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biologie artikel (Interpretation und charakterisierung)

Krankheiten und anomalien des immunsystems



Das scheinbar so ausgereifte spezifische Immunsystem unseres Körpers hat jedoch zwei beträchtliche Schwachstellen:

· Erstens dauert es zumindest fünf Tage, bis B-Zellen bei Erstkontakt mit einem Erreger sich zu antikörperproduzierenden Plasmazellen entwickeln. Unterdessen bedarf es der Hilfe der angeborenen, unspezifischen Immunität, um die die Ausbreitung der in den Körper eingedrungenen Erreger unter Kontrolle zu halten.



· Unter den vielen Arten von Antikörpern können auch solche dabei sein, die auf körpereigene Proteine reagieren und sich gegen diese richten. Ist dies der Fall, so spricht man von Autoimmunität.



Generell werden Erkrankungen des Immunsystems in primäre und sekundäre Erkrankungen unterteilt. Erstere sind solche, die angeborene, oder im Lauf des Lebens erworbene Krankheiten sind. Dies geschieht ausschließlich körperintern ohne das Zutun von äußeren Einflüssen, wie es bei sekundären Fehlfunktionen der Fall ist. Menschen, die an SCID (severe combined immunodeficiency) leiden, werden ohne ein funktionierendes Immunsystem geboren. Der Organismus ist dabei unfähig sich gegen schädliche Antigene zur Wehr zu setzen.

Sekundäre Fehlfunktionen werden durch einen Krankheitserreger hervorgerufen. Als Beispielt dafür gilt Aids. (siehe Kapitel 7.3)



n 7.1 Autoimmunität



Der Begriff Autoimmunität beschreibt ein Phänomen in der Immunologie, welches aus einem überaktiven, nicht genügend ausgebildeten, oder fehlerhaft funktionierenden Immunsystem resultiert. Dabei greifen autoreaktive T-Zellen, Autoantikörper und diverse Phagozyten körpereigenes Gewebe an und bekämpfen dieses manchmal mit all ihrer Schlagkraft. Körpereigene Substanzen fungieren dabei als Antigene. Forscher bezeichnen diese als Selbst-Antigene oder Auto-Antigene. Eine solche Reaktion kann gegen spezielle Zellarten des Körpers gerichtet sein, wie es z.B. beim juvenilen Diabetes (Zuckerkrankheit im Jugendalter) der Fall ist. Bei dieser Krankheit zerstört das Immunsystem Zellen der Bauchspeicheldrüse. Diese wird dabei so geschädigt sodass die Produktion des lebenswichtigen Enzyms Insulin eingeschränkt oder gänzlich eingestellt wird.

Autoimmunität kann jedoch auch den ganzen Organismus betreffen, wie beim systemische Lupus erythematodes. Sogenannte Antinukleare Antikörper (ANA) richten sich gegen das Erbgut (DNS) der Zelle. Besonders betroffen bei dieser Krankheit sind meist Nerven- und Muskelzellen.

Es gibt noch eine Vielzahl von weiteren Krankheiten, deren Ursache auf die autoimmune Entartung des Immunsystems zurückzuführen ist.

Die folgende Tabelle gibt eine grobe Übersicht über die bekanntesten Erkrankungen dieser Art.



Krankheit

Betroffene Zellarten /Zellteile/ Organe

Auswirkungen

Rheumatoide Arthritis

Gelenke

Entzündung der Gelenke, Gelenksschmerzen bis hin zu deren Zerstörung und Funktionslosigkeit

Diabetes mellitus

Bauchspeicheldrüse

Zellen der insulinproduzierenden Drüse werden geschädigt und vernichtet, was zu einer Unterfunktion und in weiterer Folge zu einem Ausfall führt.

Lupus erythematodes

DNS, welche aus dem Kern abgestorbener Körperzellen nach Außen tritt

Chronische Entzündungen und dadurch bedingte Schmerzen, vorwiegend in Gelenken, im Bindgewebe, in Muskeln und Schleimhäuten

Multiple Sklerose

Zentralnervensystem, Nervenzellen im Gehirn, Rückenmark, Sehnerv etc.

Myelinschicht der Nervenstränge wird abgetragen, Sprachstörungen, verminderte Wahrnehmungskraft, Gefühllosigkeit, Lähmungen

Crohn'sche Krankheit

Dünn- und Dickdarm

Durchfälle, krampfartige Schmerzen im Darmbereich, Darmblutungen, Darmkrebs




Über die Ursachen eines solchen Vorganges im menschlichen Körper ist sich die Wissenschaft bis heute nicht ganz im Klaren. Es existieren jedoch auf Grund von durchgeführten Experimenten diverse plausible Erklärungen für die Entstehung einer autoimmunen Reaktion.

