranke oder behinderte Menschen aller Altersstufen zu fördern." [33]
Eine der Therapeutischen Formen ist die "Hippotherapie". Sie wird dann eingesetzt wenn der Mensch neuro-, senso-, psycho-, oder soziomotorisch gefördert werden soll.
Das Behindertenreiten ist eine Form des Therapeutischen Reitens, hier fällt die Betonung eher auf das Sportliche. Es zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die "vier gesunden Beine des Pferdes" dem Behinderten zur Verfügung stehen und dieser somit in den Sport der Nichtbehinderten integriert wird.
Wenn man sich die 3 Therapiearten in Form eines Fächers vorstellt, so könnte man sagen, dass das "Heilpädagogische Reiten und Voltigieren" zwischen dem "Behindertenreiten" und der "Hippotherapie" liegt.
Die internationale Situation und Entwicklung lässt dich aus den Themen der internationalen Kongresse ablesen:
In Frankreich entwickelte sich das Therapeutische Reiten aus der Grundlage des klassischen Reitens. In den letzten Jahren hat sich die Anwendung auf den therapeutischen Bereich spezialisiert und intensiviert und so zur Gründung
einer neuen Gesellschaft geführt.
In Deutschland, Österreich und der Schweiz stand die Hippotherapie zunächst im Vordergrund, erst später kamen das Heilpädagogische Voltigieren und Reiten
und das Reiten als Sport für Behinderte dazu.
Das Reiten für Behinderte wurde in England sehr hervorgehoben.
In Italien war die Entwicklung ähnlich, doch nebenbei entfalteten sich spezialisierte Programme in heilpädagogischer Entwicklungsförderungen und
Hippotherapie.
Das Westernreiten spielt heutzutage in der USA noch eine große Rolle im
Behindertensport, doch auch die Hippotherapie gewann an Bedeutung.
In Kanada wurden zahlreiche Zentren mit therapeutisch - rehabilitativen Zielsetzungen gebaut in denen Heilpädagogisches Reiten mit geistig und körperlich Behinderten Personen durchgeführt wird.
Es entstanden hier unter anderem auch spezielle Programme der Hippotherapie.
1985 wurden Standards erarbeitet um den Bereich des Therapeutischen Reitens zu präzisieren, um sie wissenschaftlich zu begründen und auszuwerten.
Die Vorarbeiten dafür führten in Toronto 1988 zur Gründung der "Förderation Therapeutisches reiten International"[34]
1985 gab es die erste Vereinigung für Heilpädagogischen Reiten in der Schweiz.
Die Absolventen der Ausbildung arbeiten in Heimen, psychiatrischen Kliniken, heilpädagogischen Tagesschulen, auf Jugendfarmen oder in privaten (heilpädagogischen) Reitbetrieben.
"Zunächst wurden das Pferde in Heimen - zum Teil mit angeschlossener Sonderschule und Kliniken mehr oder weniger intuitiv eingesetzt. Jeder Praktiker gab seiner Tätigkeit mit dem Pferd eine andere Bezeichnung: "Pädagogisches Reiten", "Heiltherapeutisches Reiten und Voltigieren", "Therapeutische Reitschule", Therapeutisches Reiten in der Psychiatrie"
Erst 1977 trafen sich Mediziner, Pädagogen, Psychiater, Pferdefachleute und Sportler auf einem Symposium, um die Aktivitäten des Therapeutischen Reitens zu systematisieren, koordinieren und intensivieren.
Beschlossen wurde:
dass alle Einsatzmöglichkeiten des Pferdes mit Kindern oder Jugendlichen aus dem Bereich Heil-/Sonderpädagogik unter den Fachausdruck "Heilpädagogisches Voltigieren und Reiten" zusammengefasst werden.
dass die differenzierten Anwendungsformen auf ihre Vermittelbarkeit (Lehrbarkeit) und Effektivität kritisch zu hinterfragen sind.
dass Weiterbildungskurse für interessierte Berufsgruppen aus pädagogischen und psychologischen Bereichen angeboten werden.
