Die Maschine
Zumindest bis auf Descartes und LaMettrie, zwei französische Philosophen des 17. und 18. Jahrhunderts, geht die Vorstellung zurück, dass lebende Organismen so etwas wie Maschinen seien und auf dieselbe Weise verstanden werden könnten wie Maschinen.
Man nehme z.B. die Uhr. Ein naiver Beobachter könnte zu dem Schluss kommen, dass die beiden Zeiger der Uhr ein verschiedenes Maß an Motivation besitzen: der kleine Zeiger bewegt sich nur äußerst zögernd, während der größere viel mehr Geschäftigkeit und Ehrgeiz verrät. Die Energiequelle, die die beiden Zeiger motiviert (bewegt), ist menschlicher Natur: der Mensch, der die Uhr aufzieht, motiviert sie. Der Mensch zieht immer wieder die Uhr auf, weil er sich weitgehend wie eine Uhr verhält.
Im 20. Jahrhundert haben z.B. Albert Einstein und Sigmund Freud übereingestimmt, dass die gesamte Natur wie ein Uhrwerk laufe. Auf die Natur im allgemeinen ausgedehnt, wird diese philosophische Annahme als Determinismus bezeichnet.
Determinismus
= die Annahme, dass prinzipiell alles vorhersagbar ist. (determiniert = bestimmt).
Freud als psychologischer Determinist glaubte, dass nicht einmal menschliche Irrtümer Produkte des Zufalls seien: "Es muss immer einen Grund geben." Ein Versprecher oder ein absurder Traum müsse das Resultat von determinierenden Kräften und von in unserem Unbewussten schlummernden Motiven sein. Jede Entscheidung, jeder Wunsch, jede Begierde und jede Furcht hätten ihren Platz in der langen Kette natürlicher Ursachen.
Freier Wille
Obwohl sie einräumten, dass wir die Freiheit besitzen, zu tun was wir tun wollen, haben manche Wissenschaftsphilosophen und Psychologen argumentiert, dass unsere Motive (und damit unsere Entscheidungen) determiniert und vorhersagbar seien wie die Zeiger einer Uhr. Für Skinner besteht das Problem der Motivation einfach darin, aufzudecken, von welchen Manipulationen der Umwelt zu erwarten ist, dass sie das Verhalten eines Individuums in spezieller Weise prägen. Für Skinner sind die moralistischen Appelle an die individuelle Freiheit lediglich das reaktionäre Vermeiden der Verantwortung, eine bessere Welt zu gestalten. Obwohl er daran glaubt, dass alles determiniert ist, versichert uns Skinner, dass das, was wir tun, unser eigenes künftiges Verhalten und das anderer determiniert. Worauf es ankomme, sei, dass wir uns entscheiden sollten, die Dinge zu tun, die eine bessere Welt schaffen.
Fatalismus
Älter als die mechanistische Auffassung von der Motivation ist der Glaube an das Schicksal, an übernatürliche Kräfte, an die unerklärliche Determination von Ereignissen durch Kräfte außerhalb der menschlichen Kontrolle. In der Mythologie tragen die Götter des Olymps ihre Rivalitäten und Konflikte miteinander aus und benutzen die Männer und Frauen dabei als Schachfiguren für ihre eigenen Ziele. Nach manchen Darstellungen ringen die Kräfte des Guten und des Bösen um die Seele eines Menschen; nach anderen legen undurchschaubare Mächte vorherbestimmte Bahnen für uns fest, denen wir fatalistisch folgen müssen, ohne davon abweichen zu können.
Auch in unserem Zeitalter hört man in Kriegszeiten junge Soldaten sagen, was den Tod in der Schlacht betreffe, so sei dies einfach eine Frage des Schicksals: "Entweder es gibt eine Kugel, die für mich bestimmt ist, oder nicht." Vom statistischen Standpunkt aus erscheint diese Auffassung jedoch eindeutig falsch. Soldaten, die sich in Deckung halten, werden weniger oft getroffen als solche, die das nicht tun. Obwohl die meisten Verfechter einer deterministischen (und mechanistischen) Weltanschauung nichts mit Fatalismus zu tun haben wollen, gibt es dennoch einige rätselhafte Zusammenhänge zwischen diesen unterschiedlichen Konzeptionen der menschlichen Motivation.