Es wird angenommen, dass die folgenden Faktoren zusammenwirken können, dass aber auch schon ein einziger Faktor genügen kann, um eine Autoaktivität der Immunzellen auszulösen.

· Die Wahrscheinlichkeit, an einer Autoimmunität zu erkranken, könnte allen Erkenntnissen zufolge genetisch bedingt und geschlechtsabhängig sein.



· T- Lymphozyten werden im Zuge ihrer Ausbildung im Thymus im optimalen Fall mit allen körpereigenen Substanzen in Kontakt gebracht. Solche Zellen, welche auf körpereigene Proteine mit einer Immunantwort reagieren, werden sofort zerstört. Von Zeit zu Zeit gelangen jedoch bei jedem Menschen T-Zellen in die Blutbahn, die zwischen "Selbst" und "Fremd" teilweise, oder überhaupt nicht unterscheiden können. Man spricht von autoreaktiven T-Zellen. Dies kann geschehen, wenn der Aufenthalt im Thymus von zu kurzer Dauer war, sodass die Reaktion des T-Lymphozyten nicht gegenüber allen Proteinen geprüft werden konnte. Obwohl in jedem Organismus permanent Autoimmunzellen zirkulieren, bricht nur bei knapp 5% der Bevölkerung eine Autoimmunerkrankung aus. Weshalb dies so ist haben Wissenschaftler bis heute noch nicht erforschen können. Theorien zufolge soll der Körper "durch eine Art (bislang unbekannter) Suppressorzellen die autoreaktiven Zellen in Schach halten". (Hafler / Werner 1998)




·



Normalerweise können Antigene nur von einem ganz bestimmten Rezeptor auf der Oberfläche von T-Zellen oder einem speziellen Antikörper erkannt werden. Superantigene jedoch haben eine Oberflächenstruktur, die von über einem Fünftel der Immunzellen erkannt und gebunden werden kann. Somit ist die Immunreaktion weit größer, als es bei einem normalen Antigen der Fall ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine autoreaktive Immunzelle dadurch aktiviert und zur Teilung angeregt wird, ist hier um ein Vielfaches größer.



· Molekulare Mimikry (Verwechslung) kann ebenso eine Ursache von Autoimmunität sein. Hier geht eine Immunreaktion gegen ein Antigen, welches in den Körper eingedungen ist, der Autoimmunreaktion voraus. Zellen des Immunsystems erkennen die Oberflächenstruktur dieses Antigens und starten eine Immunantwort. Während diese abläuft, werden eine Vielzahl von neuen Immunzellen und Antikörpern produziert, welche sich an die Oberflächenstruktur dieses Antigens binden können. Es kann jedoch vorkommen, dass diese Struktur jener eines körpereigenen Stoffes so ähnlich ist, dass Immunzellen nicht mehr in der Lage sind zwischen "Fremd" und "Selbst" zu unterscheiden. Nachdem alle "Fremd" Erreger vom Immunsystem ausgelöscht wurden, bleibt die Immunantwort gegen Selbst-Antigene weiterhin aufrecht. Der Organismus will sich weiterhin gegen die schon besiegten Krankheitserreger zur Wehr setzen, schädigt dabei jedoch eigenes Zellmaterial. In dieser Verwechslung liegt wahrscheinlich die Ursache von Multipler Sklerose und rheumatischem Fieber. Die Tatsache, dass eine große Anzahl von Selbst-Antigenen in ihrer Oberfläche einem Bakterium oder Virus ähnlich ist, stützt diese Theorie.



· Eine Überproduktion von Immunzellen-stimulierenden Botenstoffen, wie im Fall der rheumatoiden Arthritis kann dieselben Folgen haben wie die Aktivierung einer Immunantwort durch ein Superantigen.




n 7.2 Allergien



Im Fall einer Allergie ist das menschliche Immunsystem geneigt, selbst harmlose Substanzen als gefährlich einzustufen und diese mit Hilfe seiner Waffen unschädlich zu machen. Dabei handelt es sich zumeist um eine unerwünschte Reaktion gegen alle möglichen Umweltstoffe. Identifiziert das Immunsystem eine Substanz als "Fremd" und gleichzeitig körperschädigend, obwohl diese eigentlich völlig ungefährliche ist, spricht man von einem Allergen. Zu den am weitesten verbreiteten Allergenen gehören der Kot der Hausstaubmilbe (Hausstaubmilbenallergie), diverse Blütenpollen von Gräsern und Bäumen (Pollenallergie, Heuschnupfen) sowie Tierschuppen und Tierhaare (Katzen-, Hunde- etc. Allergie). Jedoch kann das Immunsystem oftmals sogar auf Nahrungsstoffe (oder vereinzelte Bestandteile der Nahrung), Medikamente (in vielen dieser Fälle Antibiotika z.B. Penizillin), Pflanzen, und Metalle überreagieren - selbst das Gift eines Insektenstichs kann als Allergen wirken.