Da sich bis heute rund 200 Fachkräfte ausbilden ließen, konnte somit das Angebot auf weitere Institutionen wie zum Beispiel: Volkshochschulen, Schul-psychologische Dienste, Regelschulen, Tagesbildungsstätten erweitert werden.[35]
Unter dem Begriff "Heilpädagogisches Reiten und Voltigieren" werden heute rehabilitative, psychologische, pädagogische, psychotherapeutische und soziointegrative Angebote mit Hilfe des Pferdes bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern mit verschiedenen Behinderungen oder Störungen zusammengefasst.
Im Vordergrund dabei steht die günstige Beeinflussung der Entwicklung des Befindens und Verhaltens im Vordergrund.
Der Mensch wird beim Reiten bzw. beim Umgang mit dem Pferd ganzheitlich d.h. körperlich, geistig, sozial und emotional angesprochen. [36]
2.1 Die Idee des Heilpädagogischen Reitens:
Marianne Gäng beobachtete bei ihren eigenen Kindern, dass der Umgang mit Pferden die Kinder verantwortungsbewusster, rücksichtsvoller, wahrnehmungsfreudiger und toleranter machte.
Die Kinder mussten für ihr Pferd bei jedem Wetter sorgen, sie machten positive sowie negative Erfahrungen mit dem Pferd, sie nutzten ihre Freizeit um Kontakte mit gleichdenkenden und gleichfühlenden Kindern/Jugendlichen und Erwachsenen zu knüpfen, konnten ihre Abenteuerlust ein wenig mehr in die Wirklichkeit umsetzen als andere Kinder, nahmen ihre Umwelt intensiver wahr und mussten für ihre Taten, Handlungen für sich und das Tier Verantwortung übernehmen.
Ihrer Meinung nach stellt der Umgang mit den Pferden für sie und ihre nun schon erwachsenen Kinder eine Alternative zum Stress des Berufslebens dar.[37]
2.2 Sinn - Zweck - Ziel:
Pferde und Ponys sind als Erziehungshilfen in Sozialisationsprozessen bei verhaltensauffälligen Kindern daher geeignet, da wir als Menschen das angeborene Bedürfnis haben mit Tieren umgehen zu wollen.
Da Pferde in ihrem Verhalten konstant und daher auch verlässlich sind, da sie ihr Verhalten kaum ändern sind sie in Erziehungsprozesse einplanbar. Lassen jedoch Kinder ihre Aggressionen an dem Pferd aus, so kann es durchaus sein, dass dadurch irreparable Schäden entstehen, und sich dieses Tier nicht mehr für den Einsatz mit Kindern eigne, da es diesen zugefügten Schmerz nicht vergessen und verarbeiten kann. Sie sind einfühlsam, rücksichtsvoll und haben ein sehr feines Gespür für Stimmungen und für die Stimme.
Sie sind nicht perfekt und zeigen genauso wie wir Menschen Angst, Ungeduld, Unruhe oder reagieren auf falsche Behandlung. [38]
All diese Eigenschaften fordern das Kind zum Reagieren auf, ist ein Pferd zum Beispiel sehr zurückhaltend, so muss das Kind den "ersten Schritt" zur Kontaktaufnahme machen.
Das Beobachten des Pferdes und das Sich - Einfühlen sind für verhaltensauffällige Kinder sehr wichtig, sie lernen hier, dass abweichendes Verhalten nicht überall aggressive Reaktionen hervorruft.
Die vorher aufgezählten Eigenschaften machen es den Kindern auch leichter das Urvertrauen aufzubauen. Das Pferd teilt dem Kind über seine Körpersprache seine Gefühle und Stimmungen mit. Wichtig dabei ist jedoch, dass das Kind motiviert ist auch die Verantwortung für das Tier zu übernehmen; d.h. es zu Pflegen, Sattelzeug zu putzen, auszumisten usw.
Die Voraussetzungen für die Erziehungs- und Lernprozesse sind, dass die Kinder dem Pferd gegenüber Respekt, Angst, Bewunderung und Liebe empfinden, dann erst kann der Umgang mit den Pferden dazu beitragen, positive Sozialisationsprozesse in Ganz zu setzen und Störungen zu beheben, weil es das Bedürfnis nach positiver Zuwendung befriedigt und damit Störungsursachen erreicht und auch, da es soziale Fertigkeiten trainiert, indem es dem Kind Möglichkeiten der sozialen Betätigung und des Kontakts verschafft, die das Kind anders nicht mehr akzeptieren würde.
