Geschichte:
Die Cholera ist seit dem sechsten Jahrhundert v. Chr. in Indien bekannt; dort ist ihr Hauptverbreitungsgebiet das Gangestal.
Seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts hat sich die Krankheit von dort aus über Europa ausgebreitet. Seuchenhistorisch gesehen lassen sich sieben Pandemien
(sich weit verbreitende, ganze Länder oder Landstriche erfassende Seuche; Epidemie großen Ausmaßes) unterscheiden.
Die erste begann 1817 und gelangte bis nach Osteuropa. Durch die Dampfschifffahrt begünstigt verbreitete sich die Cholera seit 1826 weltweit . Im Verlauf der Epidemie verstarb z. B. Hegel in Berlin.
Seit 1960 läuft die siebte Pandemie ab. Diese ist durch die Untereinheit (den Biotyp) El Tor verursacht. In ihrem Verlauf kam es, von Celebes ausgehend, in den siebziger Jahren in Südeuropa, und in den achtziger Jahren in Afrika zu kleineren Ausbrüchen.
Seit 1991 breitet sich die Cholera von Peru ausgehend im gesamten Südamerika aus. Ende 1992 wurde erstmalig das epidemische Auftreten von Cholera-Erkrankungen durch einen neuartigen Typus in Bangladesch und Indien beschrieben.
Pacini beschreibt 1854 als erster die gekrümmten, kommaförmigen und hochbeweglichen Bakterien bei Cholera.
1883 gelang es Robert Koch zusammen mit seinem Assistenten Fischer und Gaffky in Ägypten, den Erreger aus dem Darm von an Cholera verstorbenen Patienten in Reinkultur anzuzüchten.
Der deutsche Bakteriologe Gotschlich isolierte 1905 eine Variante von Vibrio Cholera in El Tor, einer Quarantäne-Station am Golf von Suez.
Erreger:
Die Cholera wird durch Vibrio cholerae und heutzutage vor allem durch Vibrio el Tor ausgelöst. Dabei handelt es sich um gramnegative, bewegliche, kommaförmige Stäbchenbakterien aus der Familie der Vibrionaceae, die das sog. Choleratoxin (Choleragift) bilden. Der Biotyp El Tor ist der Erreger, der heute am häufigsten Cholera verursacht.
Auftreten
1992 wurden in 68 Ländern der Welt 461 783 Cholera-Erkrankungen mit über 8000 Todesfällen gemeldet, die meisten Erkrankungen (nämlich genau 354 089) traten in Südamerika auf.
In Europa gab es 1992 rund zwanzig überwiegend importierte Cholera-Fälle.
Übertragung:
Cholerabakterien gelangen mit stuhlverunreinigtem Wasser, selten mit verunreinigter Nahrung in den Gastrointestinaltrakt des Menschen.
Symptome :
Die Salzsäure des Magens stellt eine wirksame Abwehrschranke dar, ein Großteil der säureempfindlichen Cholerabakterien wird durch sie abgetötet. Die aufgenommene Erregermenge muss relativ hoch sein, wenn es überhaupt zu einer Infektion kommen soll. Bei einem geringem Säuregrad des Magens dürfte die minimale Erregermenge etwas niedriger liegen. Diejenigen Erreger, welche die Säurebarriere des Magens überwinden und den Dünndarm erreichen, finden wegen des dort herrschenden alkalischen Milieus (hoher pH-Wert) gute Wachstumsbedingungen vor.
Die in den Dickdarm gelangenden Erreger sterben wegen des dort herrschenden sauren Milieus rasch ab. Im Dünndarm durchdringen die Cholerabakterien die Schleimschicht durch die Darmepithelzellen. Hierbei werden sie durch ihre Beweglichkeit und eine von ihnen produzierte Muzinase, ein Enzym, welches die Schleimschicht auflöst, unterstützt. Sie heften sich mittels ihrer Zellausläufer (Fimbrien) an die Rezeptoren der Epithelzellen und produzieren hier das Choleragift. Dieses bindet sich mit seiner Untereinheit B an spezielle Rezeptoren (GMI) auf der Epithelzelle. Die von Vibrio Cholera und Vibrio El Tor produzierten Enzyme steigern deren krankheitsauslösende Potenz (Virulenz). Es kommt zu einer vermehrten Freisetzung von neuen Rezeptoren und zu einer gesteigerten Toxinfreisetzung. Es werden bestimmte Elektrolytpumpen gehemmt, so dass es zu einem Verlust von Natrium, Kalium und Chlorid im Darm kommt. Nachfolgend wird Wasser in den Darm abgegeben. Hierdurch entstehen die bei der Cholera so gefürchteten Durchfälle mit einem Austrocknen des Körpers (Exsikkose). Dies führt zum Volumenmangelschock und schließlich zum Tode.
Verlauf:
Nach einer Inkubationszeit von zwei bis fünf Tagen beginnt die Erkrankung mit Übelkeit, Erbrechen und sogenannten \"reiswasserartigen\" Durchfällen. Die ausgeschiedenen Flüssigkeitsmengen können 25 Liter pro Tag erreichen. Es entwickelt sich eine Flüssigkeitsunterversorgung des Körpers, auch Exsikkose genannt.
Erstes Symptom der Austrocknung ist vielfach Heiserkeit. Es kann dann zu
- Muskelkrämpfen in den Waden
- Nierenversagen
- Oligurie ( mengenmäßig stark verminderte Harnausscheidung ),oder
- Anurie (Versagen der Harnausscheidung )
- und dann zum Kollaps kommen.