Das Tier
Für viele Wissenschaftler ist der biologische Ansatz eine spezielle Form des mechanistischen Ansatzes, unter Hervorhebung der evolutionären Ursprünge der menschlichen Maschine.
Eine der Auswirkungen der Evolutionstheorie von Charles Darwin war die Suche nach Gemeinsamkeiten von Mensch und Tier. Es kam zur Untersuchung von tierähnlichen Eigenschaften des Menschen wie auch menschenähnliche Eigenschaften von Tieren. Auf dieser Basis wurde die Überlegung aufgestellt, dass wir mehr darüber wissen würden, was Menschen motiviert, wenn wir herausfinden könnten, was Tiere motiviert. Jedes Tier kann alle Verhaltensweisen vorbringen, die wir mit Motivation verbinden.
Selbst die Laborratte konnte zielgerichtetes Verhalten und mütterliche Fürsorge für ihre Jungen zeigen, sie konnte frustriert und neurotisch werden und generell das ganze Spektrum von Verhaltensweisen an den Tag legen, das wir mit Motivation verbinden.
Bedürfnisse und Triebe
Aus biologischer Hinsicht sind die fundamentalsten Motive die physiologischen Triebe. Diese Triebe stehen in engem Zusammenhang mit den physiologischen Bedürfnissen: Erfordernisse an Nahrung, Sauerstoff und ähnliches. Die Erklärung motivierten Handelns wird somit weitgehend auf eine Erklärung der Triebe als Antriebsfaktoren reduziert. Beispielsweise führt der Abbau von Nahrungssubstanzen im Körper zu einem zunehmenden biologischen Bedürfnis, dessen unmittelbare psychologische Folge der Trieb ist, den wir "Hunger" nennen. Man beachte, dass dieser Trieb durch Nahrungsmangel ausgelöst wird, aber mit diesem nicht identisch ist. Dieses abgeleitete Konzept eines Triebes wie Hunger dient zu Erklärung des motivationellen Charakters von Verhalten.
Anreize
Die hungrige Ratte lernt, den Weg durch das Labyrinth zu finden, der zum Futter führt. Futter in hinreichender Quantität und Qualität, muss vorhanden sein, um als Anreiz zu dienen, den Weg zur Futterbox einzuschlagen. Anreize sind die (an)ziehende Kraft, während Triebe die schiebende (drängende, treibende) Kraft sind. Bei Motivationsversuchen ist das Verhalten des Versuchstieres merklich beeinflusst durch die Zahl der Stunden, die seit seiner letzten Fütterung vergangen sind (wovon man annimmt, dass es die Triebstärke bedingt), und durch die Menge der Qualität des Futters (von der man annimmt, dass sie seinen Anreizwert ausmacht).
Instinkte
= angeborene Verhaltensmuster die von Reizen ausgelöst werden.
Handlungen beruhen auf angeborenen Strukturen des Nervensystems. Durch entsprechende Stimulierung ausgelöst, läuft eine komplexe Verhaltenskette ab - unter der Kontrolle der Umwelt, in der sie auftritt, bzw. an diese angepasst. z.B. Nestbau. Es ist somit möglich, die Determinanten eines Instinkts experimentell in physiologische und Umweltfaktoren aufzugliedern.
Aus biologischer Sicht dient alles Verhalten entweder mittelbar oder unmittelbar der Befriedigung physiologischer Grundbedürfnisse. Da das meiste Verhalten nicht aus direkten Reaktionen auf einen biologischen Trieb (Primärtriebe) besteht, sind die Vertreter der biologischen Sichtweise genötigt gewesen, alle anderen Triebe als erworbene oder abgeleitete Triebe (Sekundärtriebe) zu behandeln. Diese biologische Sichtweise setzt die zahllosen menschlichen Motive in Bezug zu einer sehr kleinen Zahl physiologischer Grundbedürfnisse.
Rationalistisches Konzept
Etwas abweichend vom biologischen Ansatz ist die früher gehegte Auffassung vom Menschen als Herr seines Schicksals. Aus dieser Perspektive betrachtet sind unsere Motive das Resultat rationaler Berechnungen hinsichtlich der Wünschbarkeit verschiedener Verhaltensweisen. Die Zentrale, die die Motivationen steuert ist jetzt in der Großhirnrinde und die Gesetze der Motivation sind Gesetzmäßigkeiten rationaler Prozesse; wir entscheiden bewußt, was wir tun wollen, und wir tun, wozu wir uns entschieden haben. Motive scheinen daher vernünftig zu sein, und die vernunftmäßige Begründung einer Handlung ist identisch mit deren Motiv.