Allergien können in ihrem Ausmaß und Auswirkungen stark differenzieren. In besonders schweren Fällen können allergische Reaktionen sogar zum Tod der betroffenen Person führen. Am häufigsten damit in Zusammenhang gebracht wird das eingangs erwähnte Bienengift. Im Gegensatz zu anderen Allergenen, die über die Atemwege oder andere Körperöffnungen in kleinen Mengen in den Organismus gelangen, wird im Fall einer Bienengiftallergie das Allergen konzentriert dem Körper zugeführt. Dies ist auch bei einer Nahrungsmittelallergie mit Einschränkungen der Fall, jedoch sind hier die Auswirkungen in der Regel weniger dramatisch.

Andere Arten von Allergien führen zu Zerstörungen von körpereigenem Gewebe durch das Immunsystem und können sich in weiterer Folge sogar zu chronischen Autoimmunkrankheiten entwickeln. In diesem Fall heftet sich das Allergen an Zellen, wobei das Immunsystem gegen diese Zell-Allergen-Komlexe vorgeht und diese zerstört.



Äußerliche Anzeichen einer Allergie sind meist geprägt von Hautrötungen, Atemproblemen, Schwellungen und geröteten, juckenden Augen. In schlimmeren Fällen kann es sogar zu einer Nesselsucht oder zu allergisch bedingtem Asthma kommen.



Eine allergische Reaktion im Körper wird vorwiegend hervorgerufen, wenn ein in den Körper eingedrungenes Allergen von Fresszellen des Immunsystems phagozytiert wird, und anschließend die zur Zelloberfläche beförderten Peptide des Allergens T-Lymphozyten zu einer Abwehrreaktion veranlassen. Das Allergen wird in weiterer Folge von der erlernten Immunität bekämpft wie jedes andere Antigen. Während der Phase der Bekämpfung schütten B-Lymphozyten Antikörper vom Typ IgE aus, die sich an Mastzellen heften und dort an deren Oberfläche bis zu einem erneuten Kontakt mit dem Allergen verharren.

| Abbildung 10: Durch die Anlagerung eines Allergens (gelb) an zwei Antikörper (grün) einer Mastzelle, entsteht ein chemischer Kreislauf und die Zelle "zerplatzt". Dabei wird Histamin (orange Kreuze) in großen Mengen frei.



Wie schon in einem vorangehenden Kaptitel erwähnt, besitzen Mastzellen die Fähigkeit das Hormon Histamin, welches zur Gefäßerweiterung, folglich zur besseren Durchblutung und dadurch wiederum zur besseren Versorgung von Immunzellen führt, auszuschütten. Normalerweise senden bei einer Immunantwort des Körpers diese besagten Zellen nur soviel Histamin aus, wie für eine ausreichend starke Immunantwort notwendig ist. Bei einer Allergie hingegen zerplatzen diese durch Antikörper sensibilisierten Mastzellen bei Kontakt mit einem Allergen. Somit wird vermehrt Histamin frei, was zu den typischen Symptomen einer allergischen Reaktion führt (Rötungen, Schwellungen).

In Einzelfällen fällt der Blutdruck durch die durch Histamin stark erweiterten Gefäße so stark, dass es zu einer Sauerstoffunterversorgung von Herz und Gehirn kommen kann. Nicht selten führt dies dabei zum Tode.



n 7.3 Immunschwäche, Immundefekt durch HIV



Haben sich die vorhergehenden Textabschnitte jeweils mit einer Überaktivität verbunden mit einem Fehlverhalten des Immunsystems beschäftigt, so muss andererseits erwähnt werden, dass der menschliche Organismus auch an einer Immunschwäche leiden kann.

Diese kann entweder angeboren oder erworben sein.

Im ersten Fall liegt die Ursache zumeist in der Vererbung oder einer genetischen Fehlbildung. Die Immunschwäche liegt ab dem Zeitpunkt der Geburt vor.

Eine erworbene Immunschwäche kann durch eine Beschädigung eines an der Bildung des Immunsystems beteiligten Organs liegen (Thymus, Milz, aber vor allem das rote Knochenmark) Somit kann es vorkommen, dass Immunzellen nicht in ausreichender Zahl und Ausprägung im Körper gebildet werden und das Immunsystem somit geschwächt ist.

Auch Medikamente können das Immunsystem beeinflussen. Immunsuppressiva, welche die Funktion und Aktivität des Immunsystems hemmen, werden z.B. im Falle von Organtransplantationen gegen Abstoßung angewandt.