Das Pferd fordert durch seine Ausdrucksformen, durch seine Mimik, seine Körperhaltung, und seine Stimmäußerung zusätzlich zu seinem körperlichen Angebot direkt zur verbalen und emotionalen Kontaktaufnahme sowie Auseinandersetzung heraus. So kann sich das Körperbewusstsein als eine Grundform des Selbstbewusstseins entwickeln.[39]
2.3 Voraussetzungen:
2.3.1 Die Auswahl des geeigneten Reittiers:
Wichtiger als die Pferderasse sind die Sympathie des Reitpädagogen gegenüber dem Tier, sowie ein gutmütiger Charakter.
Marianne Gäng hat fast all ihre Erfahrungen mit Island Ponys gemacht und kann somit bestätigen, dass sich diese Pferderasse sehr gut für as Heilpädagogische Reiten eignet.
Wichtig ist jedoch bei jedem Pferd, egal welcher Rasse es angehört, dass es eine Bezugsperson hat, die es betreut und auch reitet.
Vom Charakter her sollte das Pferd weder zu temperamentvoll, stürmisch oder draufgängerisch sein, noch zu phlegmatisch, welches immer angetrieben werden muss.
Natürlich darf das Pferd/ Pony keine Unarten haben, da dies für die Kinder/ Jugendlichen oder Erwachsenen sehr gefährlich werden könnte. Die Idealvorstellung eines guten Ponys wäre eines das wach, leichtrittig, gut
vorwärtsgehend und gutmütig ist. Es soll sich nicht alles gefallen lassen, es darf sensibel und etwas ängstlich sein, es kann genauso seinen Unmut kundtun.[40]
2.3.2 Ausbildung zum Reit- und Therapiepferd:
Die Ausbildung jeden Pferdes ist individuell, da jedes der Tiere einen anderen Charakter und andere Grundvoraussetzungen hat.
Die Kriterien für die Ausbildung eines Therapiepferdes jedoch sind höher als die eines "gewöhnlichen" Reitpferdes.
Diese Tiere sollen sich in einem gleichmäßigem Takt und schwungvollen Bewegungsablauf vorwärts bewegen können. Es soll jedoch auch in der Lage sein, diese schwungvollen Bewegungen variiert einsetzen zu können.[41]
Weiters ist es wichtig, dass das Pferd ausgeglichen ist und gerne mitarbeitet.
Das werdende Therapiepferd benötigt zuerst die Grundausbildung und nebenbei ständigen Ausgleich und Korrektur.
Das Pferd lernt vom Boden sowie vom Sattel aus durch kleinste Signale geleitet zu werden, sodass auch Menschen mit geringen Einwirkungsmöglichkeiten in der Lage sind, durch Impulse dem Pferd Anweisungen zu geben.[42]
2.3.3 Der Einsatz des Tieres:
Ängstlichen Kindern wird ein anhängliches, ruhiges Tier zugeteilt, für das sie sich verantwortlich und dem gegenüber sie sich auch ein bisschen überlegen fühlen. Es gibt ihnen die nötige Sicherheit, die sich später günstig auf ihr weiteres Verhalten gegenüber dem Pony/ Pferd auswirkt.
Die notwendigen Grenzen finden draufgängerische Kinder bei einem eher eigenwilligeren Pony. Sie sehen, dass es sich nicht alles gefallen lässt und genauso seinen Kopf durchsetzen will, wie sie es selbst manchmal probieren.
Hier sollte den Kindern jedoch Achtung vor dem Tier gelehrt werden, indem man sie darauf aufmerksam macht, dass es Schmerz, Lärm, Ruhe oder Angst genauso empfindet wie wir.