Das rationalistische Konzept ist mit dem freien Willen zu vergleichen.
Hedonismus
Ein wichtiger Bestandteil des rationalen Ansatzes ist die Hervorhebung von Lustgewinn als Ziel allen Handelns gewesen. Die verbreitete Auffassung des psychologischen Hedonismus geht davon aus, dass wir von Natur aus dazu neigen, uns in einer Weise zu verhalten, von der wir annehmen, dass sie zu Lustgewinn führt und Schmerzen vermeiden hilft.
Der psychologische Hedonismus ist vom ethischen Hedonismus zu unterscheiden, der Doktrin, dass wir uns vom Streben nach Lustgewinn leiten lassen sollten. Nach dem Philosophen Bentham besteht das moralische Ziel des Lebens darin, auf "das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl" von Menschen hinzuarbeiten. Benthams System ist der Utilitarismus.
Ein psychologischer Hedonismus der Vergangenheit lag den frühen Formulierungen des Effekt-Gesetzes von Thorndike zugrunde. Nach Throndikes Auffassung neigen wir zur Wiederholung von Verhaltensweisen, die in der Vergangenheit (in derselben Reizsituation) von Lustgewinn gefolgt waren. Im Gegensatz dazu ist Freuds Lustprinzip ein Hedonismus der Zukunft. Wenn wir uns im Einklang mit Freuds Lustprinzip verhalten, suchen wir sofortige Befriedigung - die einen Lustgewinn bedeutet. Die Erfahrung lehrt uns jedoch, bestimmte Befriedigungen hinauszuschieben und ein bestimmtes Maß an Schmerz im Interesse eines auf lange Sicht gesehenen Lustgewinns zu akzeptieren. Sofern wir uns von solchen rationalen Erwägungen leiten lassen, handeln wir im Einklang mit Freuds Realitätsprinzip.
Nutzen
Das Modell der subjektiven Nutzenerwartung ist eine verfeinerte Version des hedonistischen Ansatzes. Die Rationalität in der Entscheidungsfindung besteht darin, jene Handlungsweise zu wählen, die den subjektiven Wert (Nutzen) für das Individuum maximiert. Aber Menschen sind nicht immer rational in diesem Sinne von Rationalität; das heißt, das Modell der subjektiven Nutzenerwartung wird nicht immer befolgt. Statt dessen bedienen wir uns der Heuristik (einfacher Abkürzungsstrategien) im Umgang mit der überwältigenden Menge an Informationen, die uns oft zur Verfügung stehen, wenn wir schwierige Entscheidungen treffen müssen. Wenn wir rational verfahren, versuchen wir durch vergleichende Bewertung der Konsequenzen aller verschiedener Differenzen zu einer Lösung zu gelangen.
Unbewußte Motivation
Freud zufolge sind sich Menschen oft über den wahren Grund, das heißt die unbewusste Motivation für manche ihrer motiviertesten Verhaltensweisen nicht im klaren. Wir sind uns solch einer Motivation nicht bewusst, weil sie tief in unserem Unterbewusstsein verborgen liegt; und sie bleibt verborgen, weil es zu beunruhigend und erschreckend für unser Selbstbild als rationale Geschöpfe wäre, sie an den Tag zu bringen.
Das Produkt der Gesellschaft
Der Betrachtungsweise des Menschen als Produkt seiner Gesellschaft liegt im Kern die Auffassung zugrunde, dass das menschliche Verhalten völlig verstanden werden kann, wenn wir uns klarmachen, dass wir das, was wir tun, als Reaktion auf die Wertvorstellungen, Ideale und Sanktionen unserer Gesellschaft tun. Dabei wird angenommen, dass die gesellschaftlichen Richtlinien den Anpassungsforderungen der Umwelt dienen, in der die jeweilige Kultur existiert. Da sich diese Anforderungen der Umwelt verändern können, können sich auch die Wertbegriffe einer Gesellschaft verändern.
Die Auffassung von der Menschheit als Produkt der Gesellschaft wird oft mit der Lehre des Sozialdeterminismus verknüpft. Diese Lehre geht davon aus, dass es Gesetzmäßigkeiten der sozialen Organisation und der historischen Tendenzen gibt, die die menschliche Natur des Individuums transzendieren.
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