Neben den vorhin erwähnten Gründen kann eine Immunschwäche auch auf einen viralen Infekt des HI- (Human Immunodeficiency) Virus zurückgeführt werden, welcher in die Krankheit AIDS (Acquired Immune Deficiency Syndrome) in ihrer vollen Ausprägung übergehen kann. Diese Immunschwächekrankheit verläuft in drei Phasen, wobei in der ersten, der Akutphase, die äußeren Symptome, wie Fieber, starke Kopfschmerzen, Schüttelfrost, geschwollene Lymphknoten, Hautausschläge etc. mit denen einer Grippeerkrankung fast identisch sind. Ab dem Zeitpunkt der Ansteckung, welche über den Austausch von Körperflüssigkeiten geschieht, führt das menschliche Immunsystem einen jahrelangen Kampf gegen dieses Virus, den es am Ende so gut wie immer verliert.

Die Frage, weshalb das menschliche Immunsystem nicht imstande ist den HI-Virus vollkommen zu besiegen, ist bis heute noch nicht geklärt. Fest steht, dass das Virus (genau wie andere Viren) Körperzellen nutzt, um seine Population zu vermehren. Infizierte Körperzellen werden so als Fabriken zur Herstellung von Krankheitserregern verwendet. Virenbefallene Zellen werden im Körper durch das Immunsystem angegriffen und zerstört; beim HI-Virus sind es aber die Zellen des Immunsystems (T-Helferzellen) selbst, die dem eingedrungenen Virus zum Opfer gefallen sind. Scharen von HI-Viren gehen aus der befallenen Immunzelle hervor, bevor diese von gesunden Zellen (T-Killerzellen) attackiert und abgetötet wird. Doch die neu entstandenen HIV-Tocherzellen sind bereits auf dem Weg um erneut T-Helferzellen einzunehmen und in ihren Zweck zu entfremden. Fast hat es den Anschein, als würde sich das Immunsystem selbst dezimieren. Damit beginnt ein tödlicher Kreislauf. T-Killerzellen zerstören T-Helferzellen, ohne die sie jedoch nicht richtig funktionieren können.

Über den gesamten Verlauf der Krankheit reduziert sich somit die Anzahl der T-Helferzellen im Körper kontinuierlich. Der Körper vermag über viele Jahre durch die vermehrte Produktion von T-Killerzellen und B-Lymphozyten eine starke Abwehr gegen den HI-Virus aufzubauen,

schließlich misslingt der Wettlauf des Immunsystems gegen die Krankheitserreger. Die Zahl der Immunzellen im Blut sinkt dramatisch ab und bewegt sich schlussendlich gegen Null. (siehe Diagramm) Unterdessen vermehren sich HI-Viren, begünstigt durch die nachlassende, in weiterer Folge nicht mehr existente Schlagkraft des Immunsystems explosionsartig. Ab diesem Zeitpunkt spricht man von AIDS.




Das menschliche Immunsystem schafft es bei dieser tödlichen Infektion zwar das Virus über Jahre in seiner Ausbreitung zu behindern, doch es kann diesen nicht besiegen. Über die Gründe dafür bestehen nur Hypothesen. Die "Fähigkeit des Virus sich im Körper des Patienten zu verändern" könnte eine Ursache hierfür sein (Nowak / McMichael 2001). Folglich schafft es das Virus seine Oberflächenstruktur permanent zu verändern, sodass es dem Immunsystem immer einen Schritt voraus ist. Sobald dieses die Oberflächenstruktur des Virus als "Fremd" erkannt hat und Plasmazellen die passenden Antikörper produzieren, mutiert das HI-Virus und verändert seine Oberflächenstruktur. Das Immunsystem muss sich so immer wieder auf eine neue Oberflächenstruktur spezialisieren, während ältere Strukturen des Virus nicht vollkommen ausgerottet wurden und sich weiter vermehren.

Nach Jahren befindet sich eine derart große Anzahl von Variationen von verschiedenen Oberflächenstrukturen des Virus im Körper, sodass das Immunsystem nicht mehr in der Lage ist genügend Antikörper für diese vielen Mutanten zu produzieren.



Während eine Immunschwäche ein Leben lang bestehen kann führt ein kompletter Ausfall des Immunsystems durch AIDS letztlich zum Tod. Bei einer Immunschwäche ist die Schlagkraft der Abwehrreaktionen gegen Antigene geschwächt. Der Organismus wird somit anfällig für Infektionskrankheiten, manchmal auch für solche, die für ein gut funktionierendes Immunsystem kein Problem darstellen. Solcherart betroffene Menschen leiden immer wieder, je nach Ausprägung der Immunschwäche an Krankheiten und sind lebenslang in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt.

 
 

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