Pferde oder Ponys ändern ihr Verhalten bzw. ihren Charakter nur, wenn ihnen Leid zugefügt wurde, dessen Schmerz sie nicht vergessen können. [43]
" Über eine kürzere Zeitspanne sollte das gleiche Pony vom gleichen Kind benützt werden können. Erst wenn Pony und Kind einander nicht mehr gerecht werden, sollte gewechselt werden."[44]
Das Pony wird immer geführt, anfänglich von einem Erwachsenen und später von den Kindern selber. Hier liegen einige bedeutsame pädagogische Werte: wie sich einfühlen lernen, sich im rechten Moment durchsetze, sich anpassen, Befehle erteilen uvm.
Der Vorteil des Führens eines Erwachsenen ist, dass dieser dem Pferd Vertrauen einflößen kann, da ein beeinträchtigtes Kind auf seinem Rücken dies nicht kann.
2.4 Kontakt mit dem Tier - ein menschliches Bedürfnis:
Kinder suchen meistens den Kontakt zu Tieren, da sie es umsorgen und pflegen wollen.
Selbst schwierige Kinder lassen sich z.B.: durch Haustiere ansprechen. Zu den Tieren finden sie oft leichter Zugang als zu Menschen, so kann die Persönlichkeit durch Tiere gefördert und ausgeprägt werden.
Pferde eignen sich deshalb so gut dazu, da man sie beobachten, pflegen, reiten, mit ihnen Spielen kann uvm. das macht sie zu liebenswerten und begehrten Tieren. [45]
2.4.1 Die emotionale Kontaktaufnahme zum Pferd:
Nicht alle Kinder/ Jugendlichen oder Erwachsene haben das Bedürfnis mit dem Pony in Kontakt zu treten. Oft muss man dies erst wecken, jedoch nicht erzwingen. Das Pferd befriedigt das Bedürfnis nach Körperkontakt, Zuwendung und Liebe; auf welche Art und Weise sich die Menschen mit Pferden auseinandersetzen ist individuell.
Das Pony soll von seinem Körper, seiner Weise und seinen Bewegungen her über alle Sinne wahrgenommen werden.
Das Kind kann so das Pferd kennen lernen und eine Beziehung zu ihm aufbauen. Zwischen Mensch und Pony entwickelt sich nach und nach ein Vertrauensverhältnis, dadurch dass fast alle Handlungen direkt über das Pferd erfolgen, ist dem Kind auch der nötige Freiraum für Eigenaktivitäten gegeben.
Erst jetzt kann das Kind individuelle und differenzierte Erfahrungen machen.
2.4.2 Pflege des Ponys/ Pferdes:
Marianne Gäng behandelt hier hauptsächlich den erzieherischen Wert einer regelmäßigen Beschäftigung mit dem Tier.
Leider kennt ein Großteil der Kinder den Lebenszyklus lebendiger Organismen nicht und kann somit auch die Verantwortung für Pflege und Haltung nicht übernehmen.
Beim Heilpädagogischen Reiten jedoch gilt es, zuerst die Bedürfnisse des Pferdes und dann die eignen zu befriedigen, da erst durch diese regelmäßige Auseinandersetzung eine echte Beziehung zwischen dem Mensch und dem Tier entstehen kann.
Die Erwachsenen haben hier die Aufgabe dem Kind mit richtiger Sachkenntnis und Geduld zur Seite zu stehen und es nach richtig getaner Arbeit zu loben.
Ein weiterer pädagogischer Wert dieser Arbeit ist, dass die Kinder dabei ihre Ängste abbauen können, der nahe Kontakt zu dem Tier schenkt den Kindern Selbstbestätigung und bereitet ihnen Freude.
Nun wird das Kind neugierig und es hat selbst den Wunsch sich auch durch das Reiten mit dem Pferd zu beschäftigen.
2.4.3 Phasen der emotionalen Kontaktaufnahme:
Vom Boden aus
Das Aufsteigen
Auf dem Pferd im Stand
Auf dem Pferd im Schritt[46]
Ad. 1:
Wichtig ist hier die Vorbildwirkung des Pädagogen. Das Kind soll das Pferd zuerst ausgiebig beobachten und es anschließend begrüßen. Dabei sollen die Beine fest am Boden stehen, der Körper des Kindes soll das Pferd/Pony berühren und mit den Händen soll auf das Pferd Druck ausgeübt werden. Je stärker der Händedruck, desto tiefer ist die Rückmeldung des Pferdes.