Das Blut kann durch den Flüssigkeitsverlust so eingedickt sein, dass es zu Gefäßverschlüssen kommt.
In den schwersten Fällen kann der Patient schon innerhalb einer Stunde nach Einsetzen der Symptome einen sehr niedrigen Blutdruck entwickeln und dann innerhalb von zwei bis drei Stunden versterben (Cholera siderans).
Manchmal sterben die Patienten, bevor die Durchfälle angefangen haben (Cholera sicca).
Die Sterblichkeit liegt bei unbehandelten Fällen um die 60%,
bei der durch Vibrio El Tor verursachten Form bei 15-30%.
Bei ausreichender Behandlung liegt sie unter einem Prozent.
Bei Infektionen durch Vibrio El Tor verläuft die Cholera milder als bei der klassischen Cholera. Der Krankheitsmechanismus der durch El Tor erzeugten Cholera ist identisch mit demjenigen der klassischen Cholera.
Nachweis:
Die Diagnose Cholera kann durch Nachweis des Erregers in Stuhl und Erbrochenem gestellt werden. Die Choleraerreger reagieren sehr empfindlich auf Trockenheit, darum muss der Transport ins Labor in einem feuchten Medium stattfinden. Die Stuhlproben werden verdünnt und dann unter dem Mikroskop betrachtet. Dort finden sich massenhaft kommaförmige, sehr bewegliche Stäbchen.
Behandlung:
An erster Stelle in der Therapie der Cholera steht der rasche Ersatz von verlorener Flüssigkeit, Elektrolyten und Zucker (Glucose). Für die Therapie in Epidemiegebieten, in denen ausreichende Mengen intravenöser Infusionsflüssigkeit nicht zur Verfügung stehen, hat die WHO ( World Health Organisation) eine oral zu verabreichende Salz- und Glukoselösung in Wasser entwickelt. Diese besteht aus folgenden Komponenten:
. Glukose 20 g/l
. Natriumbikarbonat 2,5 g/l
. Natriumchlorid 3,5 g/l
. Kaliumchlorid 1,5 g/l
Hierbei ermöglicht Glukose durch spezielle Pumpen in der Zellmembran die Aufnahme von Natriumionen in die Dünndarmzellen. Den aufgenommenen Natriumionen und der Glucose folgt Wasser in die Zellen. Mit dieser Lösung ist es möglich, Flüssigkeitsverluste durch den Dünndarm auszugleichen. Bei schweren Fällen mit Verlusten über sieben Liter pro Tag muss ein intravenöser Flüssigkeitsersatz erfolgen. Zusätzlich erfolgt eine Antibiotikatherapie. Sie tötet die Bakterien im Darm ab, kann den Flüssigkeitsersatz jedoch nicht ersetzen.
Schutz:
Vorbeugende Maßnahmen gegen eine Infektion sind: Feststellung und Isolierung der Infektionsquelle und damit Beseitigung des Infektionsherdes. Die Cholera gehört zu den drei Quarantänekrankheiten (Cholera, Pest, Gelbfieber). Die Quarantänisierung ist bei Verdacht auf Cholera auf fünf Tage festgesetzt.
Impfungen:
1. Die Stichimpfung, eine Schutzimpfung mit abgetöteten Cholerabakterien, also eine aktive Impfung, verleiht einen drei bis sechs Monate bestehenden Schutz, wobei die Schutzrate nur bei 50-60% liegt.
2. Die Schluckimpfung. Die Einnahme erfolgt auf nüchternen Magen, eine Stunde danach darf ebenfalls keine Nahrungsaufnahme erfolgen. Der Schutz beginnt rund eine Woche nach Einnahme der Impfung und hält für zwei Jahre. Die Schutzrate liegt bei 90%
In Deutschland muss dem Bundesgesundheitsamt der Verdacht auf eine Erkrankung, die Erkrankung selbst, der Tod daran und das Ausscheidertum, also der Patient, der im Stuhl Cholerabakterien ausscheidet, gemeldet werden.
Zusammenfassung
Die Cholera ist eine durch Bakterien (nämlich durch Vibrio cholerae bzw. heutzutage vor allem durch Vibrio el Tor) ausgelöste Durchfallerkrankung, die unbehandelt in bis zu 60% der Fälle tödlich endet.
Die Übertragung der Bakterien erfolgt in erster Linie durch mit Fäkalien kontaminiertes Trinkwasser. Die Vibrionen bilden ein Gift, das zu massiven Flüssigkeitsverlusten von bis zu 25 Liter pro Tag in Form von \"reiswasserartigen\" Durchfällen führt.
Die Symptome:
- Übelkeit
- Erbrechen
- Heiserkeit
- und Muskelkrämpfen
- bis hin zum Nierenversagen..
Die Diagnose wird durch Nachweis der Erreger im Stuhl gestellt.
Behandlung und Vorsorge:
Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist der Flüssigkeitsersatz durch bestimmte Trinklösungen oder Infusionen. Zusätzlich werden Antibiotika verabreicht. Bei ausreichender Behandlung liegt die Sterblichkeit unter einem Prozent.
Vorbeugend besteht die Möglichkeit einer Impfung bei Reisen in Risikoländer. Daneben sollten allgemeine hygienische Maßnahmen wie z.B. das Meiden von Leitungswasser eingehalten werden.
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