Sie wurde von Karl von Frisch anhand von Bienen bewiesen. Doch auch andere Tiere verwenden sie. Der Vorteil hier ist, dass nur ein kleines Stück blauer Himmel notwendig ist.
Die Polarisation des Himmelslichtes
Licht besteht aus elektromagnetischen Wellen, die senkrecht zu ihrer Ausbreitungsrichtung schwingen. In Sonnenstrahlen schwingen die Wellen in allen möglichen Ebenen, was bedeutet, dass ihr Licht nicht polarisiert ist. Polarisiertes Licht enthält nur eine Schwingungsebene - die Polarisationsebene oder den E-Vektor. Himmelslicht ist teilweise polarisiert, da hier mehr Wellen in einer bestimmten Ebene schwingen, als in irgendwelchen anderen. Sowohl das Himmelsblau als auch die Polarisation entstehen durch die Streuung des Sonnenlichtes an Molekülen in der Atmosphäre. Das gestreute Himmelslicht ist senkrecht zur ursprünglichen Ausbreitungsrichtung der Sonnenstrahlen polarisiert. Somit hat das gesamte Himmelsblau ein E-Vektor-Muster, das wie die Breitengrade auf einer Himmelskugel angeordnet ist, mit der Sonne am einen Pol und der "Antisonne" am anderen. Von einem Beobachter auf der Erdoberfläche aus gesehen reicht die Polarisation von null an beiden Polen bis zu einem Band mit einem Maximum von 70 bis 80% im Bereich des Äquators der Himmelssphäre.
Entsprechend dem Sonnenstand zwischen Auf- und Untergangspunkt dreht sich das ganze Polarisationsmuster des Himmels. Anhand von 2 auffälligen Tatsachen wird diese Bewegung deutlich: An den Polarisations-"Löchern" in der Nähe der Sonne und der Antisonne so wie vor allem am Band der maximalen Polarisation, das sich im Winkel von 90 Grad zwischen den beiden Polen erstreckt. In Äquatornähe kann man beobachten, wie dieses Band, das zweifellos die Hauptinformation für einen Kompass enthält, bei Sonnenaufgang nördlich und südlich durch den Zenit verläuft, sich bis Mittag nach Westen und nach unten dreht, dann vom östlichen Horizont im Osten aufsteigt und schließlich wieder in den Zenit bei Sonnenuntergang kommt. In gemäßigten und polaren Breiten sind die Polarisationsveränderungen noch komplizierter und hängen wie die Sonnenbahn zusätzlich von den Jahreszeiten ab. Kurz gesagt erweitert der Polarisationskompass den Nutzen der Sonne als Hilfsmittel bei der Richtungsbestimmung. Tiere die diesen Himmelskompass einsetzen, brauchen sich nicht auf das Bild der Sonne als Bezugspunkt zu verlassen, das weniger als ein Grad im Durchmesser ausmacht, sondern können die Richtungen aus der Verteilung der E-Vektoren ablesen, die sich über den größten Teil der Himmelssphäre erstrecken.
Die Wahrnehmung des E-Vektors
Bestimmte Fische können sich, wie in Experimenten nachgewiesen wurde, anhand der Polarisationsebene orientieren. Zuverlässige Belege für die Anwendung des polarisierten Lichtes fehlen jedoch noch weitgehend. Nur Verhaltensexperimente mit juvenilen Blaurücken-Lachsen untermauern diese Theorie. Auch der Wahrnehmungsmechanismus von polarisiertem Licht bei Wirbeltieren ist noch nicht geklärt. Bei Versuchen mit Goldfischen wurde zwar herausgefunden, dass Nervenzellen im Sehfeld des Gehirns eine hohe Empfindlichkeit gegenüber der Richtung des E-Vektors aufweisen. Wie eine solche Unterscheidung im Auge selbst entsteht weiß man aber noch nicht.
Die Polarisation unter Wasser
Polarisationsmuster unter Wasser bilden sich hauptsächlich durch Streuung von Lichtstrahlen im Wasser. Die Streuung bestimmt sowohl die Richtung der Polarisationsebene als auch den Grad der Polarisation. Eine maximale Polarisation wird im rechten Winkel zur Ausbreitungsrichtung des Lichtes erreicht und kann in klaren, natürlichen Gewässern bis zu 60 Prozent betragen. Aus allen Blickrichtungen scheinen die entsprechenden E-Vektoren senkrecht zu der Richtung der Lichtstrahlen zu verlaufen.
Die Polarisation unter Wasser füllt das gesamte Blickfeld aus, nicht nur dessen obere Hälfte. Die Sonne und den ganzen Himmel (einschließlich seiner Polarisation) kann man von einem Bereich dicht unter der Wasseroberfläche aus gut sehen. Punkt, die am Horizont in der Luft um 180 Grad auseinander liegen, erscheinen unter Wasser aufgrund der Strahlenbrechung an der Wasseroberfläche auf einen Winkel von 97,2 Grad komprimiert. Den eingeschränkten Winkel des Gesichtsfeldes, den der ganze Horizont unter Wasser einnimmt, nennt man Snells Fenster. In dem übrigen Blickfeld unter Wasser werden die Polarisationsmuster von dem Medium Wasser bestimmt.
Die Polarisation unter Wasser könnte genauso wie die des Himmels als Kompass für die Navigation bei Tieren eingesetzt werden, denn auch hier lässt sich der Sonnenstand direkt aus dem Muster des E-Vektors bestimmen. Im Gegensatz zur Sonnenscheibe selbst ist das Polarisationsmuster noch bis in größere Tiefen zu sehen. Die spezifische Ausrichtung des E-Vektors sollte in größeren Tiefen jedoch weiter abnehmen. Dennoch bleibt die Polarisation an sich noch bis in eine Tiefe bestehen, in die das sichtbare Licht vordringen kann (ungefähr 1200- 1500 m im klarsten Meerwasser). Der Sonnenkompass hingegen ist schon ab 400-500 m Tiefe nicht mehr einsatzfähig.
Wir wissen, dass zahlreiche Wassertiere wie Krebse, Weichtiere und Fische eine hohe Empfindlichkeit für Polarisation aufweisen, es ist jedoch noch viel Forschungsarbeit nötig, um zu belegen, dass vielen Tieren im Wasser die Fähigkeit zur Unterscheidung der Polarisationsebene bei der optischen Navigation hilft.
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