Als "Abschluss" der Begrüßung wird das Pferd angehalftert und mit einem Führstrick zu dem vorgesehenen Platz geführt.
Hier geht es darum, das Pferd als Wesen mit eigenem Willen zu erleben. Sich anpassen; einfühlen; erfahren, dass das Pferd geht, ich gehe mit, wir gehen gemeinsam.[47]
Ad. 2:
Bei dieser Form der Kontaktanbahnung gibt es zwei Möglichkeiten.
a. Aufsteigen mit der Treppe:
Die Treppe ist stabil und gibt Sicherheit, sie wird oft bei leicht Körperbehinderten oder ängstlichen Menschen eingesetzt, da beim Aufsteigen über die Treppe das Kind bzw. der Erwachsene das Tempo selbst bestimmen kann.
b. Aufsteigen mit Steighilfe durch den Partner:
Dabei ist es wichtig, dass man sich mit dem Partner abspricht. Diese Methode ist gut für Menschen geeignet, die keine Angst haben.
Ad 3:
Das Pferd wird hierbei aus einer anderen Perspektive kennen gelernt. Das Gefühl des auf - dem Pferd - Sitzens soll genossen werden. Als weitere Aufgabe soll der zu Therapierende den Kopf und die Ohrenstellung des Pferdes beobachten.
Weitere Übungen um das Pferd näher kennen zulernen sind, das Liebkosen, und das intensivierte Wahrnehmen des Pferdekörpers.
Ad 4:
Diese Methode der Kontaktaufnahme bietet wieder verschiedene Möglichkeiten:
Spazierritt
Erlebnispfad
Ad a: Das Pferd wird dabei zum ersten Mal bewegt. Anfangs werden nur kurze
Sequenzen eingelegt werden, später weiten sich diese aus und können auch
zu Ausritten werden, bei denen sich der Reiter nur auf seine Empfindungen
konzentrieren soll. Solche Ausritte machen es möglich, Signale von seinem
eigenen Körper zu empfangen und unterschiedliche Bewegungen zu erleben.
Ein neues Wahrnehmungsfeld wird erschlossen.[48]
Ad b: Hierbei wird auf die Vielfalt geachtet. Der Reiter soll möglichst viele
verschiedene Erfahrungen mit der Natur machen. Ein gutes Beispiel dafür
ist ein Labyrinth aus Sträuchern.
Ziele dieses Erlebnispfades sind:
- Physische und Psychische Impulse wahrzunehmen
- Fixierungen durch vermehrte Konzentration auf das "Erlebnis" lösen
- Gefahren und Schwierigkeiten einschätzen lernen
- Neue Aufgaben alleine lösen
- Partnerschaftliche Beziehung zum Pferd und zu anderen Menschen
entwickeln
- Erweiterung der sozialen Kompetenzen[49]
2.5 Die Ausrüstung für das Pferd/ Pony:
Ein gewöhnliches Stallhalfter und eine Führleine reichen aus, zusätzlich kann jedoch ein Voltigiergurt als "Sicherheit" für das Kind verwendet werden. [50]
2.5.1 Die Reitkleidung für das Kind:
Wichtig ist, dass sich das Kind wohl fühlt, das heißt es kann mit Trainingshose,
T - Shirt und eventuell Pulli reiten gehen.
2.5.2 Die Reitzeiten:
Die Bahn im Freien wird von Frühling bis Herbst genützt. Während des Sommers wird bis 10 Uhr morgens geritten und dann erst wieder am 17 Uhr. Im Winter findet das Heiltherapeutische Reiten nicht statt, außer es steht eine Reithalle zur Verfügung.
2.6 Die Ausbildung des Pädagogen:
In Österreich sorgt das Österreichische Kuratorium für Therapeutisches Reiten für die Lehrgänge für Heilpädagogisches Voltigieren und Reiten.[51]
Berufliche Voraussetzungen:
Man muss nachweisen können, dass man eine abgeschlossene Ausbildung in einem sozial-, -, sonder-, oder heilpädagogischen, psychologischen oder psychotherapeutischen Beruf hat. Zum Beispiel als Psychologin, Sozialpädagogin, Lehrerin aller Sonderschulformen, Heil- oder Sonderpädagogin, Sondererzieherin, Sonderkindergärtnerin)
Reitsportfachliche Voraussetzungen:
- 1. Semester des Reitinstruktors, Bereiter FENA (österr. Zertifikat)
oder
- Fachübungsleiter Reiten, Pferdewirt - Schwerpunkt "Reiten" (deutsches Zertifikat)[52]
Aufnahmeverfahren:
Man muss ein formloses Ansuchen mit der Beschreibung des Arbeitsfeldes und der bisherigen Tätigkeit stellen.
Es muss einer Kopie des Zertifikates der heilpädagogischen Ausbildung und eine Kopie der reitsportlichen Prüfung beiliegen.
Hat der Bewerber diese Anforderungen erfüllt, so bekommt er eine Bestätigung der Anmeldung und eine Literaturliste mit einer Pflichtlektüre zugesandt.[53]
2.7 Planung und schriftliche Vorbereitung:
Eine schriftliche Vorbereitung bzw. Planung ist wichtig, da nur so die Arbeit der Pädagogen und Pädagoginnen transparent werden kann.
Um jede Stunde individuell gestalten zu können und so besonders auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes eingehen zu können, werden bei der "Anmeldung" sogenannte Präparationsblätter ausgefüllt. Diese ermöglichen dem/der Pädagogen/ Pädagogin ein differenziertes Arbeiten mit dem Kind bzw. dem Erwachsenen.
Es gibt 3 verschiedene Präparationsblätter:
Personalblatt: Dieses Blatt wird beim Eintritt ausgefüllt.
Langfristige Planung: Wird ausgefüllt wenn Grob- und Feinziele bekannt sind. Sie gibt Übersicht über mehrere Lektionen.
Kurzfristige Planung: Diese Blätter werden für jede Lektion extra ausgefüllt.
2.7.1 Spezielle Übungen zum Heilpädagogischen Reiten:
Im Voraus muss gesagt werden, dass diese Übungen mit dem Pferd als Ziel das Zusammenführen von Kind und Pony zum Zweck der Auseinandersetzung, der Anpassung, des Einfühlens und des Rücksichtnehmens, wie die Erziehung zur Regelmäßigkeit, Genauigkeit, Gewissenhaftigkeit, Ordnung, Selbstüberwindung und Abhärtung haben.[54]
Die Übungen werden jedoch unterschieden:
Ø Emotional - kognitiver Bereich:
- Wahrnehmungsschulung: auditiv, visuell, taktil
- Aufbau von Verantwortungsbewusstsein
- Erhöhen der Frustrationsgrenze
- Annehmen von Korrekturen von Erwachsenen
- Stärkung des Vertrauens in die eigene Leistungsfähigkeit und des
Selbstwertgefühls
Ø Motorischer Bereich:
- Beherrschung von Gleichgewicht und Koordination
- Einfühlen in die Bewegung des Pferdes/Ponys
- Benutzung des rhythmischen Bewegungsablaufes zum Zwecke der
Entkrampfung und Lockerung
Ø Übungen im sozial- integrativen Bereich
- Helfen und Hilfe annehmen können
- Abbau von aggressiven Verhaltensweisen
- Anerkennung und Einhalten von gemeinsam erstellten Regeln
- Aufbau von Beziehungen und von Vertrauen zum Partner
- Eingliederung der Ich - Ansprüche in das Gruppengeschehen
(Kompromisse eingehen können)
- Aufbau von Freundschaften[55]
Ø Übungen im Kommunikationsbereich[56]
Marianne Gäng schreibt, dass aus diesen Übungen vom Pädagogen neue Übungen zusammengestellt werden sollen. Diese Übungen können während der Therapie gemeinsam mit dem Kind ausgedacht werden.
Ich möchte nun auf einen der Bereiche näher eingehen:
Übungen, die den Emotional - kognitiven ansprechen:
Ziel dieser Übungen ist es, Körper und Seele in Einklang zu bringen, sodass sich ein gesundes ICH entwickeln kann. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass man die Behinderungen in anderen Bereichen gezielter angehen kann.
Die Pädagogin beobachtet das Kind, welches zu ihr in die Stunde kommt, sie achtet auf die Körperhaltung und auf seine Bewegungen, da sie dadurch die momentane seelische Stimmung des Kindes ein wenig einschätzen kann.
Das Kind reitet einige Runden, ohne dass ihm Anweisungen gegeben werden. Die Körperhaltung spielt hier eine wichtige Rolle.
Sitzt das Kind mit hängendem Kopf und zusammengefallenem Körper auf dem Pferd, so ist wahrscheinlich mit seinem seelischen Gleichgewicht nicht alles in Ordnung.
Wichtig ist immer, dass das Kind mit dem Pferd bevor es auf ihm reitet, Kontakt zu ihm aufnimmt. Es soll sich intensiv mit dem Tier auseinandersetzen, ohne dass die Pädagogin jederzeit eingreifen kann.
Das Kind soll sich selbstständig mit dem Pferd beschäftigen. Erst wenn die "Bekanntmachung" vorüber ist, kann mit den Übungen angefangen werden.
Übung: "Hans Guck - in - die - Luft"
Übung: Lieb sein mit dem Pony
Ponys bzw. Pferde sind auch immer selbst mit der eigenen Wahrnehmung beteiligt. Sie sind sehr konzentriert und versuchen oft auch die wackelige "last" auszubalancieren wenn sie merken, dass das Kind herunter zu fallen droht.[57]
2.7.2 Ablauf einer Unterrichtslektion:
1. Emotionale Kontaktaufnahme, Beziehungsanbahnung Kind/Pferd:
Es sind ca. 10 - 15 Minuten Zeit.
Das Pferd steht auf der Weise, in einem angegrenzten Rum, in einer Nische, es ist frei oder angebunden. Hier begegnet das Kind dem Pferd in verschiedenen Situationen. Das Kind soll dem Pferd möglichst ohne der Einwirkung der Pädagogin näher kommen. Die Pädagogin beobachtet nur.
2. Hauptteil:
Anfänger haben hier ca. 30 Minuten, Fortgeschrittene 50 Minuten Zeit.
Der Anfänger lernt sich vom Boden aus, auf dem Pferd im Stand oder im Schritt zu beschäftigen, während der Fortgeschrittene schon auf dem zuerst geführten und dann freien Pferd reitet.
3. Verabschieden und Versorgen:
Es sind 10 Minuten Zeit dafür.
Das Pferd wird unter Aufsicht des Pädagogen oder Helfers auf die Weide, in
den Auslauf oder Stall gebracht.
4. Kurze schriftliche Stellungnahme zum Lektionsverlauf:
Diese Stellungnahme schreibt der Pädagoge oder ein Beobachter, sie wird
systematisch durch die notierten Beobachtungen ausführlich geschrieben.
Dieser Ablauf wird in der Praxis in zwei Spalten geschrieben. Die Tätigkeit mit dem Pferd steht auf der linken Seite und auf der rechten Seite stehen die Aufgaben des Kindes bzw. die Aufgaben der Pädagogin.[58]
2.8 Hinweise für den Reitpädagogen:
Eine klar strukturierte Einführung ist notwendig, damit es später zu den gewünschten Auswirkungen kommen kann. Es sollte auch den Eltern klar gemacht werden, dass das Pferd keine Wunder vollbringen kann. Oft haben Eltern falsche Vorstellungen von dem Umgang mit Pferden. Um diesen Vorstellungen vorzubeugen, sollten die Eltern und das Kind zu einer Besichtigungs- Reitstunde eingeladen werden. Hierbei reitet das Kind noch nicht, es sollte nur hervorgehen, was der artgerechte Umgang mit dem Pferd beim Kind bewirken kann und wie das Kind von sich aus bereitwillig eine Leistung aus Zuneigung zum Pferd erbringen wird.
Die Pädagogin soll die elterlichen Fragen beantworten und auch erklären können.[59]
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